07.06.2019

Eni isch a Wöschwiib

In meinem «aalta Läasibüachli», das ich in der Primarschule im «Oberied» ­benützen durfte, kommen Text und Bild aus heutiger Sicht recht deftig daher.

Von Christoph Mattle
aktualisiert am 03.11.2022
Christoph MattleDie Frauen werden im Lesebuch bös als Waschweiber dargestellt. Noch heute sagt man, eni oder eni sei a Wöschwiib. Man meint damit nicht, diese oder jene Frau wasche, sondern sie rede viel und unnützes Zeug. Sie sei a Rätschbäsi, a Schwätztanta. Es gibt viele Wörter für diese Art von Frauen. Ein Pendant für Männer kenne ich nicht, höchstens an Lafari, an Ploderi oder an Bralli, ein Angeber. «Mini ischt a Riibisa»Es ist wissenschaftlich belegt, dass es in der deutschen Sprache deutlich mehr negative und abschätzige Wörter für Frauen als für Männer gibt. Die zwei Frauen auf dem Bild benützen den Wöschzubar und das Wösch­bräatt, an dem sie die Wäsche reiben. In der Küche benützte die Frau ‘s Riibisa. Und wenn über die Frau schlecht geredet wird, nennt man sie a Riibisa. Meistens ist das die Sicht des Ehemannes. Er sagt dann: «Mini ischt a Riibisa.» Wahlweise kann er auch benützen: a Rääaf, a Häx, a Trucka, a Rimpfie, a Schachtla, a Zwäatschg. Für den Mann gingen etwa Glünggi, Lump, Sidian, Sukog oder an Hööseckil. Dass man vom «Mina» oder vo «Minnara» spricht, wenn man mini Frou oder mina Maa meint, ist heute eher selten. Im Oberied höre ich das noch oft.Kopftuch war üblichAuf dem Bild fällt das Kopftuch der Frau auf. Eher ungewöhnlich ist, dass die Frau rechts keines trägt, denn das Kopftuch war Usanz. Vielleicht war und ist es eben doch so, dass das Tragen eines Kopftuches als Zeichen des fraulichen Dienens und Duldens gewertet werden muss. Die Frauen kommen i mim aalta Läasibüachli – aus heutiger Sicht – generell eher schlecht weg. Da steht im Text das bekannte Lied von damals: «Zeigt her eure Füsse, zeigt her eure Schuh, und schauet den fleissigen Waschfrauen zu. Sie waschen, sie waschen den ganzen Tag. Sie hängen, sie essen, sie trinken, sie glätten, sie schwatzen.»Die abgebildeten Frauen sind recht stämmig, nach heutigen Modenormen sind sie sogar dick. Früher hätte man gesagt, es seien käachi Froue, ein Wort, das heute kaum noch Verwendung findet. Käach wäre wohl zu übersetzen mit stämmig oder euphemistisch mit vollschlank.«Am Saamstig kond d Goofa draa»Der Wöschzubar wurde am Samstag für d Goofa benützt. Alle steckte man der Reihe nach in das Holzbad, und der Dreck einer ganzen Woche und die Klattara wurden von der Moattar gfäagat. In vielen Familien benützte man das Wasser der Textilwäsche anschliessend als Badewasser für die Kliina. Und als selbstverständlich erachtete man, dass dasselbe Wasser für a paar Goofa gglangat häad. Junge Leute von heute wissen kaum noch, was ein Waschbrett ist. Und wir wussten da­-mals nicht, was ein Waschbrettbauch ist.

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