20.02.2022

Er bringt Altstätten ans Mittelmeer

Der 19-jährige Schauspieler Abdulsamed Brahovic dreht im Städtli einen Kurzfilm, der in Montpellier spielt.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 02.11.2022
Vom 22. bis 24. April werden die Gassen und einige Gebäude in Altstätten Schauplatz eines Films sein, den sich Abdulsamed Brahovic ausgedacht hat. Der 19-jährige Altstätter wird auch die Hauptrolle spielen, Regie führen und die Produktion übernehmen. Den Kameramann sowie die Schauspielerinnen und Schauspieler hat er bis auf die Statistenrollen gebucht, «die meisten kommen aus der Nähe», sagt er. «Einige Locations zum Drehen habe ich schon gemietet», sagt Brahovic, «was mir noch fehlt, ist eine Wohnung in der Altstadt.»Bekannt ist auch schon der Titel des 15- bis 20-minütigen Streifens: «Un Séjour à Mont­pellier», ein Aufenthalt in Montpellier. In der südfranzösischen Stadt am Mittelmeer hat Bra­hovic im letzten Sommer ei­nen Sprachaufenthalt absolviert. «Dort bin ich zu einem anderen Menschen geworden», sagt er. Das mediterrane Flair habe ihm geholfen, offener zu werden, auf Menschen zuzugehen.Darüber hat er ein Drehbuch geschrieben, Kolleginnen und Kollegen ermunterten ihn, da­raus einen Film zu machen. Er gab sich ein Budget von 3000 Franken, was aber nicht reicht. Den restlichen Betrag will er mit Sponsoren und allenfalls Förderbeiträgen decken. Die Schauspielerei in der Schule entdeckt«Mein langer Vorname ist eine Marke, weil er in der Schweiz sehr aussergewöhnlich ist», sagt der Jungschauspieler. Aber er kommt gut damit klar, dass er für seine Kolleginnen und Kollegen der Abdul ist.Dieser wurde vor 19 Jahren in Herisau geboren, wohin die Eltern während des Bosnien-Krieges geflohen sind. Mit seiner älteren Schwester ist Abdul Brahovic in Altstätten aufgewachsen. Er besucht die Fachmittelschule (FMS) an der Kantonsschule in Heerbrugg. Nach dem Abschluss im Sommer ist er vorbereitet für die Ausbildung zum Lehrer. Als Abdul Brahovic aber vor drei Jahren die Schauspie­lerei entdeckte, hat sich sein Berufswunsch verändert: «Ich möchte meinen Lebensunterhalt als Schauspieler verdienen.» Er müsse aber realistisch sein: «Bis dahin ist’s noch ein weiter Weg. In der Schweiz können nur wenige gut vom Schauspielen leben», sagt er. «Lehrer ist auch ein schöner Beruf, die Ausbildung gibt mir Sicherheit.»Unterricht bei Filmstars aus dem BalkanEr sei schon immer kreativ gewesen, sagt Abdul Brahovic. Als Kind sei er aber zu schüchtern gewesen, um sich zu produzieren. Im Sport hat er aber ein Betätigungsfeld gefunden. Kickboxen und Reiten sind zwei der vielen Sportarten, die Abdul Brahovic schon ausgeübt hat. «Im Fussball hatte ich früher Angst vor so vielen Kindern, deshalb ging ich zum Tennis», sagt er. Seit einem Jahr kickt Abdul Brahovic nun doch bei den A-Junioren des FC Altstätten. «Ich bin kein guter Fussballer, in die erste Mannschaft komme ich nicht», sagt er. Als Schiedsrichter dürfte er länger auf dem Platz stehen: Seit zwei Jahren leitet Abdul Brahovic Juniorenspiele in der Ostschweiz.Von der Schauspielerei hat er in den ersten 16 Jahren seines Lebens wenig wahrgenommen. Mit einer Theateraufführung in der Schule Wiesental hat sich dies geändert. «Ich war sofort begeistert von allem, was mit Film zu tun hatte», sagt er. Seither nimmt er Schauspiel- und Kommunikationsunterricht, seit letztem Jahr lässt sich Brahovic online von der Schauspielschule Prvi Koraci in Belgrad unterrichten. Seine Lehrerinnen und Lehrer sind Filmstars aus dem Balkan. Eine dieser Schauspielerinnen konnte Abdul Brahovic besuchen, als sie auf einem Festival in München aufgetreten ist.Bekannt aus «Deville» oder aus der Migros-WerbungAufmerksamen Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern könnte Abdul Brahovic schon begegnet sein. Er hatte schon «Edelstatisten»-Auftritte bei «SRF Deville» oder in der Mi­gros-Werbung. Im demnächst erscheinenden Kurzfilm «Alternativlos» spielt er mit, und zurzeit besetzt Brahovic eine Rolle im Forum Theater Zürich. Er sieht seine Zukunft jedoch eher vor der Kamera als auf der Bühne.Bei seinem eigenen Film ist Abdul Brahovic auch abseits der Kamera gefordert. Dass er Altstätten als Kulisse für sein Debüt wählt, ist eine Kostenfrage. «Mit den engen Gässchen lässt sich Altstätten zudem gut als Montpellier ausgeben», sagt er.Was Altstätten mit Montpellier verbindetÜberhaupt sei Altstätten eine schöne Stadt, die viel zu bieten habe, «gerade für den Ausgang mit seinen vielen Bars und Restaurants.» Unbescheiden sagt er, mit dem Kurzfilm wolle er deshalb auch Altstätten auf die Film-Landkarte bringen. Das könnte passieren, wenn  «Un Séjour à Montpellier» einschlägt. Gewiss ist: Abdul Brahovic bringt Altstätten ans Mittelmeer.

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