Bei frühsommerlichen Temperaturen war die Vorfreude der 750 Gäste auf den beliebten Wirtschafts- und Networkinganlass, der in der Aegetenhalle in Widnau stattfand, gross. Als die Teilnehmenden vom Apérobereich in die durch Licht und Teppichboden in sphärisches Blau getünchte Halle strömten, wich die Lockerheit einer erwartungsvollen Konzentriertheit. «Ich folgte dem gesunden Menschenverstand»Mit Spannung wurde Mark Schneider erwartet. Der Nestlé-CEO hat in St. Gallen und Harvard studiert und führt seit 2017 den weltweit grössten Lebensmittel- und Hundefutterkonzern mit global gut 276000 Mitarbeitenden. Respekt sei den Wifo-Machern zu zollen, so der 56-jährige Deutsch-Amerikaner, schliesslich habe man die Tagung mehrfach verschieben müssen, dann aber unbeirrt im Juni angesetzt. Derartige Entscheidungen zeugten von Führungsstärke in Krisenzeiten. Schneider verdeutlichte anhand eigener Erinnerungen aus der Zeit des Pandemiebeginns, wie seinerzeit unternehmerische Entscheidungen getroffen werden mussten und auf welcher Grundlage dies geschah. So machte er zu Hause gemeinsam mit seiner Frau einen Test, wie weit der eigene Atem reicht. «Dann folgte ich meinem gesunden Menschenverstand», sagte Schneider und liess daraufhin Masken für die Nestlé-Mitarbeitenden besorgen und installierte ein Krisenteam im Unternehmen. Heute, nach Corona und mit dem Ukraine-Krieg, ist sich der Wirtschaftsführer sicher: «Es gibt kein definiertes Ende dieser Krisen und keine nostalgische Rückkehr in das Jahr 2019.» [caption_left: Nestlé-CEO Mark Schneider. (Bild: Monika von der Linden)]Eine Neuerung beim Wifo erlaubte es, zu den jeweiligen Referaten elektronisch Fragen zu übermitteln, die Moderatorin Sonja Hasler vorlas und um Beantwortung bat. Souverän antwortete Mark Schneider auch, als es um das Nestlé-Mineralwassergeschäft ging oder die Belieferung der Ukraine und Russlands. «Das Versorgungsversprechen gilt für die ukrainische und die russische Bevölkerung gleichermassen», so der CEO. Unsicherheit ist ein ständiger BegleiterMit einem Film führten die Veranstalter den Überraschungsgast ein. Hätte es nur Ton gegeben und kein Bild, die Teilnehmenden hätten ihn rasch erkannt: Rufe wie «Gold, Carlo Janka gewinnt Gold!», oder das unvergessene langgezogene «Goooool» liessen nur einen Schluss zu: Als Überraschungsgast war Matthias Hüppi, Präsident des FC St. Gallen, angereist. Bevor er zum Ostschweizer Fussballclub gestossen war, moderierte der 64-Jährige von Mitte der 1980er-Jahre bis 2017 beim Schweizer Fernsehen unter anderem die Sendungen «Sportpanorama» oder «Sport aktuell». Gleich mit ihrer ersten Frage sprach Moderatorin Sonja Hasler einen wunden Punkt an: «Hast du es schon verdaut?» Mit «es» meinte Hasler die Niederlage des FC St. Gallen im Cupfinal vom 15. Mai. Die 1:4-Niederlage habe sehr geschmerzt, so der 64-Jährige, aber er versuche, sich möglichst rasch wieder auf die positiven Dinge zu konzentrieren. «Unsicherheit ist mein ständiger Begleiter.» Er treffe durchaus auch Bauchentscheide. So auch am 15. Mai, als er nach dem verlorenen Pokalfinale des FCSG in Bern auf den Platz stürmte, um vermummte Hooligans zu stoppen. «Es geht mir auch um die Reputation unserer Region. Das akzeptiere ich nicht. Das dürfen wir uns als Club und auch als Gesellschaft nicht gefallen lassen.»[caption_left: Aus Bern angereist: Bundesrätin Karin Keller-Sutter. (Bild: Monika von der Linden)]Als letzte Referentin sprach Bundesrätin Karin Keller-Sutter über Aspekte der politischen Führung in Krisenzeiten. Indem sie an den verstorbenen deutschen Altbundeskanzler Helmut Schmidt erinnerte, der Politik generell als Krisenmanagement verstanden hatte, hielt die Bundesrätin fest, sie finde den Gedanken interessant, «und zwar darum, weil gute politische Führung nach meiner Erfahrung gerade nicht von der Art der Lage abhängig ist». Zentral sei es, eine Entscheidung dann zu treffen, wenn es einer solchen bedürfe. «Es ist besser, unvollkommene Entscheidungen durchzuführen, als beständig nach vollkommenen Entscheidungen zu suchen, die es niemals geben wird.»3