Sichtbar ist lediglich ein unscheinbarer Schaltschrank. Auffällig ist hingegen seine Farbe, ein sattes Orange, und das komplexe Innenleben. Hier geht eine sensible Datengewinnung vor sich. Das letzte grössere Beben, das am Standort Heerbrugg aufgezeichnet wurde, ist jenes vom 25. Oktober 2020, das sich mit einer Magnitude von 4,4 bei Elm ereignet hat.Die Starkbebenmessstation nahm im November 2015 ihren Betrieb auf, ein Jahr nachdem die sanierte und erweiterte Kanti eröffnet wurde.Station dient als BeobachtungspostenDie Starkbebenstationen, sogenannte «Akzelerometer», sind darauf ausgelegt, starke Bodenbewegungen aufzuzeichnen. «Je länger wir messen, desto mehr erfahren wir über das Verhalten des Untergrunds», lautet die Devise des Schweizerischen Erdbebendienstes, SED, an der ETH Zürich.Der SED ist die Fachstelle des Bundes für Erdbeben und betreibt beinahe 60 Starkbebenseismometer, um Erschütterungen in Regionen mit erhöhtem Risiko zu messen. Dazu gehört auch das Rheintal, das im schweizweiten Vergleich eine erhöhte Erdbebengefährdung aufweist.Geologie im Rheintal verstärkt ErdbebenwellenHier gibt es viele Gebiete, in denen sich die Erdbebenwellen aufgrund des weichen, sedimenthaltigen Untergrunds verstärken. «Die seismische Station in Heerbrugg liegt in einem solchen Gebiet», sagt Michèle Marti, Leiterin Kommunikation beim SED. «Die gewonnenen Messwerte liefern wichtige Informationen über das Verhalten des Untergrunds.» Starkbeben-stationen wie an der Kantonsschule sind vornehmlich in Siedlungsgebieten installiert und darauf ausgelegt, auch grössere Bodenbewegungen aufzuzeichnen, ohne zu übersteuern.Das Herzstück einer solchen seismischen Station bilde der Beschleunigungssensor, sagt Michèle Marti: «Es handelt sich dabei um ein hochempfindliches, elektromechanisches Instrument. Mit ihm lassen sich Bewegungen auch im Bereich von sehr kleinen, von Menschen nicht verspürten Bodenbeschleunigungen aufzeichnen.» Die Daten werden in Echtzeit dem Erdbebendienst an der ETH Zürich übermittelt und dort in einem ersten Schritt automatisch verarbeitet. Sobald das System ein Erdbeben erkennt, wird dieses auf der Website des SED publiziert. Die bisher grösste an der Heerbrugger Station gemessene Bodenbeschleunigung machte sich bemerkbar, als die Erde 2017 beim Urnerboden im Kanton Uri mit einer Magnitude von 4,6 bebte.Erkenntnisse helfen, erdbebensicher zu bauenWichtig sind die Daten, um Schadenpotenzial zu erkennen. Weil die Besiedlung immer dichter wird, stieg in den letzten Jahrzehnten tendenziell auch das Schadenpotenzial, das aus der Erdbebengefährdung resultiert. Die Schweiz kennt erst seit 1989 Normen für eine erdbebengerechte Bauweise. Aus diesem Grund müsse bei vielen, besonders älteren Gebäuden, davon ausgegangen werden, dass sie diesen Baunormen nicht genügen, was das Schadensrisiko ebenfalls erhöhe, sagt Michèle Marti. «Erdbebengerecht gebaute Wohn- und Geschäftsgebäude werden in der Schweiz für Erschütterungen ausgelegt, die an ihrem Standort durchschnittlich einmal innerhalb von 500 Jahren zu erwarten sind.» Das letzte Erdbeben, das in der Schweiz grössere Schäden verursacht hat, ereignete sich 1991 bei Vaz im Kanton Graubünden mit einer Magnitude von 5.Grundsätzlich treten in der Schweiz mehr kleine als grosse Beben auf. Die Anzahl der erfassten Mikrobeben ist in den letzten Jahren stark gestiegen, weil das Messnetz stetig ausgebaut wird und sich die Auswertmethoden verbessern. Der SED verfolgt die Strategie der Verdichtung des seismischen Netzwerks weiter und investiert in das nationale digitale Starkbebennetz.In diesem Zusammenhang werden weitere Bohrlochmessstationen an verschiedenen Standorten in der Schweiz realisiert. Eine dieser Messstationen ist im Saxerriet geplant. Das entsprechende Gesuch ist in Arbeit.