13.09.2022

Ersatzwahl Gemeinderat Au: «Zusammenwachsen wäre ideal»

Antonio Cipolletta und Patrick Morger wollen in den Auer Gemeinderat. Am 25. September kommt es zur Wahl. Im Doppelinterview sprechen sie über Leute, Probleme und die Zukunft von Au und Heerbrugg und stellen sich vor.

Von Interview: Yann Lengacher
aktualisiert am 02.11.2022
Patrick Morger und Antonio Cipolletta sind zwei Auer Familienväter Ende dreissig. Beide haben einen Masterstudiengang abgeschlossen, die Fachhochschule Nordwestschweiz besucht, und arbeiten auf dem Leica-Areal: Morger als Elektroingenieur für Leica Geosystems, Cipolletta als Produktionslinien-Manager bei der Safran Vectronix AG. Beide sind sportlich: Morger ist begeisterter Mountainbiker und turnt beim STV Au, Cipolletta hat bis zur dritten Knieverletzung für den FC Widnau gespielt. Am 25. September wollen nun auch beide in den Gemeinderat von Au-Heerbrugg gewählt werden und somit die Nachfolge der scheidenden Gemeinderäte Ernst Brändle und Alex Frei antreten.Keine Frage, die Profile von Patrick Morger und Antonio Cipolletta gleichen sich. Doch im Interview offenbaren sich Unterschiede. Antonio Cipolletta, Patrick Morger, Sie haben viele Gemeinsamkeiten. Haben Sie schon Ihre Freizeit miteinander verbracht?Patrick Morger: Auch wir haben diese Gemeinsamkeiten festgestellt. Den Toni habe ich aber erst vor kurzem kennen gelernt. Viele Gelegenheiten für Treffen hatten wir noch nicht. Aber bei einem Bier sind wir sicher beide dabei. Wir sind doch gesellige Typen, oder?Antonio Cipolletta: Ja, absolut. Wir kennen uns erst von zwei, drei Parteianlässen. Aber vielleicht lernen wir uns über den Sport noch besser kennen – oder eben beim gemeinsamen Bier.Sie wohnen beide in Au. Was gefällt Ihnen besonders am Dorf?Antonio Cipolletta: Ich empfinde die Auerinnen und Auer als sehr offen. Seit ich vor einem Jahr von Widnau nach Au gezogen bin, hatte ich nie Mühe, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Das ist hier schon etwas leichter als in anderen Dörfern im Rheintal, wo es dafür etwas mehr Effort braucht.Patrick Morger: Ich sehe das auch so. Ich bin im Linthgebiet aufgewachsen. Mein Dialekt löste zu Beginn etwas Skepsis aus. Bei den Auerinnen und Auern verflog die aber schnell. Toll finde ich auch das Engagement der Auer Vereine. Sie tragen einen wesentlichen Teil zu einem lebendigen Dorfleben bei.Was gefällt Ihnen in Au weniger gut?Antonio Cipolletta: Die Verkehrslage. Eine Problematik, welche die Gemeinde auch angeht, zum Beispiel mit dem Bau der Fuss- und Velobrücke zwischen Au und Lustenau. Ich denke, dass die Rheintaler Gemeinden die Verkehrssituation in den kommenden Jahren verbessern werden. Ich würde mich freuen, da mitzuhelfen.Patrick Morger:Als Velofahrer spüre ich die Verkehrslage jeden Tag und kann darum Toni beipflichten. Wo ich ebenfalls Potenzial sehe, ist bei den Angeboten für Jugendliche. Berneck hat einen Pumptrack, Widnau eine tolle Sportanlage. In Au gibt es da zu wenig. Das Problem ist nicht ganz leicht zu lösen, weil es der Gemeinde an freien Flächen fehlt.Haben Sie eine konkrete Idee für ein Jugendangebot in Au?Patrick Morger: Ideen wären genug da, wohl auch einige illusorische! Spontan habe ich mal an eine stehende Welle zum Surfen gedacht. Die Gemeinde Au hat etwas Land am Rhein. Dies ist aber wirklich nur eine unausgereifte Idee. Man müsste schauen, was realistisch ist und welches Jugendangebot für die Gemeinde am meisten Sinn ergibt.Wie sieht Au-Heerbrugg in 20 Jahren idealerweise aus?Patrick Morger: Idealerweise wachsen Au und Heerbrugg noch mehr zusammen. Nach wie vor gibt es eine Trennung durch die Eisenbahnlinie. