Max PflügerSeit Jahren gehört der Kabarettabend in Zusammenarbeit mit dem Kinotheater Madlen zu den Glanzpunkten im Jahresprogramm der Rheintalischen Gesellschaft für Musik und Literatur. Und spätestens seit den Achtzigerjahren gilt Lorenz Keiser als einer der ganz Grossen in der Schweizer Comedyszene. Warum also blieben am Mittwochabend im Heerbrugger Theatersaal so viele Plätze leer? Eine Antwort darauf bekam man nicht, doch waren sich die Gekommenen einig: Der Besuch hat sich vorbehaltslos gelohnt. Die Abwesenden haben ein Kleinkunstfeuerwerk der Spitzenklasse verpasst.Lorenz Keiser nahm kein Blatt vor dem Mund und sprach alle aktuell wichtigen Probleme unserer Gesellschaft an: die Migration und die Integration von Fremden, den Schönheitswahn und die klingenden Kassen der Kosmetikindustrie. Die Ess-Problematik in der Zeit von Vegetariern und Veganern, Allergien, Lactoseintoleranz und Zöliakie sowie religiösen Speisevorschriften. Er sprach über die SVP, den weltweiten Waffenhandel, Burkaträgerinnen und die digitale Kommunikationswelt. Messerscharf analysierte er unsere Realitäten unter seinem persönlichen Blickwinkel und schuf dabei in rasantem Tempo sprachliche Vergleiche und herrliche Bildallegorien. Die Habsburger (ihre Stammburg steht bei Baden AG) bezeichnete er in Wien als Aargauer Immigranten, Kaiserschmarren mit Rüeblitorte. Einheimische Kräutersauce an Spaghetti etikettierte er als Unkrautpesto. In der Entsendung von Söldnerarmeen an die europäischen Königshäuser in den vergangenen Jahrhunderten erkannte er die ersten bilateralen Verträge.Viel Witz, wenig RequisitenAber immer wieder kehrte er zurück zum Ausgangspunkt der Geschichte, einer nicht ganz einfachen Einladung von drei kulturell unterschiedlichen Paaren zu einem Nachtessen und einem Birchermüesli, das ihm eine Zuschauerin in der ersten Reihe für den Sonntagmorgen in Aussicht stellte.Das schmackhafte Menü mit brillantem Wortwitz und spritzigem Humor servierte Lorenz Keiser seinem Publikum angerichtet mit perfekter Mimik und Gestik, vollkommener Theatralik im mit nur einem Hocker sparsam eingerichteten Raum, wo ihm nur wenige Requisiten zur Verfügung standen. Ein Teil des tosenden Schlussapplauses gebührte also sicher auch Massimo Rocchi, der Keiser als Regisseur zur Seite stand.