15.06.2021

Feuerwehr wehrt sich gegen Vorwürfe

Vier Übungen mit Löschschaum können den Boden beim Gefängnis kaum so belastet haben, meinen Andreas Broger und Peter Keel.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Eigentlich hätte neben dem Regionalgefängnis längst mit dem Bau der doppelt so grossen Erweiterung begonnen werden sollen. Der Kanton schiebt den Baustart aber hinaus. Begründet wird dies mit schwer oder gar nicht abbaubaren per- oder polyfluorierten Chemikalien (PFC), die man im Boden festgestellt hat. In Feuerwehrlöschschäumen seien solche fluorhaltigen Substanzen lange enthalten gewesen, hiess es bereits letztes Jahr auf Nachfrage beim Kanton. Die Feuerwehr liegt daher als mutmassliche Verursacherin nahe. Immerhin hatte sie hier die letzten Jahre geübt, unter anderem im Brandhaus, wo die Feuerwehrleute das Löschen in Gebäuden lernten. Nun sagen der Kommandant der Feuerwehr Altstätten-Eichberg, Peter Keel, und der Altstätter Sicherheitskommissionspräsident Andreas Broger aber: «So sicher, dass diese Verunreinigungen von uns stammen, ist das nicht – und ganz bestimmt nicht in diesen Mengen!»Wie hoch die Konzentration der Substanzen im Boden ist und wie sie über das Gelände verteilt sind, ist bekannt. Der Kanton hat ein Gutachten dazu erstellen lassen. Er rückt es vorläufig aber nicht heraus, weil verschiedene Abklärungen noch nicht abgeschlossen seien und ausserdem im Kantonsrat mehrere Vorstösse zur Bauverzögerung hängig sind. Keel und Broger kennen es aber. Und ihrer Ansicht nach spricht einiges dafür, dass die Feuerwehr Altstätten-Eichberg nicht alleinige Verursacherin ist und dass sich die Stoffeinträge womöglich sogar nur zu einem kleinen Teil mit ihren Übungen erklären lassen.Peter Keel weist im Besonderen auf das enge Zeitfenster hin, während dem die Altstätter Feuerwehr Übungen mit Löschschaum durchführte, der für die Verunreinigung in Frage käme: Die Feuerwehr hatte das Areal vom Kanton ab dem Jahr 2000 gemietet, und ab 2009 verwendete sie Löschschäume mit anderer Zusammensetzung, solche ohne die mittlerweile verbotenen Fluorverbindungen.Es wird nur selten mit Schaum geübtKeel betont, dass man nichts Verbotenes getan habe. Die heute nicht mehr zugelassenen Schäume seien damals Standard gewesen. Hinzu komme, dass Übungen mit Löschschaum selten seien, auch aus Kostengründen. Die Feuerwehr Altstätten habe etwa alle zwei Jahre eine solche durchgeführt, habe also insgesamt nur etwa viermal mit fluorhaltigem Löschschaum geübt. Damit lasse sich die festgestellte Bodenbelastung nicht erklären, meint Peter Keel.Auch die verteilt übers ganze Gelände gemessenen Konzentrationen deuteten auf andere Quellen hin. Die Altstätter Feuerwehr habe ihre vier, fünf Übungen stets am selben Ort durchgeführt. Aber bestimmt nicht im Brandhaus, in dessen Mauerwerk ebenfalls Rückstände solcher fluorhaltigen Stoffe gemessen worden seien. «Einen Gebäudebrand würde man nicht mit Schaum löschen», hält Peter Keel fest, «das würde der Einsatzdoktrin widersprechen.»Schaum werde zum Löschen brennender Flüssigkeiten eingesetzt, erklärt er, beispielsweise bei Fahrzeugbränden mit auslaufendem Treibstoff. «Die Feuerwehr Altstätten setzt nur selten Löschschaum ein, aber gelegentlich ist es nötig – und darum muss man es auch üben.»Womöglich stammen die in den Überresten der mittlerweile abgebrochenen Bauwerke festgestellten Chemikalien von den Bauten selbst, mutmasst Keel. Sei es, dass beim Betonieren Zusatzstoffe beigemengt worden sind oder dass nach dem Bau ein chemischer Wetterschutz aufs Mauerwerk aufgetragen wurde.Manche belasteten Bauten  oder Flächen auf dem Areal seien aber gar nie von der Feuerwehr genutzt worden. Was dafür sprechen würde, dass die Belastung aus der Zeit zwischen 1969 und 2000 herrührt, als der Kanton auf dem Areal ein Zivilschutzausbildungszentrum betrieb.Andreas Broger, dessen Vater während 20 Jahren Leiter jenes Ausbildungszentrums war, hält dies für durchaus plausibel. Im Zivilschutz gab es früher auch Brandschutzformationen. Es könnte also damals schon Übungen mit Löschschaum gegeben haben, meint er. Auszuschliessen sei auch nicht, dass ein Teil der Belastung aus einer Deponie im östlichen Teil des Areals (zur Oberrieterstrasse hin) stamme. Verschiedentlich kann man lesen,  dass sich PFC-Verbindungen, die mit Abwässern in die Kläranlage gelangen, im Klärschlamm anreichern, weil sie nicht abgebaut werden. Und früher wurde Klärschlamm nicht verbrannt, sondern deponiert oder – und dies sogar noch zu einem grösseren Teil – als Dünger auf Wiesen ausgebracht.Wer Verursacher ist, kann zurzeit nur vermutet werdenZum jetzigen Zeitpunkt könne nur spekuliert werden, woher die Belastung des Bodens und des Abbruchmaterials mit PFC stammt, halten Peter Keel und Andreas Broger fest. Umso mehr Wert legen sie darauf, dass nun nicht vorab der Schwarze Peter der Feuerwehr zugeschoben wird. Die Frage, wer Verursacher sei, werde geklärt werden müssen, sagt Broger, und auch, wer die Kosten für die Baugrundsanierung zu tragen habe. Mehrere Rheintaler Kantonsräte forderten letzte Woche mit einem Vorstoss von der Regierung, dass mit dem Beginn der Sanierung nicht zugewartet werden soll, bis geklärt ist, wer welche Kosten zu tragen hat. Das könne man später immer noch. Andreas Broger, der selbst Kantonsrat ist, denkt genau gleich. Es dürfte aber an etwas anderem liegen, dass noch nicht begonnen wird, meint er. Es sei unklar, wie die Sanierung konkret vorzunehmen sei. Der Kanton warte auf Vorgaben vom Bund. Das detaillierte Vorgehen für die Sanierung stehe zwar noch nicht im Detail fest, heisst es dazu aus dem Baudepartement tatsächlich. Es seien in den letzten Monaten aber Sanierungsvarianten erarbeitet worden, schreibt Departementssprecherin Claudia Eugster. Sie bekräftigt ausserdem, dass der Kanton mit der Sanierung ebenfalls nicht zuwarten wolle, bis geklärt sei, wer welche Kosten übernehmen soll.

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