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass Au und Heerbrugg politisch mit anderen Dörfern eine Gemeinde bilden. Ich kann aber verstehen, dass es in der Vergangenheit Vorbehalte gegenüber Fusionen gab, weil teilweise historische Differenzen zwischen einzelnen Dörfern bestehen.Antonio Cipolletta: Es würde Sinn ergeben, die Administrationen von Au mit denjenigen von weiteren Dörfern zusammenzulegen. Ich bezweifle aber, dass das klappt. In vielen Gemeinden identifizieren sich die Leute sehr stark mit ihrem Dorf. Als erstmals eine Stadt Mittelrheintal zur Debatte stand, fühlte auch ich mich überrumpelt, weshalb ich das Nein an der Urne verstehen konnte. Schön wäre aber schon, wenn sich die Gemeinden in kleinen Schritten einander annähern würden.2019 lehnte die Bürgerschaft auch eine (unechte) Einheitsgemeinde ab. Für Sie die falsche Entscheidung?Patrick Morger: Aus meiner Sicht war das damals die falsche Entscheidung. Ich bin in Schänis aufgewachsen. Dort hat sich die Eingliederung der Schulgemeinde in die politische Gemeinde bewährt: Die Wege sind kürzer, der administrative Aufwand kleiner: Ich glaube, dass auch Au von einer Einheitsgemeinde profitieren würde.Antonio Cipolletta: Ich finde es schwierig, das aus heutiger Sicht zu beurteilen. Die Vorteile müssen meiner Meinung nach überwiegen. Vielleicht würde es sich lohnen, künftig nochmals auf das Thema zurückzukommen.Vor kurzem hat Au die 8000-Einwohner-Marke geknackt. Wie finden Sie diese Entwicklung?Patrick Morger: Wachstum ist ein gutes Zeichen. Das bedeutet, dass wir hier genug Arbeitsplätze haben und es der Wirtschaft gut geht. Klar kommen mit dem Wachstum auch Herausforderungen wie Mehrverkehr. Aber diese Probleme lassen sich lösen.Antonio Cipolletta: Ich finde, dass Au in einem gesunden Mass wächst. Die Gemeinde kommt mit der Schaffung von Infrastrukturen nach, gerade in Bezug auf die Schulen. Die Wohnungen schiessen sowieso wie Pilze aus dem Boden. Die Herausforderung liegt meiner Meinung nach darin, das ländliche Ortsbild von Au zu bewahren. In Heerbrugg wird es künftig wohl städtischer. Dort ist die Strategie für die Ortsentwicklung eine andere.Apropos Heerbrugg: Wie gut kennen Sie sich dort aus?Antonio Cipolletta: Ich wuchs in St. Margrethen auf, zog dann mit 20 nach Diepoldsau. Später wohnte ich kurz in Balgach, dann in Widnau und jetzt in Au. Ich war also immer in der Region präsent. So kenne ich doch schon einige Heerbrugger. Auch, weil ich seit 17 Jahren auf dem Leica-Areal arbeite und über den FC Widnau viele Fussballer aus Au und Heerbrugg kennenlernte.Patrick Morger: Vor dem Umzug nach Au wohnte ich während acht Jahren in Heerbrugg. Meine Frau und ich engagierten uns dort im Familientreff und kennen darum viele aus der aktiven Bevölkerung. Und ich turne im STV Au. Auch dort sind Bekanntschaften mit Menschen aus Heerbrugg entstanden.Mit Alex Frei und Ernst Brändle verlassen 40 Jahre Politikerfahrung den Gemeinderat. Worin sind Sie erfahren?Patrick Morger: In meinem Job als Elektroingenieur geht es oft darum, die beste technische Lösung zu finden. So bin ich darin erfahren, in Projekten pragmatisch und faktenorientiert vorzugehen. Ich war ausserdem fünf Jahre lang Präsident des Turnvereins Au und lernte dort erstmals, ein Team zu führen.Antonio Cipolletta: Ich bin in der Vectronix seit elf Jahren in der Projektleitung tätig. So habe ich mit unterschiedlichen Berufsleuten und Charakteren zu tun. Ich weiss, bei wem es die Samthandschuhe braucht und mit wem ich direkter sein kann. Im Team auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten ist darum eine Stärke von mir.Und welches ist die Eigenschaft, die Ihnen als Gemeinderat am meisten helfen wird?Patrick Morger: Ich bin ein guter Zuhörer. Um im Team geeignete Entscheide zu fällen, muss man einander zuhören. Wer permanent spricht, hat dafür keine Zeit.Antonio Cipolletta: Bei mir geht mit der grössten Stärke auch die grösste Schwäche einher: Ich bin ein hartnäckiger Typ. Wenn ich mir ein Ziel setze, arbeite ich konsequent auf dessen Erreichen hin. Aber ich muss manchmal aufpassen, dass ich die Menschen nicht überrumple. Ich übe mich darum noch in Geduld – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

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