22.06.2022

Feuerwehrkommandant von Rebstein: «Das grösste Problem war die enorme Hitze»

Stefan Kläui, Kommandant der Feuerwehr Rebstein-Marbach, war der erste vor Ort beim Grossbrand im Rebsteiner Industriegebiet. Im Interview erzählt er von den Extrembedingungen, knappem Wasser und verbogenen Fahrleitmasten.

Von David Grob
aktualisiert am 02.11.2022
Sie waren als erster vor Ort. Wie haben Sie vom Brand erfahren?Stefan Kläui: Ich habe gerade meine Tochter zu meinen Eltern gebracht, als mich der Notruf erreichte. Klar, im ersten Moment war ich ein wenig geschockt, aber ich kenne solche Situationen bereits. Ich habe mehr oder weniger alles stehen und liegen gelassen und bin mit dem Privatauto zum Brandort gefahren. Schon bei der Fahrt zum Schadensplatz und beim Anblick der Rauchsäule war mir klar: Dies wird eine grössere Sache. Also habe ich die Alarmstufe erhöht. Am Brandort musste ich erst einige Schaulustige davon abhalten, zu nahe ans Gebäude zu treten. Und jemanden musste ich kurz gar davon abhalten, das Gebäude zu betreten.Und dann? Vor Ort habe ich in Rücksprache mit der Einsatzleitung den Lösch- und Rettungszug der SBB angefordert, denn sechs Meter hinter dem brennenden Gebäude führt die Zuglinie durch. Eine Aufgabe des Löschzuges ist es, die Fahrleitungen zu erden, schliesslich verträgt sich Wasser und Strom nicht besonders gut. Im Minutentakt sind die nächsten Einsatzfahrzeuge eingetroffen. Und wir haben die Alarmstufe drei ausgelöst.Wie lange dauert es, bis der Löschzug von St.Gallen im Rheintal war? Gefühlt eine Ewigkeit. Ich schätze so zwischen zwanzig und dreissig Minuten. Während dieser Zeit konnten wir nur von einer Seite löschen. Als der Zug schliesslich da war, hat dies unsere Löscharbeiten stark erleichtert.[caption_left:Der Löschzug der SBB unterstützt die Löscharbeiten. (Bild: BRK News)]Was ist die grösste Herausforderung bei einem Brand dieser Grössenordnung? Das grösste Problem war ganz klar die enorme Hitze. Wenn man mit Atemschutzmaske bei hoher Brandwärme arbeitet, hält man vielleicht eine halbe Stunde durch. Dann braucht man eine Pause und muss abgelöst werden. Irgendwann ist man (körperlich) fertig. Die materiellen Ressourcen waren spätestens ab Alarmstufe drei vorhanden. Das Problem waren die personellen. Und ein weiteres Problem war das Wasser.Warum? War das Wasser knapp? Nein, es war nicht so, dass das Reservoir leer gewesen wäre, sondern wir konnten schlicht nicht so viel Wasser durch die Leitungen transportieren, wie wir benötigt hätten. Die Gemeinde Rebstein ist in verschiedene Wasserzonen aufgeteilt. Und irgendwann ist die erste Zone erschöpft. Dann besteht die grosse Herausforderung darin, aus verschiedenen Zonen Wasser zu beziehen. Ein Mitarbeiter des Wasserwerkes, der auch vor Ort war, meint: ‹Das Leitungsnetz ist am Anschlag.› Schlussendlich mussten wir aus dem Nachbardorf Balgach Wasser beziehen.Wie schützt man die umliegenden Gebäude? Mit Haltelinien.Haltelinien? Unser Fachbegriff. Wir versuchen im Prinzip eine Wasserwand zwischen dem brennenden Gebäude und den umliegenden zu errichten. Das Wasser nimmt die Wärme und verhindert so ein Übergreifen der Flammen auf die Nebengebäude.[caption_left:Die Feuerwehr versucht, den Brand in den Griff zu kriegen. (Bild: Remo Zollinger)]Trotzdem hat dies bei einem Gebäude nicht geklappt? Dies war eine Auswirkung des knappen Wassers. Der Druck war schlicht teils zu niedrig. Und die Hitze war zu gross. So gross, dass gar einige Masten der Fahrleitungen sich leicht verbogen haben. Die SBB hat diese in der Nacht wieder gerade gerichtet.Wie lang hat der Einsatz gedauert? Schwer zu sagen, ich habe das Zeitgefühl verloren. Es war ungefähr Mitternacht, als wir die ersten Leute nach Hause geschickt haben. Gegen halb Eins waren die Löscharbeiten grösstenteils abgeschlossen und wir sind zur Brandwache übergegangen. Acht Leute waren bis sechs Uhr morgens vor Ort, um auflodernde Glutnester zu löschen. Ich war gegen 5 Uhr zuhause.Welche Arbeiten stehen jetzt an den Tagen nach dem Brand an? Wir sind nun acht Leute vor Ort. Mittlerweile ist der kriminaltechnische Dienst vor Ort und versucht, den Brandherd zu finden und Rückschlüsse auf die Ursache zu ziehen. Sobald sie fertig sind, werden wir das Gebäude einstossen und die letzten Glutnester löschen. In der Nacht haben wir zusammen mit der SBB bereits erste Aufräumarbeiten in der Nähe der Geleise durchgeführt, damit der Zug am Morgen um fünf Uhr wieder problemlos fahren kann.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.