23.07.2018

Fernbusse und das «Röntgenauto»

Gegen zehn Flix-Busse passieren täglich die Grenze auf der Rheininsel, dazu etliche Cars aus Balkanländern. Oft stehen sie längere Zeit beim Schweizer Zoll, wo ein mobiler Scanner zum Einsatz kommt.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt LatzerDer Campingplatz unterhalb des Diepoldsauer Zollamts verspricht nicht nur Erholung, er bietet auch einen guten Blick auf das Geschehen beim Zoll. «Manchmal besser als Live-TV», sagte jüngst einer der Camper.Am Strassenrand oberhalb des Platzes, auf dem sich Häuschen an Häuschen reiht, stehen zwei Reisebusse. Beide sind aus Serbien. Die Türen sind offen, die Abdeckungen des Gepäckraums hochgeklappt. Vis-à-vis des Kiosks, auf dem Vorplatz des Zollgebäudes, hat sich eine längere Menschenschlange gebildet. Auch ein Scanner kommt zum EinsatzMit Gepäck. Stück für Stück verschwinden Koffer und Taschen in einem Lieferwagen, der mit einem speziellen Scanner, einer Art Röntgengerät, ausgestattet ist. Eine halbe Stunde später: Noch immer stehen zehn Personen vor dem Apparat, andere sind mit Zetteln auf dem Weg zur Kasse beim Abfertigungshäuschen der Grenzwacht.«Wahrscheinlich wieder etwas zu viel Sliwowitz», kommentiert ein Camper die Situation mit einem Lächeln. Nach einer weiteren halben Stunde hat der Spuk ein Ende, die Busse können fahren. Tags zuvor habe ein Car beim Grenzwachthäuschen gehalten und nach ein paar Minuten umkehren müssen. Die Röntgengeräte kann das Grenzwachtkorps in der ganzen Schweiz einsetzen, das ganze Jahr über. Jede Grenzwachtregion verfügt über ein solches Spezialfahrzeug. Worum handelt es sich meist bei den Sachen, die die Leute vom Balkan zu viel dabei haben? David Marquis: «Grösstenteils handelt es sich um Nahrungsmittel, Getränke, Zigaretten, Kleider und dergleichen.»Neben den Fernbussen vom Balkan fallen bei der Grenze auf der Rheininsel Flix-Busse auf. «Ich habe schon mehr als zehn Stück davon an einem Tag gezählt», sagt der Feriengast auf dem Platz neben dem Diespolds­auer Strandbad.Personenkontrollen je nach RisikolageWer denkt, die Passagiere dieser Fernbusse blieben unkontrolliert, irrt. Gerade fährt ein Fahrzeug der hellgrün-orangen Flotte auf den Zollplatz. Fast eine halbe Stunde dauert es, bis der Chauffeur die Fahrt fortsetzen kann.Bei der eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) will man keine Angaben zu FlixBus machen. «Wegen des Amtsgeheimnisses können wir keine Auskunft über spezifische Firmen geben», schreibt David Marquis, Mediensprecher der Zollverwaltung. Zu den Wartezeiten heisst es: «Wenn in einem Bus eine grosse Anzahl von Personen reist, kann dies die Dauer einer Kontrolle verlängern. Werden Widerhandlungen festgestellt oder sind Abklärungen nötig, verlängert das die Kontrolle.»Die Kontrollen der EZV erfolgten lageabhängig nach detaillierter Risikoanalyse. Wegen des Amtsgeheimnisses oder aus einsatztaktischen Gründen rückt das EVZ keine Details heraus. Zu Busunternehmen, der Zahl in Bussen aufgegriffener Personen ohne Einreisebewilligungen und anderem führe sie keine Statistik.Reisebussen ist der Weg vorgeschriebenMit welchen Folgen muss ein Busunternehm en rechnen, wenn Grenzwächter illegal einreisende Personen aus dem Bus holen? «Das lässt sich nicht pauschal beantworten und kommt auf den Sachverhalt an», schreibt David Marquis. Dann war da noch der Car, der in Diepoldsau wenden musste. «Die bewilligten Busse haben einen vorgeschriebenen Grenzübergang, an dem sie einreisen müssen. Es kann jedoch auch andere Gründe haben, weshalb Busse umkehren müssen», heisst es bei der EZV. Migranten, die in die Schweiz einreisen oder sie durchqueren wollen und die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen, werden vom Grenzwachtkorps an den betroffenen Nachbarstaat überstellt. Für Personen, die Asyl oder Schutz suchen, ist das Staatssekretariat für Migration (SEM) zuständig. Asylsuchende kommen in der Regel in Empfangs- und Verfahrenszentren.Mehr Polizeipräsenz erwünscht FlixBus Das deutsche Fernbusunternehmen befördert nach eigenen Angaben pro Jahr 40 Millionen Menschen: «Unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung und ihrem konkreten Reiseanlass, sofern sie bei Fahrtantritt ein gültiges Ticket vorweisen können», sagt David Krebs, Mediensprecher bei FlixBus.Alle Fahrgäste, die eine grenzüberschreitende Verbindung buchen, seien laut Geschäftsbedingungen verpflichtet, ein gültiges Ausweisdokument mit sich zu führen. «Vor der Abfahrt überprüfen die Fahrerinnen oder Fahrer, ob die Leute einen Ausweis dabei haben», sagt Krebs. Wie alle anderen grenzüberschreitenden Verkehrsmittel habe auch FlixBus mit den Herausforderungen an den Grenzen zu kämpfen. «Durch Kontrollen bedingte Verspätungen gehören zu den grössten Herausforderungen», sagt der FlixBus-Mediensprecher. Laut Erhebungen des Bundesverbandes deutscher Omnibusunternehmer, seien bei Kontrollen der Bundespolizei 0,17 Prozent der Reisenden auffällig. «Diese relativ geringe Zahl von Vorfällen zeigt, wie wirksam die Kontrollmechanismen in der Fernbusmobilität sind», sagt Krebs.Als Alternative zu Grenzkontrollen wünscht man sich beim deutschen Fernbusunternehmen mehr Behördenpräsenz an den Fernbushaltestellen, wie es bei Bahnhöfen oder Flughäfen üblich sei. «Verschiedene Massnahmen sind hierbei bei FlixBus im Gespräch und werden derzeit diskutiert», sagt David Krebs. (kla)

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