Andrea C. PlüssFrühling, Sonnenschein und eine Fahrt mit dem Töff. Wer den entsprechenden Fahrausweis besitzt, kann den Fahrspass auch in Corona-Zeiten geniessen. Wer jedoch geplant hatte, demnächst Fahrstunden auf dem Töff in einer Fahrschule zu absolvieren, hat Pech gehabt. Alle Fahrschulen mussten den Betrieb per 17. März einstellen. Es dürfen weder Fahrstunden gegeben noch kann Verkehrskunde-Unterricht abgehalten werden.«Jetzt, am kommenden Wochenende, hätte ich einen Kurs für Motorradfahrschüler gehabt», sagt Franz Neubauer. Der Fahrlehrer aus Eichberg wurde, wie seine Berufskollegen, vom «Berufsverbot» kalt erwischt. Am Montagabend, 16. März, während in Bern der Bundesrat den Lockdown verkündete, war Franz Neubauer noch als Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz im Einsatz. Damit ist es bis 19. April vorbei – mindestens. Bei seinen aktuell 20 Fahrschülern hat er alle Termine abgesagt. «Einer hätte am Dienstag die Fahrprüfung machen sollen, das ist besonders schade, dass das im Moment nicht geht», so Neubauer. Übers Jahr betreut Franz Neubauer etwa gleich viele Auto- und Motorradlernfahrer, insgesamt etwa 140. Zusammen mit drei anderen Fahrlehrern nutzt Neubauer jeweils im Wechsel einen Raum der Opel-Garage Zünd in Lüchingen als Theorielokal. Für ihn entstehen dadurch Kosten von 75 Franken pro Monat; seine Fahrschulfahrzeuge sind privat untergestellt. Bleibt der Verdienstausfall. Aufgrund der Corona-Krise hat der Bundesrat Selbstständigen Lohnersatz durch die AHV-Ausgleichskassen zugesichert. Mit Auszahlungen ist allerdings wohl erst Mitte April zu rechnen.Die meisten langjährigen Fahrlehrer sollten sich damit über Wasser halten können, davon geht Ravaldo Guerrini, Präsident des Ostschweizerischen Fahrlehrer-Verbands (OFV), aus. Guerrini, dessen Verband in Appenzell Inner- und Ausserrhoden sowie den Kantonen St. Gallen und Thurgau 258 aktive Fahrlehrer und einige Kollektivmitglieder zählt, dankt Bundesbern: «Sie haben uns nicht vergessen.» Zudem verfüge der Verband über einen Fonds für Härtefälle. Schlimm treffe die Schliessung der Fahrschulen vor allem Berufsanfänger, so Guerrini. Zwei bis drei Jahre dauere es mindestens, um sich einen Kundenstamm aufzubauen. Wer die Fahrzeuge geleast habe und dazu noch Miete fürs Theorielokal oder Garagenplätze zahlen müsse, habe teils nicht unerhebliche Fixkosten.Einheitliche Regelung ist fairDie einheitliche Regelung, dass generell gar keine Fahrstunden mehr erteilt werden dürfen, begrüsst Ravaldo Guerrini. «Es gibt keine Nischenschlüpfer», das habe das Bundesamt für Strassen (Astra) bestätigt.Anfangs sei noch diskutiert worden, gegebenenfalls den Fahrunterricht für Motorradlenker zu erlauben, da Lernfahrer und Fahrlehrer im Freien getrennt unterwegs seien. Die letztlich getroffene einheitliche Regelung erachtet der OFV-Präsident als fair für alle. Bis zur Wiederaufnahme der Berufstätigkeit empfehle der Verband den Mitgliedern zum Beispiel die Revision des Verkehrskundekurses.«Mir geht es gut», gibt Lukas Mattle aus Oberriet Auskunft. In Mattles Fahrschule kann man Auto- und Motorradfahren lernen, das Fahren mit Anhänger oder auch den Führerausweis für Lastkraftwagen erwerben. 40 Fahrschüler musste der Fahrlehrer auf ungewisse Zeit vertrösten. Jetzt erledigt er Büroarbeiten. Fixkosten für seine Fahrschule drücken Mattle nicht. Die Fahrschulfahrzeuge – auch der Lern-LKW – sind bezahlt und stehen auf dem eigenen Grundstück. Irgendwann werde er sich sicher auch die Online-Formulare der Ausgleichskasse ansehen, aber «es eilt nicht». Für Berufsanfänger seien die Leistungen im Moment wichtiger, so der Oberrheintaler.Joel Stoffel, Fahrlehrer aus Widnau, hofft darauf, dass der auf den 20. April terminierte Verkehrskundekurs wie geplant stattfinden kann. Anders als in Deutschland und Österreich kann der Verkehrskundeunterricht nicht online durchgeführt werden, es herrscht Anwesenheitspflicht für Fahrschüler. Stoffel hat Kosten für das Theorielokal und Tiefgaragenplätze für seine drei Fahrzeuge plus Anhänger aufzubringen. Er werde wohl die Erwerbsausfallentschädigung beantragen. Stoffel hofft auf eine baldige Normalisierung und gibt sich gleichwohl skeptisch, was die Zeitspanne angeht. Allein ist er mit seiner Skepsis nicht. Vor Mitte Mai erwartet kaum ein Fahrlehrer eine Änderung der Covid-19-Verordnung.Positiv stimmt Joel Stoffel hingegen der Zusammenhalt unter den Rheintaler Fahrlehrern. «Wir sind gut vernetzt und haben schon über mögliche Zusammenlegungen von VK-Kursen gesprochen, wenn es wieder losgeht.» Zusatztext:Verlängerungen von Lern- und ProbefahrausweisenAuf der Website des Strassenverkehrsamts Kanton St. Gallen wird darauf hingewiesen, dass Fahrschulen gemäss der Covid-19-Verordnung 2 ab 17. März keinen Fahrschulunterricht und keine Verkehrskundekurse mehr abhalten dürfen.Auch Führerprüfungen werden nicht mehr abgenommen. Die Verordnung ist vorerst bis 19. April befristet. Prüfungstermine können aktuell nicht reserviert werden.Lernfahrausweise können verlängert werden, wenn das Ablaufdatum vor dem 30. April liegt: Bei Lernfahrausweisen der Kategorie A (Motorräder mit Motorleistung > 35kW) und Kategorie A1 (Motorräder mit < 125ccm Hubraum und max. 11 kW) um vier Monate. Bei Lernfahrausweisen aller anderen Kategorien ist eine Verlängerung um sechs Monate möglich. Gemäss Weisung des Bundesamts für Strassen (Astra) sind Inhaber eines Führerausweises auf Probe (FAP), der am 9. März oder später abgelaufen ist, bis 30. September dieses Jahres in der Schweiz fahrberechtigt.Die Strassenverkehrsämter in der Ostschweiz bieten eine befristete Verschiebung bei der Verlängerung der Ausweisdauer von Lernfahrausweisen (LFA) und Führerausweisen auf Probe (FAP) an. Die Ablaufdaten der Lernfahrausweise können mit dem Vermerk «bitte verlängern» den zuständigen kantonalen Strassenverkehrsämtern zugestellt werden. (acp)