01.06.2021

Erfahrungen fürs Leben sammeln

Die Tradition, dass die Dorfjugend Besucher durch die Kristallhöhle führt, bleibt nach der Sanierung bestehen.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Seit Kurzem ist die Kristallhöhle Kobelwald wieder zu den üblichen Öffnungszeiten zugänglich. Speziell ist, dass die Besucher von Schülern, Lehrlingen und Studentinnen durch den 128 Meter langen begehbaren Teil der Höhle geführt werden. «Das hat eine lange Tradition», sagt Michael Graf, Präsident des Verkehrsvereins Kobelwald, der die Kristallhöhle führt. Schon er hat sich das Geld für sein Töffli vor rund 30 Jahren als Höhlenführer verdient. Genau das Gleiche macht heute der 14-jährige Mattia Stieger, einer aus einem rund 20-köpfigen Team von Höhlenführerinnen und Höhlenführern.Höhlenführer ist ein beliebter JobBesucher durch den Gang zu führen und ihnen dabei Wissen über die Kristalle und die Geschichte der Höhle zu erzählen, ist ein beliebter Job bei der Jugend im Berggebiet, respektive in der Gemeinde Oberriet. Entsprechend muss sich der Verein keine Nachwuchssorgen machen. Mund-zu-Mund-Propaganda oder ältere Geschwister, die schon dabei waren, helfen mit, dass sogar eine Warteliste besteht. Wer nachrückt, darf als sogenannter «Hamburger» mit einem der erfahrenen Höhlenführer, seinem «Götti», ein halbes Jahr lang mitgehen. Danach übernimmt er selber Führungen, zuerst noch begleitet von seinem «Götti», danach allein. Als Kassenwart amtet einer der älteren Höhlenführer, auch von ihnen sind vier im Einsatz, oft sind es Studenten, die so die Gelegenheit haben, nebenbei etwas zu verdienen. Ansprechpartner für Höhlen- und Kassenführer sind zwei Höhlenwarte. Diese beiden übernehmen Führungen unter der Woche, wenn die Jungmannschaft nicht abkömmlich ist und sie erstellen den Arbeitsplan. Dieser ist verbindlich, heisst, hat ein Führer einen anderweitigen Termin, muss er selber Ersatz suchen. Dasselbe gilt für die Sommerferien, in denen die Höhlenführer meist wochenweise im Einsatz stehen.Entschädigt werden die jungen Leute auf Stundenbasis, der Frankenbetrag entspricht dem Alter. So gibt es eine jährliche Lohnerhöhung, die Erfahrung der Dienstjahre schlägt auch finanziell zu Buche. Ebenfalls profitieren Höhlenführer und Kassenwarte vom Trinkgeld und erhalten eine Umsatzbeteiligung – quasi als dreizehnten Monatslohn. Fördert den Zusammenhalt unter den Jugendlichen«Der Job ist für die Jugendlichen in mancher Hinsicht eine wertvolle Erfahrung», sagt Präsident Graf. Neben Terminmanagement und Zuverlässigkeit lerne man auch, vor fremden Leuten zu reden. «Ich bevorzuge es, wenn die Besucher mit mir reden. Dann entsteht eine lockere Atmosphäre. Wenn niemand etwas sagt zu dem, was ich erzähle, fühlt sich das jeweils etwas komisch an», sagt die 14-jährige Höhlenführerin Ladina Roth. Können die Führer einmal eine Frage nicht beantworten, wissen möglicherweise die Kassenwarte Bescheid. «Wer mehr über Details wissen will, dem empfehlen wir, das Kristallhöhlenbuch zu kaufen», sagt Präsident Michael Graf augenzwinkernd und meint: «Natürlich könnten wir auch eine professionell gemachte Audiodatei abspielen, aber darauf verzichten wir bewusst.» Es sei wichtig, dass die Dorfjugend das Kulturgut Kristallhöhle mittrage. «Die Arbeit als Höhlenführer trägt zur Verwurzelung bei und gibt einen Zusammenhalt über die Jahrgänge hinweg. Damit davon auch noch weitere Generationen profitieren können, will man die Besucherfrequenz bei etwa 10000 pro Jahr stabilisieren. In der letzten Zeit lag sie jeweils um ein- oder zweitausend darunter.Umfangreiche InvestitionenAuf die diesjährige Saison wurde die Beleuchtung an die geltenden Normen angepasst und auf LED umgestellt. Anstelle des von Mäusen zerfressenen Kassenhäuschens wurde ein beheizbares Panoramahaus gebaut, zudem wurden die Toiletten saniert. So können künftig über die Saison hinaus, also auch nach Oktober und vor Ostern, zum Beispiel Apéros angeboten werden. Dabei hilft auch die neue Möglichkeit, Ess- und Trinkbares kühlen zu können, das mineralreiche Höhlenwasser, mit dem manch einer seine Trinkflasche füllt, gibt es natürlich auch weiterhin – Bad Kobelwies war einst ein beliebter Kurort, da diesem Wasser heilende Kräfte nachgesagt wurden. Damit auch immer wieder ein Anreiz besteht, die Kristallhöhle zu besuchen, werden laufend neue Ausstellungen platziert. Den Anfang macht ab Juli eine Fossilienausstellung mit Fundstücken aus der Region, insbesondere vom Semmelerberg. So wird die Dorfjugend wohl auch weiter die Gelegenheit haben, wertvolle Erfahrungen für das Leben zu sammeln und sich das Geld für ein eigenes Gefährt zusammenzusparen – gerade in der Bergregion eine nützliche Sache.Neben Führungen unter der Woche, für die man sich anmelden muss, kann jeder Interessierte an den Sonntagen von 11 bis 17 Uhr (während den Sommerferien täglich) spontan an einer der Führungen teilnehmen. www.kristallhoehle.ch

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