01.02.2022

«Es gibt kein Richtig oder Falsch»

Die Schulen in Oberriet-Rüthi haben ihre Skilager durchgeführt, Berneck hat die Lagerwoche für die Unterstufe in den Sommer verlegt. Beide Schulräte sind weiter von ihrem Entscheid «zum Wohl der Schulkinder» überzeugt.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 02.11.2022
Vor einem Jahr fielen die Ski­lager in allen Schulgemeinden aus, weil die Corona-Massnahmen sie nicht zuliessen. In diesem Winter war der Entscheid den Schulräten überlassen worden, ob sie das Skilager unter Einhaltung der Massnahmen einhalten. «Wir haben die kantonalen Richtlinien erfüllt», sagen die Durchführenden wie die Absagenden. Leichtgefallen ist der Entscheid aber keiner Schulbehörde.Beide sagen auch: «Wir haben aufs Wohl der Schulkinder geachtet.» Und können das glaubhaft darlegen. Viele, auch unbekannte Faktoren waren zu beachtenDie Schulräte mussten aufgrund vieler, teilweise unbekannter Faktoren entscheiden, ob sie ein Skilager durchführen. Unbekannt war, das gilt schon während der ganzen Pandemie, die Entwicklung des Coronavirus. Wie sind die Auswirkungen der seit Ende Dezember in der Schweiz vorherrschenden Omikron-Variante? Welche Massnahmen gelten zum Zeitpunkt des Lagers (die Skiwochen erstrecken sich zum Teil bis in den März)? Die Grösse der Klassenverbände war bedeutend, also die Möglichkeit, die «Blase» möglichst klein zu halten, und auch unzählige weitere Fragen.Omikron erweist sich derweil als stark ansteckend, aber der Krankheitsverlauf ist mil­-der als bei der Deltavariante – die Fallzahlen steigen, aber es gibt weniger Hospitalisierungen. Durchaus vergleichbar mit einer Grippe, allerdings sind allfällige Langzeitfolgen (Long-Covid) noch nicht genügend erforscht, um den wirklichen Grad der Gefährdung abzuschätzen.Es gibt Argumente zur Vorsicht, also die Lager im Winter abzusagen. Widnau oder Diepoldsau haben wie Berneck so entschieden. Es gibt aber auch Argumente für das zusammenschweissende Gemeinschaftserlebnis in kalter Bergluft. Nicht nur Oberriet, auch Au-Heerbrugg hat danach gewertet. Dort ist’s in einem Lager zu einem Corona-Ausbruch gekommen (Bericht vom 17. Januar). Angesichts der milden Omikron-Variante muss das aber nicht zwingend gegen die Durchführung sprechen. Grippewellen im Winter sind verbreitet, schon viele Skilager waren davon betroffen und werden es in Zukunft sein. So geschehen in diesem Winter in einem Lager aus Altstätten, das in der Skilager-Frage auf individuelle Lösungen setzt.«Es gibt kein Richtig oder Falsch», betont Samuel Han­selmann, Präsident der Oberstufenschulgemeinde Oberriet-Rüthi und der Primarschul­gemeinde ekmo (Eichenwies, Kriessern, Montlingen, Oberriet). In Oberriet haben die Skilager für Mittel- und Unterstufe in der Woche vom 17. bis 21. Januar stattgefunden. Die Schü­lerinnen und Schüler der 4. bis 6. Klasse in Berneck bleiben im März dagegen zu Hause. Dafür gehen sie ins Sommerlager. Die Skitage für die Unterstufe wird als Bewegungswoche ebenfalls in den Sommer verlegt.Annemarie Keel-Grüninger, Präsidentin der Primarschulgemeinde Berneck, sagt wie Samuel Hanselmann, der Entscheid sei nach Absprache mit Schulleitung und Lehrpersonen gefallen. «Mit dem Sommerlager ermöglichen wir hoffentlich allen Kindern eine unbeschwerte Lagerwoche ohne Einschränkungen», sagt Annemarie Keel. Sie verweist auf die Unklarheit, wann welche Massnahmen gelten. Auf die Ungewissheit, ob allenfalls Leiterinnen und Leiter oder andere für den Lagerbetrieb benötigte Personen erkranken – und auch Kinder. Der frühe Zeitpunkt habe auch einen praktischen Grund: Das Lagerhaus in Wildhaus, das Platz für zumindest vier von sieben Klassen bietet, sei sofort auf einen anderen Termin buchbar gewesen.Einige Eltern seien froh gewesen um die frühzeitige Terminierung, andere hätten gefragt: «Hättet ihr nicht später entscheiden können?» Schülerinnen und Schüler haben Briefe in den Schulbriefkasten geworfen mit dem Inhalt: «Wir möchten ins Skilager gehen.» Wobei sie am ehesten flexibel sind: Jetzt freuen sie sich aufs Sommer­lager.Heute Mittwoch wird der Bundesrat aller Voraussicht nach Lockerungen beschliessen, Gesundheitsminister Alain Berset hat gar ein absehbares Ende der Corona-Massnahmen in Aussicht gestellt. Keel-Grüninger steht weiterhin hinter dem Entscheid, Skilager und Skitage abzusagen und in den Sommer zu verlegen. «Dann können hoffentlich wirklich alle Schulkinder das Lagererlebnis geniessen», sagt sie. Dahinter steckt auch die Hoffnung, dass Corona im Sommer wieder etwas weiter weg ist.Gemeinschaft auf der Piste in kalter BergluftDas Skilager, das in beiden Gemeinden obligatorisch ist, möchte aber auch Berneck möglichst im nächsten Winter wieder durchführen. «Ein Skilager bietet den Kindern Erlebnisse, an die sie sich meistens als Erwachsene  noch erinnern», sagt Samuel Hanselmann. Die Jüngeren sind oft erstmals so lange von den Eltern weg, auch ers­te Heimweh-Erfahrungen seien prägend. Das Skifahren und Snowboarden verlange Rücksicht, und das Zusammenleben in einem Haus gehe nur als Gemeinschaft. Den pädagogischen Wert, den ein Skilager bietet, heben alle Lehrpersonen, Leiterinnen und Leiter und Schulratsmitglieder, auch Mütter und Väter von Kindern, hervor. Auch deshalb, «um der zunehmenden Tendenz zur Indi­vidualisierung entgegenzuwirken», wollte Hanselmann die Skilager trotz grossem Zusatzaufwand (z. B. Pooltests und im Zweifel Nachtests). Er berichtet, dass die Schülerinnen und Schüler fast jeden Tag schönes Wetter genossen und dass er viele positive Rückmeldungen auf das Skilager erhalten habe. «... sie haben viele Kinderaugen zum Leuchten gebracht», liest Hanselmann am Telefon vor.

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