Mit nur drei Stimmen Vorsprung bodigten die gegenüber dem Projekt kritisch Eingestellten die Ostumfahrung, wenigstens vorläufig. 141 stimmten für einen Antrag des Lüchinger Landwirts Christoph Schmid, die 1,1 Millionen Franken für die Projektierung der Strasse aus dem Budget 2022 der Stadt Altstätten zu streichen. 138 stimmten dagegen, also für die Planung.Angesichts des knappen Ergebnisses wollte Stadtpräsident Ruedi Mattle ein zweites Mal auszählen lassen. Doch dagegen erhob Rechtsanwalt Werner Ritter Einrede: Nachzählen könne man an einer Urnenabstimmung, aber nicht an einer Bürgerversammlung. Die Stimmenzählerinnen und Stimmenzähler hätten sorgfältig gezählt. Ausserdem könne eine wiederholte Abstimmung das Ergebnis verändern.Dies liess sich nicht von der Hand weisen, zumal 28 weitere Stimmberechtigte sich der Stimme enthalten hatten. Eine kurze Recherche der Stadtschreiberin zur Zulässigkeit einer Abstimmungswiederholung verlief ergebnislos. Der Stadtrat entschied dann nach kurzer Beratung, es bei dem Resultat zu belassen.Seinen Antrag hatte Christoph Schmid damit begründet, dass die Ostumfahrung nicht landschonend und bei einer Verkehrsverminderung beim Bahnübergang Grüntal um 20% auch zu wenig wirksam sei: «Die Staus werden nicht viel kürzer.» Vor allem aber stört sich Schmid daran, dass erst nach Vorliegen des Projekts das Mitwirkungsverfahren eröffnet wird – zu spät, wie er fürchtet, um noch über eine andere Linienführung zu reden. «Damit droht das Projekt dann an der Urne zu scheitern», warnte er. Ein weiterer Aspekt sind die erwarteten Kosten von geschätzt 30 Millionen Franken: Lehnt der Bund eine Beteiligung via Agglomerationsprogramm ab, käme man um eine Steuerfusserhöhung wohl nicht herum, denkt Schmid.Ruedi Mattle hielt dagegen, dass die Linienführung sehr wohl landschaftsschonend sei: «Näher an die Siedlung ran können wir nicht.» Und eine Verkehrsentlastung um 20% sei sehr wohl erheblich. Mattle wies im Besonderen auf den Schwerverkehr hin. Der Entscheid des Bunds zum Agglomerationsprogramm sei tatsächlich noch offen. Der Stadtrat hofft, dass der Bund etwa einen Drittel der Kosten übernimmt. «Wir müssen handeln – es ist höchste Zeit»Alfons Heeb warnte davor, den Budgetposten zu streichen. Das Industriegebiet entwickle sich erfreulich. Das bringe zwangsläufig mehr Verkehr. Wenn die Bahn dann aber den Halbstundentakt einführe, werde es am Bahnübergang noch viel ärger als heute. «Wir müssen jetzt handeln – es ist höchste Zeit.»Weitere Redner betonten, ebenfalls für den Bau der Ostumfahrung zu sein, sprachen sich aber anders als Heeb für den Streichungsantrag aus. Ziehe man den Mitwirkungsprozess vor, gehe nicht viel Zeit verloren, meinte Peter Amsler. Gleich sieht es Josef Willi: «Ich könnte mir vorstellen, dass es durchaus eine bessere Linienführung geben könnte.»«Sargvergoldung» für eine «Totgeburt»Novembrig düster brachte Gilbert Hutter seine Skepsis dem Ostumfahrungsprojekt gegenüber zum Ausdruck: 30 Millionen für 20% weniger Verkehr – ein solches Kosten-Nutzen-Verhältnis mache das Projekt zur Totgeburt, und die 1,1 Millionen für die Planung wären dann lediglich Sargvergoldung.Wie es weitergeht, ist offen. Stadtpräsident Ruedi Mattle interpretiert die Voten so, dass an der Ostumfahrung grundsätzlich festzuhalten sei. Gleichzeitig habe die Bürgerversammlung aber dem Stadtrat die Mittel dafür entzogen. Der Stadtrat werde nun erst das weitere Vorgehen beraten müssen. Ein Scharmützel am RandeDer Streit zwischen dem abgewählten Präsidenten des Museumsvereins, Werner Ritter, und dem amtierenden Vorstand wurde auch in die Bürgerversammlung getragen. Ritter wirft dem Vorstand vor, nicht rechtzeitig nach der Eröffnung eine Ausstellung bieten zu können, weil jener sich «die längste Zeit um alles andere als darum gekümmert» habe. Damit halte der Vorstand die Leistungsvereinbarung mit der Stadt nicht ein. Nach Ansicht Ritters hat der Museumsverein für 2022 keine Beiträge zugut, und die für 2021 von der Stadt bereits geleisteten seien zurückzufordern. Ritter stellte keinen Antrag auf Streichung des Budgetpostens, drohte aber mit Einrede auf Rechtswidrigkeit.Stadtpräsident Ruedi Mattle erachtet die Beiträge als gebundene Ausgabe. Ob eine Kürzung oder Streichung angezeigt sei, werde der Stadtrat erst klären müssen.Fredi Frei, Interimspräsident des Museumsvereins, sah sich zu einer kurzen Entgegnung genötigt. Er sprach von einem «persönlichen Rachefeldzug auf Kosten des Museums» und forderte Ritter auf: «Werner hör uf; los üs schaffa.»Die Bürgerversammlung stimmte danach dem Budget abzüglich der Planungskosten für die Ostumfahrung bei wenigen Gegenstimmen zu. Damit verbunden ist auch eine Steuerfusssenkung von 122 auf 119 %.Gutgeheissen bei lediglich einzelnen Gegenstimmen wurde der Kredit über 890000 Franken für das dreijährige Pilotprojekt zur Aufwertung der Altstadt.