23.10.2021

Eselmist für den Winter

Die Rehetobler Landschaftsarchitektin Monika Pearson erklärt, wie man den Garten jetzt schon fit für den nächsten Frühling macht.

Von Martin Oswald
aktualisiert am 03.11.2022
Es ist kälter geworden. Hier oben auf 1000 Metern über Meer ganz besonders. Monika Pearson kennt es nicht anders: «In diesem Klima einen Garten zu unterhalten, ist eine besondere Herausforderung!» Die Landschaftsarchitektin aus Rehetobel kennt nicht nur unzählige Pflanzen beim Namen, sondern weiss auch genau, was diese brauchen, um in diesem mitunter rauen Klima zu gedeihen.  Wer sich dabei einen herausgeputzten englischen Garten vorstellt, irrt. Monika Pearson ist Nachhaltigkeit und Biodiversität das grösste Anliegen – und so handelt sie auch. Bevor sie Hand anlegt, schneidet, ausreisst oder erntet, stellt sie sich immer auch die Frage, was für die Natur am besten ist. Und das führt dazu, dass rund um ihr Heidenhaus ein verwunschenes Paradies voll ökologischer Vielfalt entstanden ist.Mitten im Winter ernten Im Gemüsegarten hatten wir im Frühling gemeinsam Zwiebeln und Salate angepflanzt. Jetzt werden die Beete Schritt für Schritt für den Winterschlaf vorbereitet. Bei Monika Pearson heisst das, sie werden schrittweise abgeerntet, dann entweder mit Mist zugedeckt, gemulcht oder aber die Pflanzen bleiben, solange es das Wetter zulässt, in den Beeten stehen –vielleicht sogar bis in die nächste Saison. Feder- und Palmenkohl blühen im Frühling früh und prächtig und dienen so auch gleich als Bienenweide. Zumal das kräftige Gelb der Blüten auch unser Auge erfreut. Sellerie, Randen, Lauch, Broccoli und diverse Wintersalate wie Endivie, Zuckerhut oder Nüssli sind auch immer noch in den Beeten. Sie ertragen gut etwas Kälte und können so bei Bedarf geerntet werden und landen gleich auf dem Tisch. So haben sie ein optimales Aroma und sind voller Vitamine. Gleich neben dem Gemüsebeet wartet eine Besonderheit von Monika auf seinen Einsatz. Eselmist unter einer Blache. «Den habe ich von einer Eselhalterin in der Nähe bekommen. Der Mist hat sich über den Sommer in Humus verwandelt.» Dieser ist nicht nur ein guter Schutz gegen den Schnee und die Bodenerosion, sondern auch perfekter Dünger für die nächste Saison. Dieses Jahr fügt die Gärtnerin zusätzlich Schafmist, Rasenschnitt mit Blättern, gehackte Beinwell- oder Brennesselblätter hinzu. Wozu dieser Mulch-Mix? «Das hält den Boden lebendig, gibt ihm Nährstoffe zurück und ist wichtig für eine gute Ernte.»Schneiden oder stehen lassen? Gartenarbeit hält Monika Pearson in ständiger Beziehung und im Dialog mit der Natur. «Da dies heute vielerorts verloren gegangen ist, wir heute immer weniger direkten Bezug zu unserer Nahrung haben, lassen wir auch die Monokulturen und die Vergiftung unserer Böden zu.» Pearsons freundlicher Blick verfinstert sich, wenn sie ihre ökologischen Anliegen artikuliert. Um dieses Verständnis der ökologischen Zusammenhänge nicht gänzlich zu verlieren, bräuchten wir wieder vermehrt Schulgärten und Gemeinschaftsgärten in Siedlungen. «Ich gehe mit den eigens angebauten Gemüsen und Kräutern noch sorgfältiger um als mit den gekauften. Irgendwie spürt man bei der Zubereitung die vielen Stunden, die es gebraucht hat für das Endprodukt!» Monika Pearson sagt, sie glaube, dass das eigene Gemüse sogar einen besseren Nährwert habe, aber das sei bestimmt Einbildung. Eine der häufigsten Fragen für Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner ist, welche Pflanzen und Sträucher im Herbst geschnitten werden sollen und welche erst im Frühling an der Reihe sind. Monika Pearson empfiehlt, dem Drang, aufzuräumen und sauber zu putzen, möglichst zu widerstehen. Je mehr nun stehen bleibt, desto besser. Die Samenstände werden nämlich von den Vögeln bis tief in den Winter hinein als Futter gebraucht und die Pflanzen bieten den Insekten Schutz. Grösseres Gehölz muss nur alle paar Jahre verjüngt werden. Gräser und Stauden sehen besonders hübsch aus, wenn sie an kalten Wintertagen mit Raureif behangen sind und in der Sonne glitzern. Das Stehenlassen hat