Andrea C. PlüssEin Gipser, temporär; ein CNC-Schreiner; ein Polymechaniker als Teamleiter, temporär; eine Sachbearbeiterin 80 – 100 Prozent; eine Vakanz in der öffentlichen Hand: Die Stellenangebote, sei es in Zeitungen oder auf den entsprechenden Portalen im Internet, fielen schon mal üppiger aus.Erst der Lockdown, dann Monate der Kurzarbeit, gefolgt vom immer noch andauernden Teil-Shutdown. Es überrascht nicht, treten viele Firmen in Zeiten wie diesen auf die Personalbremse.Kaum Dauerstellen sind zu besetzenStellensuchenden steht nebst der öffentlichen Arbeitsvermittlung von Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) auch der Weg zu privaten Personaldienstleistern offen. Diese vermitteln Arbeitskräfte entweder in Festanstellung oder temporär an ein Unternehmen.«Die gemeldeten Suchaufträge lassen sich an einer Hand abzählen», sagt Yanik Sigrist, Geschäftsführer und Mitinhaber der Work-Shop-Filiale in Heerbrugg. Zwar erwirtschaftet Sigrist mit seinem Team nur etwa 20 Prozent seines Umsatzes mit der Vermittlung von Personal in eine Festanstellung, der grosse Rest entfällt auf Zeitarbeitsvermittlung. Dennoch sind dem Personalvermittler zwischen Mai und Juli letztes Jahr rund 60 Prozent des Umsatzes weggebrochen.Die Auswirkungen des Lockdowns im Frühjahr hätten die Personaldienstleister mit Zeitverzug erst im Sommer erreicht, so Sigrist, der seit über 20 Jahren in der Branche tätig ist. Denn auch die Temporärvermittlung ist im Zuge der Einschränkungen durch die Coronakrise massiv eingebrochen (siehe Zweittext).Zahlreiche Vermittler werben um KundenWer in welchem Mass unter der Pandemiekrise zu leiden hat, hängt stark von den jeweiligen Kunden der Personaldienstleister ab. «Gut geht es im Rheintal der Verpackungsbranche, weiten Teilen der Industrie und den Kunststoffverarbeitern», sagt Yanik Sigrist. «Das Geschäft hat wieder angezogen im September, uns geht es gut», fügt er an. Etwa ein Kilometer von Sigrists Work-Shop-Dependance in Heerbrugg entfernt befinden sich mehrere Büros von Personaldienstleistern, die dem gleichen Geschäft nachgehen: Eupro an der Lindenstrasse in Widnau, Universal-Job und Asso an der Rheinstrasse in Heerbrugg oder Viva Work an der Widnauer Bahnhofstrasse.Auf kleinem Raum bildet sich hier die Situation einer ganzen Branche ab: Um die 800 Personalvermittler tummeln sich schweizweit am Markt, den Branchenkenner als gesättigt beschreiben. Yanik Sigrist befürchtet denn auch, das Überangebot könne die Vermittlungsmargen drücken.Niranjan Sriragavan leitet seit zehn Jahren die Agentur der Asso Personal AG in Widnau sowie die im September eröffnete Agentur in Ruggell. Nach einer Phase der Kurzarbeit im Umfang von 50 Prozent bis Ende April habe man in Widnau die Arbeit wieder zu 100 Prozent aufgenommen, so der Agenturleiter. Da Asso für einige Kunden die Lohnadministration abwickelt, blieb ein Standbein auch während der Krise erhalten. «Leicht hat es in dieser Zeit niemand», sagt Sriragavan.Überzeugt, als Newcomer am Markt bestehen zu können, ist Sascha Smakaus, der zusammen mit seinem Partner Leonardo Ciardullo im August die Viva Work AG in Widnau eröffnet hat. Beide Inhaber bringen mehrjährige Erfahrung als Personalvermittler mit. Viva Work erwirtschaftet nach eigenen Angaben 95 Prozent des Umsatzes durch Temporärvermittlung. «Während der Pandemie haben wir festgestellt, dass gerade die kleineren Betriebe nicht zu vernachlässigen sind», sagt Sascha Smakaus. Auf zwei oder drei Grosskunden zu setzen, sei ein Risiko. Smakaus sieht durchaus noch Potenzial für die Vermittlungsbranche, da Firmen mit Temporärpersonal rasch und flexibel auf eine sich verändernde Auftragslage reagieren könnten.Wer sich mit einem Personalverleih selbstständig machen will, braucht eine Bewilligung des kantonalen Amts für Wirtschaft. Zur Sicherung der Ansprüche temporärer Arbeitskräfte ist zudem eine Kaution in Höhe von mindestens 50000 Franken erforderlich. Weiteres ist im Arbeitsvermittlungsgesetz AVG geregelt.Weniger Rekrutierung, mehr Management Auch Generalisten, die ein breiteres Spektrum an HR-Dienstleistungen anbieten, kommen nicht unbeschadet durch die Krise. «In der Rekrutierung für Fest-, Temporär- oder Projektstellen verzeichnen wir eine Abnahme», sagt Reto Halter, Inhaber der Halter Personal AG in Rebstein. Im Bereich Lohnadministration, Personalmanagement ad interim oder Coaching hätten die Anfragen hingegen «merklich zugenommen». Nur im November waren die acht Mitarbeitenden 20 Prozent in Kurzarbeit.«Anspruchsvoll und herausfordernd» sei das vergangene Jahr gewesen, sagt Erich Mosberger, Inhaber der Parcon AG in Heerbrugg. Nebst weiteren HR-Dienstleistungen vermittelt Parcon qualifizierte Fach- und Führungskräfte. Entscheidungsprozesse hätten sich aufgrund der Planungsunsicherheit verlangsamt, so der HR-Berater. Wer über ein finanzielles Polster aus Vor-Corona-Jahren verfüge, werde die Krise jedoch überstehen, ist Mosberger überzeugt.