02.03.2021

Flexibilität gegen Organisation

An der Pandemie führt kein Weg vorbei. Seit ich auf der Welt bin, gab es noch kein Phänomen, das sie so aus den Angeln gehoben hat wie Corona. Alle sind betroffen. Das ist spürbar, sei es im Alltag oder in den Ferien. Den letzten Urlaub habe ich in Ägypten verbracht, in einem Land, das statistisch nicht Risikogebiet ist. Dennoch gilt für die touristischen Regionen dieses Landes: Nichts ist wie vorher. Schoben sich früher an Luxors opulenter Nilpromenade Menschenmassen aneinander vorbei, herrscht nun gähnende Leere. Dies hat für die Einheimischen Folgen; die auf Besucher angewiesene Wirtschaft der Stadt verlumpt, den Menschen fehlt es an Arbeit und demzufolge an Geld.Die Luxorer begegnen dem mit der Missachtung von Masken- und Abstandsregeln – und mit Flexibilität. Ein Mann quittiert meinen Blick auf den Nil mit der Frage, ob ich an einer Bootsreise interessiert wäre. Die Entgegnung, ich verlasse die Stadt gleich, führt zur Folgefrage «Mit dem Flugzeug? Ich bringe dich per Taxi an den Flughafen, nur 10 Dollar!» Geld wechseln könne ich bei ihm problemlos und er führe auch ein gutes Restaurant in der Nähe, sollte ich mich noch stärken wollen.Es war dann nicht das Ausschlagen dieser Angebote, das dem erstaunlich flexiblen Händler sauer aufstiess, sondern dass mein arrangierter Fahrer für die nächste Etappe just in dem Moment anrauschte. Er deckte ihn mit unmissverständlichen Gesten ein, denn er merkte: Gegen gute Reiseplanung kommt Flexibilität nicht an. Und ich merkte: Hier ging es nicht um etwas Wohlstand, sondern ums Überleben. Die Redewendung «Des einen Freud, des anderen Leid» im wörtlichsten Sinn.

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