23.06.2020

Empathie ist unerlässlich

Sein ganzes Lehrerleben verbrachte Jürg Lutz an der Primarschule in Heerbrugg. Die letzten 23 Jahre als Schulleiter.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Kindswohl, Selbstwertgefühl, Empathie – die Begriffe nennt Jürg Lutz immer wieder. Engagiert und leidenschaftlich füllt er sie mit Bedeutung. Zeit seines Lehrerlebens appellierte er an Mitarbeiter und Eltern, sie mögen all ihr Handeln und Auftreten am Kind ausrichten.«Unsere Aufgabe ist, gesellschafts- und denkfähige Menschen ins Erwachsensein zu begleiten.» Es sei ernüchternd. «Wir haben zu wenige Schulleiter und zu viele Schulverwalter.»Erlebnis passte nicht zur WertvorstellungMit dem Hintergrund eines liberalen Elternhauses kam der Junglehrer 1977 aus Altstätten nach Heerbrugg und übernahm eine erste Klasse. Zwei der Buben lebten in keiner liebevollen Familie. «Das passte nicht zu meiner Wertvorstellung», sagt Jürg Lutz. «Die Erfahrung war brutal, sensibilisierte mich aber auch.» Jedes Jahr habe er Kinder unterrichtet, die er nachmittags aus geschützter Atmosphäre nach Hause entlassen musste.Er sagt es erneut: «Empathie, Kindswohl, Selbstwertgefühl. Sie gehörten im Lehrplan an oberste Stelle.»Auf dem Schreibtisch liegen von Kinderhand geschriebene Briefe. Mit herzlichen Worten des Dankes und der guten Wünsche verabschieden sich Schüler von ihrem Lehrer oder Schulleiter. «Das ist mein Lohn.»Lutz nutzte sein Talent, um einen Draht zu Kindern zu finden. Lernten die Schüler einmal am Boden, war der Lehrer auf ihrer Blickhöhe. «Ich habe bereits Projektunterricht erteilt und einen offenen Stundenplan geführt, als ich es noch nicht durfte.» Acht Jahre später gab es ihn offiziell.Als einer der ersten im Kanton St. Gallen hatte Jürg Lutz 1998 die Ausbildung zum Schulleiter absolviert. «Von Schulrat und Lehrerkonvent bekam ich einen Vertrauensvorschuss.» Sie ermöglichten ihm, an den drei Säulen der Schulleitung zu bauen: Jürg Lutz führte das Personal, entwickelte die Schule und leitete sie nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Als Schulleiter war der Lehrer nun für die ganze Primarschule Heerbrugg verantwortlich. Damals war die Schulgemeinde noch nicht mit Au fusioniert. So konnte Jürg Lutz auf mehr Kinder als zuvor Einfluss nehmen. «Das hat sich ergeben, war aber nicht mein Antrieb.»Der gesamte Lehrerkonvent streikteSchlagzeilen schrieb das Team um die Jahrtausendwende. Ohne den Schulrat informiert zu haben, und mit Rückendeckung des Schulleiters, traten alle Lehrer in den Streik. «Wir handelten nicht gesetzeswidrig, lehnten uns aber weit aus dem Fenster.» Damals prangte ein Transparent an der Fassade des Schulhauses Blattacker. Die Lehrer gaben bekannt, dass sie fortan unter anderem den Räbaliechtliumzug von der Agenda nehmen und die Schülerzeitung einstellen. «Wir befreiten uns von selbstauferlegten Aufgaben.»Auslöser waren vom Bildungsdepartement neu auferlegte Aufgaben. Die Lehrer sahen keine Unterstützung im Kantonalen Lehrerverband. «Wir haben in der Schule nicht die gleiche Hektik verbreiten wollen, wie sie viele Kinder zu Hause haben.»Seinerzeit war Hans Ulrich Stöckling Bildungsdirektor und er reagierte erbost. «Unternehmen gratulierten uns zum Mut und ich erhielt Bewerbungen aus der ganzen Schweiz.»Jürg Lutz hätte die Aktion den Job als Schulleiter kosten können. Er blieb. «Wir haben keine Schulgeschichte geschrieben.» Bereut habe er die Aktion nicht. Wiederholen würde er sie aber nicht. Nadine Tanner wird SchulleiterinAb dem Schuljahr 2020/2021 leitet Nadine Tanner die Schuleinheit Heerbrugg der Primarschulgemeinde Au-Heerbrugg. Nadine Tanner hat einen vierjährigen Sohn. Sie lebt mit ihrer Familie in Schachen bei Reute. Im Jahr 2006 schloss sie ihre Ausbildung zur Primarlehrerin ab. Fast 14 Jahre lang unterrichtete sie in Schulen der Stadt St. Gallen. Eineinhalb Jahre lang unterrichtete sie eine Integrationsklasse auf der Oberstufe.In den vergangenen zwölf Jahren war Nadine Tanner Klassenlehrerin von Fünft- und Sechstklässlerinnen im Schulhaus Grossacker, St. Gallen. Sie bezeichnet sich als spontan und flexibel, ist sportbegeistert und tanzt gerne. Die neue Schulleiterin nennt ein Ziel. Sie möchte, dass sich in der Schule sowohl die Kinder als auch die Lehrerinnen und Lehrer wohl fühlen. Die Gesundheit aller sei der «Motor der Schulmaschine».

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