Jedes Jahr erklingt sie, die Nagasaki Peace Bell auf dem Vorplatz beim Henry-Dunant- Museum. Die Friedensglocke ist eine von fünf Kopien jener Angelus-Glocke, die den Atomabwurf auf die japanische Stadt am 9. August 1945 um 11.02 Uhr unbeschadet überstanden hatte. 2010 wurde sie dem Museum überreicht.
Andreas Ennulat, Präsident des Vereins Henry-Dunant-Museum, sprach am Mittwochmorgen an der öffentlichen Gedenkfeier von einer Erinnerung an die Opfer und einem Mahnmal zugleich, das das Läuten der Glocke darstelle. Nebst der Gefahr, die von Atomwaffen ausgeht, dürfe auch das aktuelle Kriegswirren in der Ukraine nicht aus dem Fokus geraten. Allein im letzten Jahr verloren dort rund 80'000 Menschen ihr Leben.
Ein Grusswort überbrachte Othmar Kehl von der Vereinigung «Ippnw», Ärztinnen und Ärzte für soziale Verantwortung und zur Verhütung eines Atomkrieges. Dieses hielt er kurz und nutzte die Gelegenheit, um den Bundesrat aufzurufen, den vom Parlament bewilligten Atomwaffenverbotsvertrag «endlich zu unterzeichnen». Ein Verbot des Einsatzes von Atomwaffen ist eines der zentralen Anliegen der Feier.
Die Gefahr der Atomwaffen ist allgegenwärtig
Gastredner war in diesem Jahr der neu gewählte Gemeindepräsident von Heiden, Robert Diethelm. Diethelm war unter anderem für die UNO in Bosnien und als stellvertretender Direktor des Internationalen Minenzentrums in Genf tätig. Er erinnerte in seinen Ausführungen an die Anfänge der Atombomben. An die Entwicklung vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Schon damals habe man aufgrund der Auswirkungen der Atombomben Angst gehabt. «Aber wie man weiss, bringt man die Zahnpasta nun mal nicht wieder zurück in die Tube», sagt Diethelm.
Mit Verträgen zwischen den Staaten wird seitdem versucht, den Einsatz solch nuklearer Waffen einzudämmen. Diethelm sprach vom Atomwaffensperrvertrag, der nach der Kubakrise aufgesetzt wurde, und unter anderem auch vom Atomwaffenverbotsvertrag, der 2021 von 68 Staaten ratifiziert wurde. Nichtsdestotrotz sei die Gefahr allgegenwärtig. So sei China aktuell daran, nuklear aufzurüsten. Es brauche öffentlichen Druck auf die Atomkräfte, Kritik an China und Veranstaltungen wie die Gedenkfeier in Heiden, um die Auswirkungen der Atomwaffen zu diskutieren.
Viele unschuldige Opfer
Die Forderung nach atomarer Abrüstung wurde mehrfach ausgesprochen. Das deutlichste Zeichen war aber das Läuten der Glocke selbst. Die rund 120 Anwesenden der Gedenkfeier schritten nach der Feier einzeln zur Glocke, zogen am Seil und liessen so minutenlang eine Erinnerung an eine der grössten menschlichen Tragödien erklingen.
Die US-amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 sind die bislang einzigen Einsätze solcher Waffen während eines Krieges. Sie beendeten den Zweiten Weltkrieg im asiatischen Raum, kosteten aber mehreren 100 000 Zivilisten das Leben.