27.01.2022

Friedrich Enzler III. wird neunzig

An der Feldwiesenstrasse in Lüchingen erinnert ein altes Gestell mit Töpfen an die einstige Töpferei Enzler.

Von Gino-Enrico Kaufmann
aktualisiert am 02.11.2022
Friedrich Enzler I., geboren 1879, arbeitete wie sein Vater als Töpfer und Ofenbauer. In jungen Jahren lernte er das Handwerk in einigen der damals landesweit vielen Betriebe kennen, bevor er ins Rheintal zurückkehrte und die Töpferei und Hafnerei gründete.Sein Sohn, Friedrich Enzler II., geboren 1908, übernahm 1938 pflichtbewusst das Geschäft und fokussierte sich auf Gärtnersachen und Haushaltwaren. Zu den Kunden gehörten Gärtnereien und Grossisten.Als Vater früh starb, führte Enzler das Geschäft fortVor 90 Jahren, am 28. Januar 1932, kam Friedrich Enzler III., zur Welt. Er half bereits in jungen Jahren im elterlichen Betrieb mit. Kurz nach der Lehre musste er wegen Vaters frühem Tod das Geschäft führen, wobei ihm der Grossvater half. Seine Leidenschaft fürs Töpfern und die Kunst liessen ihn neben Töpfen und Schalen für Gärtnereien auch Kunstkeramik herstellen. Er bemalte Porzellan und Steinware stets selbst, bei der Irdenware arbeitete er teils mit Keramikmalenden zusammen.Jeden Samstag nutzte er, um neues Wissen anzuwenden und Neues zu versuchen. So hat er in seinem Berufsleben 450 verschiedene Glasuren getestet. Die Rezepte hatte er zum Teil aus Büchern, viele stammten von ihm selbst. Seine Frau Vreni unterstützte ihn tatkräftig beim Töpfern und erledigte die Büroarbeit.Abgetragenen Ton in einem Weiher gereinigtRhein und Aach spülten während Jahrtausenden viel Sediment ins Rheintal und füllten es aus. Vor 10000 Jahren reichte das südliche Bodenseeufer bis Oberriet. Dem Rhein entlang, im Bereich der ehemaligen Auenwälder und am Talrand bilden Kies und Sand den Grund. Im dazwischenliegenden Staubereich lagern feine Sedimente des ehemaligen Sees, die Verlandung der Sumpf- und Moorflächen bildete mächtige Torflager, aus denen Rohmaterial für das Töpfern stammte.Die Rheinbegradigung und die spätere Melioration des Riets kamen dem Töpfer entgegen. Als das Riet entwässert war, wurde das Abtragen leichter und die Schaufeln konnten durch Drahtspaten ersetzt werden.Auch im Lüchinger Trattriet hatte sich viel kalkhaltiger Ton angesammelt. Für die Torfstecher war die unbrennbare Tonschicht nutzlos. Die Töpfer hingegen brauchten genau diese Schichten für ihre Arbeit.[caption_left: Für die Torfstecher war die unbrennbare Tonschicht nutzlos. Die Töpfer hingegen brauchten genau diese Schichten für ihre Arbeit.]An gewissen Stellen war der Ton sogar sieben Stich tief, so erzählte es Friedrich Enzlers Grossvater. Der abgetragene Ton in einer Menge bis zu 20 Tonnen musste in einem der drei Weiher vom Unrat gereinigt, später im Tonkeller gelagert und nach und nach auf seine Feuchtigkeit kontrolliert werden, bevor er auf der Töpferscheibe gedreht und danach gebrannt werden konnte.Viele einzigartige und farbenprächtige GlasurenDank der Experimentierfreude des Töpfers wurden Öfen nachgebaut, die statt der üblichen 980 Grad Celsius bis zu 1280 Grad erreichten. Dadurch liessen sich härtere Töpfe brennen und mehr Materialien zu Glasuren schmelzen. Die Glasurmaterialien wurden jeweils eigenhändig aus natürlichen Stoffen hergestellt, was viele einzigartige und farbenprächtige Glasuren hervorbrachte.[caption_left: Friedrich Enzler wurde von seiner Gattin Vreni tatkräftig bei der Arbeit unterstützt.]Friedrich Enzler malte auch Bilder von Landschaften und Blumen, wandte sich später symbolhaften Sujets zu. Vor zehn Jahren zeigte er eine Auswahl seiner Bilder in einer Ausstellung. Nicht nur Bilder, sondern auch viele Töpferarbeiten aus Enzlers Werkstatt dürften noch heute in vielen Schweizer Haushalten zu finden sein.Auch als Neunzigjähriger geniesst Friedrich Enzler die Zeit bei meditativem Malen und im Kreis seiner Familie.

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