23.10.2021

Er designt Hemden und schreibt politische Lieder

René Grünenfelder führt ein Modelabel und macht Musik. Nächste Woche bringt der Rheintaler, der in Kriessern aufgewachsen ist, sein Débutalbum heraus.

Von Claudio Weder
aktualisiert am 03.11.2022
Es ist eine unschöne Szene, die sich am Flughafen abspielt: Eine Frau, soeben zurück aus den Ferien, klappt bewusstlos zusammen, gleich neben dem Gepäckband. Hektik bricht aus, sie wird reanimiert – während drüben, hinter der Zollkontrolle, davon niemand etwas mitbekommt. Ist das nicht seltsam? Ein halbes Dutzend Mal stellt sich Singer-Songwriter René Grünenfelder alias Mo Klé diese Frage in «Parallel Worlds». Der erste Song des gleichnamigen Albums, das am 29. Oktober erscheint, handelt vom Auseinanderdriften der Gesellschaft: «Wir leben in Parallelwelten, so weit auseinander wie Himmel und Hölle.»  Die verstörende Flughafenszene eröffnet den siebenminütigen Song. «Das Beispiel zeigt, dass wir nur flüchtig mit dem Schicksal anderer Menschen in Berührung kommen», sagt der 33-Jährige. Die Metapher lasse sich auch auf die Flüchtlingskrise übertragen, die ebenfalls Thema des Songs ist: «Meist erhalten wir nur über Bildschirme einen Einblick in die Lebenswelt dieser Menschen.» Ist das nicht seltsam?, fragt Grünenfelder nochmals. Eine Frage, die er sich oft stellt. Denn vieles, was auf der Welt passiert, stimmt ihn nachdenklich. In seinen Liedern nimmt er das Zeitgeschehen denn auch kritisch unter die Lupe. «Boomerang» etwa bezieht sich auf den Terroranschlag im Jahr 2017 in Manchester. Gewalt sei ein «idiotisches Spiel um Anerkennung», singt Grünenfelder. Politisch wird er nicht zuletzt in «Sonntagvormittag», dem einzigen deutschen Song des Albums. Darin bedauert er, dass es «die AfD leider immer noch gibt».Die Musik als zweites Standbein Die Musik ist sein kreativer Ausdruck – und sein zweites Standbein: Denn hauptberuflich betreibt Grünenfelder ein Label für nachhaltige Herrenmode, das Carpasus heisst. Von diesem kann er mittlerweile leben. Designt er gerade keine Hemden, ist er im Proberaum und arbeitet an Songs, spielt Konzerte oder macht Aufnahmen.  Seit drei Jahren ist Grünenfelder, aufgewachsen in Kriessern und heute in Zürich wohnhaft, als Mo Klé unterwegs. Zuvor hiess er René Greenfield, vor seiner Solokarriere spielte er als Gitarrist und Bassist in verschiedenen Rheintaler Bands. Wegen seines neuen Künstlernamens nennen ihn die Leute oft Mo oder Moritz. Doch eigentlich ist Mo Klé eine Anlehnung an «mot clé», was «Schlüsselwort» bedeutet. Ein Indiz dafür, wie viel Wert Grünenfelder auf seine Texte legt: «Ich will Geschichten mit Tiefgang erzählen, keine plumpen Hülsen.» Geschichten, deren Stoff er aus der grossen, aber auch aus seiner eigenen kleinen Welt bezieht. So enthält «Parallel Worlds» viel Politisches, aber auch Persönliches: Grünenfelder singt von der Liebe in Coronazeiten und von Selbstzweifeln. Die Texte trägt er mit einer Stimme vor, die hoch und nasal klingt, aber Charakter hat und berührt. Begleitet wird er von Gitarren, Bass, Schlagzeug und einer Hammondorgel, manchmal von einem Synthesizer.  Das muss reichen. Über das minimalistische Arrangement seiner Folksongs, die Ecken und Kanten haben, sagt er: «Ich wollte keine geschliffenen Popsongs produzieren, sondern einfach nur authentisch und menschlich rüberkommen.»Hinweis Am 19. November um 19.30 Uhr spielt Mo Klé in der «Wilden Möhre» in St. Gallen 

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