einen weiteren Vorteil: Im Frühling weiss man sofort, wo die Pflanzen genau sind und erkennt beim ersten Säuberungsgang die feinen neuen Triebe der Stauden. «Wenn Sie aber trotzdem Gehölz schneiden oder entfernen müssen, versuchen Sie doch, mit den Ästen und dem Laub einen Asthaufen anzulegen für die Igel und andere Lebewesen, anstatt das Material teuer zu entsorgen», empfiehlt die Landschaftsarchitektin.Asthaufen richtig anlegen Beim Aufbau des Asthaufens ist darauf zu achten, dass feineres und gröberes Material abwechselnd aufgeschichtet wird. So entstehen dichtere Bereiche und solche mit grösseren Zwischenräumen. Die Hohlräume sollten von aussen zugänglich sein, dann werden sie von Igeln gerne aufgesucht. Die Asthaufen sind auch Verstecke für Amphibien, Insekten und Kleinsäuger. Je nach Standort finden sich darin andere Arten. Rotkehlchen und Zaunkönige nisten ebenfalls gerne in den grösseren Asthaufen. Das Holz ist Nährboden für Käfer, Flechten und Moose. Nicht alle «toten» Obstbäume und Sträucher müssen abgeräumt werden – im Gegenteil. Oftmals werden sie von Spechten aufgesucht, weil sich in ihnen Insekten aufhalten und für sie eine Nahrungsquelle sind. Viele Vogelarten sind hierzulande vom Aussterben bedroht, weil ihnen ein geeigneter Lebensraum fehlt und ihnen die sterilen Steingärten oder Umgebungen auch keine Nahrung bieten.  Der Herbst ist auch ein guter Moment, um Neues zu setzen oder die Staudenbeete umzukrempeln. Monika Pearson hat konkrete Ideen: Einen Obstbaum für und mit den eigenen Kindern pflanzen. Eine Hecke mit einheimischen Wildgehölzen anlegen. Vielleicht in Absprache und zusammen mit dem Nachbarn als gemeinsame Grenzgestaltung. Einen Nistkasten platzieren. Ein Bienenhotel bauen. Aber Monika Pearson mahnt bei all der möglichen Arbeit: «Gartenarbeit sollte nie ein Stress oder eine Pflicht sein, sondern immer eine Freude.» Die Natur strafe uns nicht, wenn wir etwas nicht korrekt aufgeräumt hätten, scherzt sie. Im Gegenteil. «Es soll einfach nur Freude machen, sich in der Natur aufzuhalten, mit ihr zu verbinden, zu experimentieren, zu kreieren. Das stärkt Körper, Geist und Seele.» Wer jetzt noch ein paar Franken im Gartenbudget übrig hat, investiere in ein paar Frühlingszwiebeln, rät Monika Pearson. Diese könnten auch in Töpfe gepflanzt werden und vor die Haustüre oder den Balkon gestellt werden. «Im Frühling bereiten sie dann nicht nur uns, sondern den ersten Insekten viel Freude.» Auch Zwiebelblumen wie Krokusse, Narzissen, Hyazinthen und Tulpen sind ein Symbol für den Frühling. Daneben gibt es auch weniger verbreitete Arten, wie Allium, Fritillaria und Muscari. Grundsätzlich können die Zwiebeln ab September bis zu den ersten frostigen Nächten gepflanzt werden.Zeit, um zur Ruhe zu kommen Das Gartenjahr 2021 war aufgrund des vielen Regens und der wenigen Sonnentage ein spezielles. Der Herbst hat ein wenig für den Sommer entschädigt. Was wird wohl der Winter bringen? So viel Schnee wie der Vergangene?  Für Monika Pearson ist der Winter eine Zeit der Einkehr, der Besinnung. «Wie der Garten brauchen auch wir Menschen eine Brachzeit, um neue Kraft für den Frühling zu sammeln.» Die frischgebackene Grossmutter freut sich auf Spaziergänge im Schnee, auf gemütliche Stunden mit Hund Babar vor dem Holzofen im Wohnzimmer und auf das Zubereiten von leckeren Gerichten, stets verfeinert mit getrockneten Kräutern aus dem Garten.Arbeiten, die noch vor dem Winter möglich sind Verrottete Blätter und Laub im Teich sollten entfernt werden. Auch auf den Gehwegen kann liegen gelassenes Laub für Rutschgefahr sorgen. Zwischen den Beeten und Staudenrabatten kann das Laub liegen bleiben. Es schützt die Wurzeln der Pflanzen vor dem Frost und bietet Bodenlebewesen eine wärmende Decke. Im Winter ist der richtige Zeitpunkt für eine gründliche Reinigung des Gewächshauses. Am besten eignet sich dazu Essigwasser. Verwenden Sie aber auf jeden Fall ökologische Produkte. Putzen Sie Wände, Decken und auch die Regale. So vermeiden Sie Schädlinge und Krankheiten. (mos)

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