Max PflügerIm Vorfeld zum grossen internationalen Brauchtumstreffen anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des Röllelibutzenvereins an der kommenden Fasnacht fand das diesjährige Treffen der Närrischen europäischen Gemeinschaft (NEG) vom 21. und 22. September in Altstätten statt. Der Schweizerische Fasnachtsdachverband Hefari lud in diesem Rahmen am vergangenen Freitagabend zu einem öffentlichen Vortrag in die Sonne ein. Professor Dr. Werner Mezger von der Universität Freiburg im Breisgau gab einen reich illustrierten Einblick in den Themenbereich Fasnacht, Fasching, Karneval in rund 20 europäischen Ländern.Die dreifachen Wurzeln der FasnachtEinleitend zeigte der Volkskunde-Wissenschaftler auf, in welchem Kontext das abwechslungsreiche und doch immer wieder auch in gemeinsamen Formen wurzelnde Narrentreiben entstanden ist. Sicher ist es nicht, wie immer noch in vielen Köpfen herumgeistert, auf uralten, heidnischen Geistervertreibungen hervorgegangen. Werner Mezger sieht drei Bereiche, die mit zum Ursprung der Fasnacht führten: Das ist zum Ersten das Naturjahr, der Agrarzyklus mit dem Übergang vom Winter zum Frühjahr. Zum Zweiten bestimmt der römische Kalender und die alten Feste um die Jahreswende das Fasnachtsgeschehen. Dass die Fasnacht in die Bereiche Februar oder März fällt hängt mit dem alten römischen Kalender zusammen, der das Jahr mit dem Monat März anfangen liess, wie man auch heute noch den Monatsnamen September (der Siebente), Oktober (der Achte), November (der Neunte) und Dezember (der Zehnte) ablesen kann. Und schliesslich zum Dritten: Der christliche Jahreslauf legt die Fasnacht (oder Fastnacht) als Nacht vor dem vierzigtägigen Fasten fest und bietet noch einmal die Gelegenheit in fleischlichen Genüssen zu schwelgen. Vielfach wird im Fasnachtsbrauchtum der Aschermittwoch, der Tod und das Böse vorweggenommen. Werner Mezger zeigte auf, dass der Teufel zu den ältesten Fasnachtsfiguren gehört und Fasnachtsbräuche oft totentanzähnliche Züge tragen.Fasnacht, Fasching und Karneval sind keine eng begrenzten regionalen Ereignisse, die sich auf die Schweiz, Österreich und Deutschland beschränken. Närrische Tage werden in ganz Europa gefeiert. Maskenfeste und Brauchtumsformen wie wir sie von den Röllelibutzen, unserer Rheintaler Fasnacht und anderen schweizerischen Fasnachtshochburgen kennen, gibt es auch in Belgien und Frankreich, in Ober- und Mittelitalien, auf Sardinien und Sizilien, in Griechenland, Spanien und Portugal, in Ungarn, Slowenien, Kroatien, Rumänien und Bulgarien.In einer umfangreichen Bilderschau zeigte Werner Mezger eine verblüffende Vernetzung von Traditionen und Motiven über Hunderte von Kilometern und über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg. Hexen, Teufel, Harlekins und andere Figuren kommen immer wieder vor. Prächtige Hüte, Kopfschmuck mit Blumen und Bändeln sind nicht nur den Butzen eigen. Und immer wieder sieht man Rollen und Glocken oder unförmig mit Stroh ausgestopfte, wilde Kerle und prächtige, fantasievolle und schmucke Maskeraden. Ein farbenprächtiges Panorama eines bedeutenden kulturellen Erbes des christlichen Abendlandes.