22.11.2020

Einkaufstourismus hält sich in Grenzen

Rheintaler Geschäfte und Dienstleister spüren den österreichischen Lockdown nur bedingt. Am ehesten profitiert die Gastronomie.

Von Seraina Hess
aktualisiert am 03.11.2022
Seraina HessSeit Dienstag gelten bei unseren Nachbarn auf der anderen Seite des Rheins verschärfte Coronaschutzmassnahmen. Nachdem Restaurants und Hotels bereits seit dem 3. November wieder geschlossen sind, mussten nun auch viele Geschäfte sowie obligatorische Schulen den Betrieb einstellen. Ausserdem gilt eine Ausgangssperre: Der eigene Haushalt darf nur aus triftigen Gründen verlassen werden. Um Grundbedürfnisse zu decken, um zu arbeiten oder Angehörigen zu helfen sowie zur Erholung im Freien. In der rechtlichenGrauzoneSchwammig formuliert ist dabei aber, was tatsächlich als Erholung gilt und ob die Ausgangssperre an der Grenze endet. Denn natürlich lässt sich ein erholsamer Ausflug in die Schweiz mit einem Halt in einem Kleidergeschäft oder in einer Bücherhandlung verbinden. «Vieles ist noch offen, es besteht Klärungsbedarf», sagt Rainer Fitz, Pressesprecher der Landespolizei Vorarlberg. Die «Vorarlberger Nachrichten» berichteten allerdings schon am Freitag vom zunehmenden Einkaufstourismus in die Schweiz: «Wer die Gelegenheit am Schopf packt, schreitet ähnlich einem Schmuggler auf illegalen Pfaden. Denn die Ausgangsbeschränkungen enden nicht an der Staatsgrenze. Jene, die das Haus verlassen, um den Einkaufshunger zu stillen, müssen mit Strafen rechnen, falls sie kontrolliert werden.»Rheintaler Geschäfte spüren den Lockdown im Nachbarland bisher nur bedingt, wie mehrere Betriebe auf Anfrage bestätigen. Andreas Bühler, Pressesprecher von Migros Ostschweiz, sagt sogar: «Im Rheinpark sind bei den Euro-Umsätzen seit Dienstag keine Veränderungen festzustellen. Wir konnten auch sonst nicht beobachten, dass sich mehr Vorarlberger im Einkaufszentrum aufhalten als gewöhnlich.» Ähnlich sieht es Lukas Christen vom Coiffeurbetrieb Matrix Hair in Widnau. «Es gibt zwei, drei bestehende Österreicher Kunden, die nun einen Termin gebucht haben. Von einem Ansturm kann aber nicht die Rede sein. Doch was nicht ist, kann ja noch werden.» Der St. Margrether Coiffeur Roger Brunner glaubt derweil nicht, dass in den nächsten Tagen mehr Kunden aus Vorarlberg auftauchen werden: «Weil der Lockdown nur drei Wochen dauern soll, hält man es vielleicht auch ohne Coiffeurbesuch aus.»Fitnesscenter: Vereinzelte MonatsabonnementsWenige Neukunden verzeichnen die Fitnesscenter der Region. «Bei uns gab es ein paar Sportbegeisterte aus Vorarlberg, die ein Monatsabo gelöst haben», bestätigt Riccardo Danubio, Inhaber des Fitnesscenters Nöllen mit Standorten in Altstätten und Widnau. «Ich freue mich aber nicht wirklich darüber: Die Zeiten sind so unsicher, dass es auch in der Schweiz jederzeit wieder zu einer Schliessung der Center kommen könnte. Neukunden lösen ihr Monatsabo im Moment auf eigenes Risiko.» Gehofft, von den Umständen in Österreich zu profitieren, hat Inge Krasser, Inhaberin des TC Training Centers Heerbrugg. «Es wäre schön, es hätte ein paar Kunden mehr gegeben, doch tatsächlich können wir diese an einer Hand abzählen.»Während Fitnessstudios und das Gewerbe den österreichischen Lockdown nur bedingt spüren, profitiert die Gastronomie von mehr Gästen seit Anfang November, als über der Grenze Restaurants schliessen mussten. Das bestätigt Walter Tobler, Präsident von Gastro St. Gallen, und ergänzt: «Wir sind gerade jetzt froh um jeden Gast, ganz gleich ob Vorarlberger oder Schweizer.» So sieht es auch Lara Sieber, stellvertretende Geschäftsführerin der Widnauer «Habsburg». «Überrannt werden wir nicht, aber es ist an vielen Tischen vermehrt Vorarlberger Dialekt zu hören. Geschäftsleute treffen sich bereits am Morgen bei uns.»Mehr Schweizer essen in der Heimat auswärtsVon markant mehr Gästen im Oberrieter «Adler» spricht Daniel Wildhaber. Sein Speiserestaurant wird seit Monatsbeginn nicht nur von Vorarlbergern, sondern auch von Schweizern vermehrt besucht, die fürs Auswärtsessen nicht mehr über die Grenze fahren. «Viele sind übrigens erstaunt, dass die Preise praktisch identisch sind, sofern man mit einem gleichwerti-gen gutbürgerlichen Restaurant in Vorarlberg vergleicht», sagt Wildhaber. «Wir wiederum merken, wie viel Geld in die österreichische Gastronomie geflossen sein muss. Es ist schön, jetzt auch einmal zu profitieren.» Wie langfristig das sein wird, dürfte sich bald zeigen: Der österreichische Lockdown soll am 6. Dezember enden.

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