Andrea C. PlüssDas Jahr begann vielversprechend. «Januar und Februar waren zwei extrem starke Monate», sagt Martina Jenny, Geschäftsführerin der Atelier Jenny AG in Balgach. Es hätte das beste Jahr in der Geschichte des Familienunternehmens werden können, sagt die 36-Jährige. Fern und fast ein wenig unwirklich scheint diese Zeit heute, obwohl nur wenige Monate seitdem vergangen sind.Als am 4. Februar unsere chinesischen Kunden nicht zu der internationalen Messe Photonics West nach San Francisco einreisen konnten, hatte Martina Jenny zwar ein komisches Gefühl, war jedoch weit davon entfernt sich vorzustellen, dass Messen bald nirgendwo auf der Welt mehr stattfinden würden. «Die USA erlaubten Anfang Februar bereits die Einreise aus China nicht mehr. Wir dachten da noch, es sei so etwas wie die Vogelgrippe und bliebe auf Asien beschränkt», erinnert sich Martina Jenny. An der Photonics West hatte die Firma für mehrere Kunden die Messestände errichtet, unter anderem auch für die WZW Optik AG aus Balgach und die Süss Microoptics aus Neuchâtel.Viele Kunden aus der OptikbrancheDie meisten Kunden der Atelier Jenny AG stammen aus der Region Rheintal, dabei viele aus der Optikbranche. Zwei Kunden sitzen in China und Japan. Achtzig Prozent des Umsatzes generiert das Atelier Jenny im Bereich Messeplanung und Messebau sowie Events, zwanzig Prozent mit Beschriftungen und Dekorationen. Zwölf Mitarbeiter inklusive der Familienmitglieder sind beim Balgacher Messebauer beschäftigt. Bereits seit dem 13. März, als die Dimensionen des Coronavirus langsam ins Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung rückten, sind alle Mitarbeiter in Kurzarbeit. Anfangs habe man noch gedacht, Kurzarbeit im Rahmen von 50 % durchführen zu können, musste aber rasch aufstocken. Auch einen Covid-19-Kredit bean-tragte das Unternehmen, der allerdings bislang noch nicht angegriffen werden musste. «Noch haben wir ein Polster», sagt Martina Jenny, «aber das reicht nicht ewig.» Alle zwei Wochen tagt der Familienrat und gemeinsam wird die Situation beurteilt. Auch Bruder Reto Jenny (39), der als Consultant in St. Gallen arbeitet, wurde bei den Gesprächen einbezogen. Er habe einen etwas distanzierteren Blick auf den Betrieb, sagen die beiden Schwestern. Diskutiert wird unter anderem die Frage, private Mittel ins Unternehmen einzubringen. Eine Situation, die vor allem Martina Jenny belastet: «Ich finde es am schlimmsten, dass es Geld ist, das meine Eltern angespart haben. Sie haben immer gearbeitet, und jetzt soll die Firma nichts mehr wert sein?» Emotionalität bliebe bei einem Familienbetrieb eben nicht aussen vor. «Es geht um das Lebenswerk.» Andreas Jenny sagt: «Wir haben jetzt die Chance zu sagen: ‹wir ziehen das durch›. Dann verdienen wir ein Jahr nichts oder wir legen noch drauf, aber im nächsten Jahr geht es dann weiter.» Drei Projekte für Neukunden sind in Arbeit, zur Umsetzung kommen sie frühestens 2021 – wenn es hoffentlich wieder Messen geben wird.