22.03.2022

Er ist den Tätern auf der Spur

Stefan Benz arbeitet beim kriminaltechnischen Dienst der Kantonspolizei St. Gallen. Langeweile kennt er nicht.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Bei Einbruchdiebstählen, Körperverletzungen und Raubüberfällen, bei schweren Verkehrs- oder komplizierten Arbeitsunfällen und natürlich bei Tötungsdelikten wird er zum Tatort gerufen: Stefan Benz. Der Diepoldsauer ist Daktyloskopie-Experte beim kriminaltechnischen Dienst der Kantonspolizei St. Gallen. Die Daktyloskopie ist ein Bereich der Kriminaltechnik, bei dem es um das Auffinden und Auswerten von Fingerabdruckspuren an Tatorten geht.Grundsätzlich spiele es keine Rolle, welche Spur zuerst gesichert werde. Wichtig sei, dass der Forensiker alle unterschiedlichen Spuren finde und sie anschliessend mit der am besten geeigneten Methode untersuche.Vielfältige Möglichkeiten bei der SpurensicherungDabei stehen dem 56-Jährigen und seinen Kolleginnen und Kollegen beim kriminaltechnischen Dienst viele Möglichkeiten zur Verfügung. Daktyloskopische Spuren werden mittels Einstaubverfahren sichtbar gemacht, digital fotografiert oder mit einer Spezialfolie vom Spurenträger abgezogen, um dann im Labor weiterverarbeitet zu werden. DNA-Spuren sind unsichtbar und werden dank des Instinkts des Kriminaltechnikers gesichert. Zur Sicherung von Schuhspuren kann ebenfalls die digitale Fotografie oder auch eine Spezialfolie verwendet werden. Eindruckspuren an aufgebrochenen Fenstern und Türen können mit einer Abformmasse gefüllt und nach dem Trocknungsprozess abgezogen werden. Ausserdem werden Spurenträger im Labor mit chemischen Mitteln behandelt.«Es gibt grundsätzlich kein Verbrechen, wo keine Spuren gefunden werden», sagt Stefan Benz, «dafür gibt es Tatorte, die von Spuren übersät sind.» Ebenfalls treffe er auf Tatorte, bei denen offensichtlich versucht wurde, Spuren zu fälschen.Vor gut 30 Jahren, im Frühling 1990, begann Stefan Benz seine Ausbildung bei der Polizei in St. Gallen. Danach wurde der Diepoldsauer der damaligen Verkehrspolizei auf den Stützpunkt Buriet zugeteilt, wo er für zehn Jahre Dienst leistete. «Für mich war die Forensik immer ein spannendes Fachgebiet innerhalb der Polizei», sagt der Vater zweier erwachsener Kinder. Als sich 2002 die Gelegenheit eines Wechsels bot, habe er sie wahrgenommen.»Seit 20 Jahren nun schätzt er die abwechslungsreiche Arbeit, die immer wieder Überraschendes bereithält. Einerseits bewirtschaftet Stefan Benz sämtliche gesicherten daktyloskopischen Spuren und DNA-Nachweise in allen ihm zur Verfügung stehenden Systemen. Andererseits rückt er während des Pikett- und Wochenenddienstes selbst an Tatorte aus, um Spuren zu sichern. Die Ergebnisse und möglichen Treffer gibt er an den Bearbeiter des jeweiligen Kriminalfalles weiter. Für Stefan Benz ist es auch nach vielen Jahren ein Traumberuf. Wenn er morgens zur Arbeit fährt, freut er sich auf das gute Einvernehmen in der Abteilung, ebenso wie auf neue spannende Fälle, die es zu bearbeiten gilt. «Da man nie weiss, was der Tag alles bringen wird, existiert im Alltag keine Langeweile», sagt er. Es sei befriedigend, wenn gefundene Spuren zugeordnet und somit die Täterschaft überführt werden könne.Frustrierend könne es sein, wenn trotz viel Mühe und grossem Aufwand keine erfolgversprechenden Spuren erarbeitet werden konnten oder wenn Täter überführt wurden, diese aber nicht greifbar seien und somit auch nicht zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Schwierig werde die Arbeit dann, wenn das kriminaltechnische Personal zu spät oder erst im Nachhinein aufgeboten werde. Und auch, wenn viele Personen den Tatort betreten und dadurch Spuren unkenntlich machen würden.Die Waffe des Forensikers ist die WissenschaftDurch US-Fernsehserien wie beispielsweise «Crossing Jordan – Pathologin mit Profil» oder den unzähligen Ablegern von «CSI: Den Tätern auf der Spur» hat die Kriminaltechnik auch in der Schweiz an Aufmerksamkeit gewonnen. «Die Serien sind teils sehr realistisch», sagt Stefan Benz, «viele Geräte, welche genutzt werden, stehen auch uns zur Verfügung.»Zu seinem Leidwesen gerät der Forensiker indes hin und wieder in Gesprächssituationen, in denen er gezwungen ist, Filmfiktion und Realität voneinander zu trennen. Der hochmoderne Bereich eines kriminaltechnischen Instituts ist eben keine Filmkulisse mit schicken Räumen und ausgefallenen Apparaturen, mit denen sich die DNA-Analysen in Sekundenschnelle vornehmen und mit einer weltweit aktiven Datenbank abgleichen lassen.«Die Aufklärung eines Falles dauert in Wirklichkeit länger, nicht wie im Film nur eine knappe Stunde», sagt der Diepolds- auer. Die in der Realität klare Aufgabenteilung innerhalb der Ermittlungsbehörden wird im Film oft aus spannungstechnischen Gründen ignoriert. «Wir sind keine Superermittler, die vom Labor direkt auf Verbrecherjagd gehen», sagt der Forensiker. «Die Waffe des Forensikers ist, wenn man so will, die Wissenschaft.»Besonders schöne Erlebnisse gebe es an den Tagen der offenen Tür, die die Kantonspolizei St. Gallen gelegentlich für die Bevölkerung veranstaltet. Dann begeistern die Spurensucher vor allem Kinder und Jugendliche mit ihren Zaubertricks, indem sie Fingerabdrücke sichtbar machen.

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