20.02.2021

«Es gehört eine Portion Glück dazu»

Eine Landung bei Nebel sei ein «unnötiges Sicherheitsrisiko», sagt der Aviatikexperte Daniel Affolter.

Von tn
aktualisiert am 03.11.2022
Am Donnerstag ist ein Kleinflugzeug auf dem Bodensee abgestürzt, der Pilot konnte lebend geborgen werden. Aviatikexperte Daniel Affolter erklärt, weshalb der Anflug auf den Flugplatz Altenrhein zu den einfachsten der Schweiz gehört und wie es dennoch zu einem Unglück kommen kann.Inwiefern gilt der Anflug und das Landen auf dem Flugplatz Altenrhein als schwierig?Daniel Affolter: Es ist eher das Gegenteil der Fall. Es gibt wenige Flughäfen in der Schweiz, welche bessere Voraussetzungen haben. Es gibt keine Hindernisse, es ist übersichtlich und es gibt einen Kontrollturm, welcher die Piloten beim Anflug unterstützt. Ich kann mir eigentlich keine einfachere Landung vorstellen.Dennoch ist es zu einem Absturz gekommen. Das stimmt. Über die genauen Gründe für den Absturz kann zurzeit nur spekuliert werden. Vielleicht hat der Pilot die Lage falsch eingeschätzt oder eines der Instrumente hatte einen Defekt. Die Antworten auf diese Fragen liefert am Ende hoffentlich die offizielle Untersuchung.Welche Rolle haben die Wetterbedingungen gespielt? Die Rettungskräfte sagten aus, dass man auf dem Bodensee wegen des Nebels kaum die Hand vor Augen sah.  Das Wetter spielt immer eine grosse Rolle. Wie es am Donnerstag in dieser bestimmten Situation gewesen ist, weiss ich nicht. Aber für jede Art von Landung, ob auf Sicht oder mit Hilfe von Instrumenten, braucht es eine gewisse Sichtweite. Landen, wenn die Hand vor den Augen nicht gesehen werden kann, kann ich mir nicht vorstellen.Eine Landung wäre für Sie also nicht in Frage gekommen? Die genauen Wetterbedingungen vom Donnerstag am Zielflughafen Altenrhein kenne ich nicht. Das Checken der Wetterbedingungen am Zielort gehört aber zu jeder Flugvorbereitung.«Wenn am Ziel Nebel herrscht, ist von einem Start abzuraten - da riskiert der Pilot, gar nicht landen zu können, was wiederum ein unnötiges Sicherheitsrisiko darstellt.» Daniel Affolter, Aviatikexperte Der Pilot hatte schliesslich Glück im Unglück, er hat überlebt. Wie stehen die Chancen dafür? Beim Fliegen kann jeder Unfall tödlich enden, muss aber nicht. Es kommt immer auf die Umstände an. Es gehört aber sicher eine Portion Glück dazu. War es demnach ein Glücksfall, dass die Notlandung über Wasser passierte? Jein. Zum einen ist ein Anflug über Wasser schwieriger als über Land. Über Wasser ist es extrem schwierig, die genaue Höhe abzuschätzen, da Horizont, also Himmel und Wolken, und das Wasser optisch miteinander verschmelzen. Zum anderen gibt es auf dem Wasser weniger Hindernisse für eine Notlandung, aber der plötzliche Ruck beim Wassern ist gross und die eigentliche Gefahr für Verletzungen.Werden solche Notlandungen bei der Ausbildung trainiert? Über Wasser und über dem Gletscher eher nicht. Notsituationen werden aber auch nach der Ausbildung bei Kontrollflügen regelmässig geübt. Dazu gehört auch eine mögliche Notlandung.Der Pilot wurde schliesslich von den Rettungskräften aus dem Bodensee gerettet. Hat es in jedem Cockpit eine Schwimmweste? Das kommt darauf an, ob die Flugroute über Wasser führt. In der Schweiz sind die Binnengewässer eigentlich zu klein, als dass man nicht das Ufer erreichen könnte. Sobald man über Meer fliegt, ist eine Schwimmweste obligatorisch.

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