In den 1990er-Jahren begann die goldene Epoche der Ringerderbys in der Mannschaftsmeisterschaft. Das prägende Duell war das zwischen dem Kriessner Hugo Dietsche und dem Oberrieter Beat Motzer. Der mittlerweile 59-jährige Dietsche hatte 1984 in Los Angeles Olympia-Bronze gewonnen. 1992 setzte er sich in der Olympia-Quali noch gegen den sieben Jahre jüngeren Motzer durch, der acht Jahre später in Sydney Olympia-Vierter wurde.«Meist trafen wir aufeinander, wir kämpften in der glei-chen Gewichtsklasse», sagt Hugo Dietsche. Es war ein Generationenduell: Beat Motzer stand zusammen mit Urs Bürgler für den Aufschwung des RC Oberriet-Grabs; Kriessern, Serienmeister der 1980er-Jahre, wollte mit Spitzenringer Hugo Dietsche die Vormachtstellung bewah-ren. Nicht immer gelang das. Vor 20 bis 25 Jahren «waren viele Kämpfe auf des Messers Schneide», erinnert sich Dietsche.An ihre letzte Begegnung können sich Dietsche und Motzer nicht genau erinnern. «Beat hat in der letzten Saison in der Vorrunde und ich in der Rückrunde gewonnen», kramt Dietsche in seinem Gedächtnis. Vielleicht ist das auch die diplomatische Antwort, jedenfalls ist Motzer damit einverstanden.Am Nachmittag findet das Derby in der 1. Liga stattHugo Dietsche und Beat Motzer waren nach ihrer Karriere weiter für ihren Verein und das Ringen tätig. Beide als Trainer, Dietsche zuletzt in der ersten Mannschaft. Motzer war unter anderem im Kinderringen aktiv: «Alle Ringer, die jetzt in der ersten Mannschaft kämpfen, sind von mir ausgebildet worden», sagt er. Inzwischen ist Hugo Dietsche Technischer Leiter Spitzensport und Beat Motzer Trainer der zweiten Mannschaft. «Wir verfolgen das Derby nun aus der zweiten Reihe», sagt Dietsche.Beat Motzer hat gar schon am Samstagnachmittag ein Derby: Die zweite RCOG-Mannschaft kämpft in Einsiedeln gegen Kriessern II. Zuletzt gewann der RCOG gegen zwei Gegner, die Kriessern besiegt hatten. «Wir möchten uns für die Derbyniederlage der Vorrunde revanchieren», sagt Motzer. In der Premium League sind die Stärkeverhältnisse auf dem Papier klarer verteilt. «Wir werden wohl nicht gewinnen können», sagt Motzer übers bevorstehende grosse Derby. Dietsche äussert sich nicht so klar, aber: «Wenn beide ihre beste Mannschaft aufstellen, ist Kriessern sicher Favorit.»Beat Motzer spürt im Umfeld, dass das Kribbeln wieder beginnt: «Viele, die jahrelang nicht mehr an einem Ringermatch waren, sagten mir, ans Derby würden sie kommen.» Hugo Dietsche denkt, dass das Derby nach 14 Jahren Abwesenheit eine gewisse Zeit brauche, um sich wieder zu etablieren. An die Ambiance früherer Lokalduelle erinnern sich beide gerne. «Es herrschte eine viel bessere Stimmung als in anderen Kämpfen», sagt Dietsche. Motzer erinnert sich auch an Vorfälle, die «hoffentlich nicht mehr vorkommen».Rivalen auf der Matte sind Trainingskollegen«Die Rivalität soll auf der Matte ausgetragen werden», sagt Hugo Dietsche. Das war zwischen den beiden Vereinen nicht immer so. Ein Stück weit ist das wohl normal, weil beide in allen Belangen im gleichen Teich fischen. «Aber um das Ringen im Rheintal zu entwickeln», müssen wir zusammenarbeiten.Das wöchentliche Training des Regionalkaders ist ein Beispiel dafür. Es findet in Kriessern statt, der Leiter ist aber RCOG-Trainer Beat Motzer. Am Eingang zum Ringerzentrum im Kindergarten hängt ein Bild von Hugo Dietsche mit der Olympia-Medaille. Auf der Matte stehen Ringer aus Kriessern, Oberriet-Grabs, Tuggen, Weinfelden und Vorarlberg. Auch Flüchtlinge aus der Ukraine trainieren manchmal mit, «die sind immer gut». Das Kadertraining gebe den Ringern die Gelegenheit, mit Partnern auf höherem Niveau zu trainieren. Premium-League-Aufsteiger Oberriet-Grabs möchte sich mit weiteren Athleten vom Nachwuchs wieder in der höchsten Liga etablieren. «Die Derbys sind fürs Ringen und damit auch für die RS Kriessern erfreulich», sagt Hugo Dietsche.Der 43-jährige Ukrainer Andrii Vyshar erlebte seine Feuertaufe in einem Derby: «Vor 20 Jahren flog ich am Freitag in die Schweiz, am Samstag war der Kampf gegen Kriessern.» Der 43-jährige «Spielertrainer» des RCOG dürfte am Samstag der einzige Aktive sein, der schon mal in einem Derby gerungen hat. Kriesserns Internationaler Ramon Betschart kommt dagegen als 24-Jähriger zu seinem Debüt. Beim letzten Lokalduell war der zweifache EM-Medaillengewinner noch ein Bub, daran erinnern kann er sich nicht.Vor 14 Jahren punktete noch Nöldi Forrer für den RCOGDas letzte Lokalduell fand am 31. Oktober 2008 statt, Kriessern siegte in Oberriet mit 23:16, obschon Schwingerkönig Nöldi Forrer gegen Michael Bless vier Mannschaftspunkte für den RCOG holte. Alles andere als ein weiterer Sieg für Kriessern, wäre eine faustdicke Überraschung. «Es wird wohl nicht mehr so sein wie früher, als es im letzten Kampf zwischen Hugo und mir um den Gesamtsieg ging», sagt Beat Motzer.Noch nicht, denn die Aufbauarbeit, die auch er leistet, soll dazu führen, dass Oberriet-Grabs wieder ein Spitzenteam wird.