03.05.2021

Erste Forderungen nach Spital-Aus

Die Gemeinde Heiden und ein reaktiviertes Komitee sehen die Gesundheitsversorgung im Vorderland in Gefahr.

Von Jesko Calderara
aktualisiert am 03.11.2022
Zumindest eine Beruhigungspille gab es bei der angekündigten Schliessung des Spitals Heiden für das Appenzeller Vorderland. Die medizinische Versorgung sei auch künftig gesichert, betonte Gesundheitsdirektor Yves Noël Balmer. Der Gemeinderat Heiden teilt diese Einschätzung nicht. Er sieht die Grundversorgung des Vorderlands gefährdet. «Mit dem Wegfall des Spitals wird das Herz des Systems herausgerissen», sagt Gemeindepräsident Gallus Pfister. Für die Patientinnen und Patienten habe dies einschneidende Konsequenzen. So fehle für ambulante Behandlungen, für die bis anhin die Notfallstation aufgesucht werden konnte, ein alternatives Angebot.Gerade für kleinere Verletzungen hält Gallus Pfister eine regionale Versorgung für zwingend. «Eine Weiterleitung an die Spitäler in St. Gallen und Herisau wäre in solchen Fällen unverhältnismässig.» Als weiteren Verlust des medizinischen Grundangebots erwähnt Pfister die ambulanten Sprechstunden und die Röntgenmöglichkeiten. Letztere bietet keine Hausarztpraxis in Heiden an.Gemeinderat ruft Gremium ins Leben Nun hat der Heidler Gemeinderat erste Ideen, wie diese drohende Lücke geschlossen werden könnte. Als Kompensation für das Spital-Aus schwebt ihm die Schaffung eines multifunktionalen Ärztehauses oder Gesundheitszentrums vor – im bestehenden Gebäude oder an einer anderen Örtlichkeit. Ein solches könnte beispielsweise Allgemein- und Spezialärzte, Räumlichkeiten zum Röntgen und für die Physiotherapie sowie Labors umfassen. Auch ein 24-Stunden-Notfalldienst wäre denkbar.Der Gemeindepräsident plant nun die Einberufung eines Gremiums, welches in übergreifender Zusammenarbeit solche Ideen diskutiert und nach neuen Möglichkeiten sucht. Man erwarte dabei die Unterstützung und ein breites Engagement des Kantons und des Ausserrhoder Spitalverbunds, betont Gallus Pfister.Nebst der Gemeinde wird auch das Komitee «Zukunft für das Spital Heiden» nach 2017 wieder aktiv. SP-Kantonsrat Hannes Friedli und Hansjörg Ritter lancierten vor vier Jahren eine Petition und sammelten über 12000 Unterschriften. Nach der angekündigten Spitalschliessung wurde die Arbeitsgruppe diese Woche reaktiviert. Am ersten virtuellen Treffen haben mit Brigitte Mettler, Irene Bruderer und Othmar Kehl drei ehemalige Mitarbeitende des Spitals Heiden teilgenommen.Spitalgebäude soll weitergenutzt werdenDas Komitee wird sich vor allem mit der künftigen Nutzung des Spitalareals und der Gesundheitsversorgung im Vorderland beschäftigen. «Wir wollen vorwärtsschauen und versuchen, etwas zu erreichen», sagt Friedli. Unmittelbar Ende Jahr, nach der Spitalschliessung, erwartet er noch keine Engpässe in der Versorgung. «Solche könnte es geben, wenn Hausärzte pensioniert werden.» Bereits früher gibt es gemäss Friedli wegen der wegfallenden Röntgenabteilung Handlungsbedarf. Dorthin schicken jeweils die Hausärzte ihre Patienten. Auch die bestehenden Strukturen müsse man genau anschauen, sagt Friedli. So nutzt beispielsweise das benachbarte Betreuungs-Zentrum Heiden die Physiotherapie des Spitals.Die Arbeitsgruppe hat erst vage Ideen. Ihr schwebt vor, dass in Zukunft Teile der Spitalinfrastruktur als ambulantes Zentrum für Labors und zum Röntgen genutzt werden. Dadurch könnten einzelne Spitalmitarbeitende weiterbeschäftigt werden. Als Nächstes soll gemäss Friedli die Arbeitsgruppe mit zusätzlichen Personen aus dem Gesundheitsbereich erweitert werden, um die regionalen Bedürfnisse in der Gesundheitsversorgung zu evaluieren. Erst dann werden politische Vorstösse ein Thema.Ab dem kommenden Jahr wird es in Heiden keine Notfallstation mehr geben. Hingegen wird der ärztliche Notfalldienst weiter rund um die Uhr betreiben und kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn der eigene Hausarzt nicht erreichbar ist. Auch der überregionale Rettungsdienst bleibt am Standort Heiden, wie der Spitalverbund versichert. Im Vorderland beträgt gemäss Mediensprecher Alain Kohler die sogenannte Hilfsfrist in über 95 Prozent der Einsätze maximal 15 Minuten und liegt damit über den Vorgaben des Interverbands für Rettungswesen. Die Hilfsfrist besteht aus der Ausrückzeit des Ambulanzfahrzeuges inklusive der Anfahrt zum Patienten. Daran werde sich auch nach der Spitalschliessung nichts ändern, versichert Kohler.

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