Momentan ist der Industriepark Altenrhein praktisch voll ausgelastet. Eine bunte Mischung aus Unternehmen ist auf dem Areal tätig. Doch in absehbarer Zeit kommt es zu einem Einschnitt. Zwischen Ende 2019 und Frühling 2020 wird der Schienenfahrzeugbauer Stadler den Grossteil seiner Tätigkeiten im Industriepark ins neue Werk St. Margrethen zügeln, dessen Grundstein Anfang Juli gelegt worden ist. Am Standort Altenrhein wird dann mehr als die Hälfte der Fläche des ganzen Industrieparks frei.Stadler nutzt sein Werk im Industriepark als Kompetenzzentrum für Doppelstöcker des Typs Kiss. Aber auch Strassenbahnen, meterspurige Schienenfahrzeuge und Reisezugwagen werden hier gefertigt. Zudem beherbergt der Standort eine Engineering-Abteilung, die Dienstleistungen für die ganze Gruppe erbringt und auf Berechnungen und Zulassungen spezialisiert ist.Zwischen Neuausrichtung und Tradition
In Altenrhein hat Stadler gut 1000 Beschäftigte. Fast alle Arbeitsplätze werden nach St. Margrethen verlegt. Einzig die Aluminium-Detailfertigung und mit ihr 50 bis 70 Beschäftigte sollen in Altenrhein verbleiben. Stadler will so effizienter und produktiver werden, denn die Hallen in Altenrhein sind für die riesigen Wagenkasten nicht an allen Stellen genügend hoch und breit. Bis ein Wagen fertig montiert ist, muss er immer wieder verschoben werden, was Zeit und Geld kostet.Die anderen acht Firmen, die in Altenrhein im Industriepark eingemietet sind, haben zusammen rund 500 Mitarbeitende, also halb so viel wie Stadler Altenrhein. Es sind vornehmlich Zulieferer der Fahrzeugindustrie und Formteilhersteller wie Airex Composite Structures, die Pur-Tech AG oder die Strukturwerkstoffe Altenrhein AG. Dazu kommen Dienstleister des Industrieparks für den Betrieb der Kantine, das Facility Management und die Immobilienbewirtschaftung.Diese acht Firmen belegen eine Fläche von 21000 Quadratmetern, was drei Fussballfeldern entspricht. Mit Stadlers Auszug werden 25000 Quadratmeter meist zusammenhängende Flächen frei. Geplant ist, diese Flächen ab kommendem Frühling zu vermarkten. Betraut mit dem Dossier sind die Cristuzzi Immobilien-Treuhand AG, die Auwiesen Immobilien AG und die Helbling Beratung + Bauplanung AG. Eigentümerin des Areals ist ein Immobilienfonds der Swisscanto, einer Gesellschaft der Zürcher Kantonalbank. Swisscanto hatte das Areal im Jahr 2011 für 70 Millionen Franken einer US-Gesellschaft abgekauft.Im ersten «Informations-Update», das Helbling nun im Auftrag der Swisscanto publiziert hat, ist die Rede von einer «Neuausrichtung des Areals». Konkret ist geplant, nach Stadlers Auszug als bisher «prägendem Schlüsselmieter» mehrere andere Firmen als neue Mieter zu akquirieren. Im Gleichschritt will man das Areal als Ganzes aufwerten.Trotz Neuausrichtung: «Die Tradition des Areals soll möglichst erhalten bleiben.» Das bedeute, dass Swisscanto «weiterhin auf Unternehmen aus der Industrie und dem Gewerbe setzen» will. In einem ersten Schritt will man grosse Flächen an grössere produzierende Unternehmen vermieten. In einer zweiten Phase werden auch Interessenten mit geringerem Flächenbedarf angesprochen. Dazu zählt man lokale Betriebe ab einem Flächenbedarf von 500 Quadratmetern, technologieintensive mittelständische Unternehmen sowie Logistiker.Barbara Springer, Bauherrenberaterin bei Helbling, zeigt sich «sehr zuversichtlich», dass sich alle freiwerdenden Flächen vermieten lassen. «Es handelt sich um sehr grosse Flächen. Das findet man nur noch selten», spielt sie einen Standortvorteil aus. Zudem gebe es schon länger potenzielle Interessenten, und seit Stadlers Umzugspläne publik geworden sind, hätten sich noch weitere Unternehmen aus der näheren Umgebung gemeldet.Erste Mietflächen im Industriepark werden voraussichtlich ab Mitte 2021 bereitgestellt. Zuvor sind in den Hallen noch Instandsetzungsarbeiten erforderlich, die erst nach Stadlers Auszug vorgenommen werden können, weil das Unternehmen auf vollen Touren produziert. Punkto Aufwertung des Areals geht es laut Barbara Springer darum, eine Areal-Identität zu entwickeln. Dazu will man einen neuen Markenauftritt schaffen, die gemeinschaftlichen Services weiterentwickeln und das Areal besser erschliessen.Industriepark AltenrheinSeit 1997 ist Stadler Hauptmieter im Industriepark Altenrhein. Damals übernahm Stadler hier das Werk der Schindler Waggon Altenrhein samt allen 67 Arbeitsplätzen und bewahrte es vor der Schliessung. Am Ursprung des Industrieparks stand 1924 die Gründung der Dornier-Werke Altenrhein AG durch Claude Dornier. Damit die hier gebauten Flugzeuge abheben konnten, wurde 1927 der benachbarte Flugplatz in Betrieb genommen. Ab 1949 wurde Dornier zur Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein AG (FFA), und das Unternehmen begann, Bahnwaggons zu bauen. Dieses Geschäft wurde ein wichtiger Pfeiler der FFA, die 1987 an die Schindler Holding verkauft wurde. Zehn Jahre später sprang Stadler als Retter in der Not ein. (T. G.)