Im Eingangsbereich zum Sportplatz Kolbenstein in Montlingen ist ein Graffito zu entdecken. Auf diesem heisst es: «Hopp Muntlaga». Darauf ebenfalls zu sehen: Ein Feldspieler spielt einen Pass, ein Torhüter fängt den Ball im Sprung.
Diese zwei Spieler sieht man nachher auf dem Feld. Es sind Fabian Lüchinger, der Torhüter, und Nando, sein Bruder, der offensive Mittelfeldspieler. Er hat das Kunstwerk gesprayt.
Lüchingers sind eine sportliche Familie, beim Heimspiel dabei. Vater Norbert war früher bei Montlingen und Au-Heerbrugg, Mutter Denise ist Pilatestrainerin. Auch Sohn Noel, B-Junior, schaut zu. Nur Livio fehlt, auch er Fussballer. Er ist auf grosser Velotour.
Schon immer mit dem Skizzenblock
Nando, mit Jahrgang 1999 der Älteste der vier Lüchinger-Buben, macht nach der Sekundarschule eine KV-Lehre und schliesst sein Studium in Wirtschaft an der Fachhochschule St. Gallen mit dem Bachelor ab. Das Fach «Sport» hat er immer geliebt, mehr aber noch das Fach «Gestalten»:
Ich war stets mit dem Skizzenblock unterwegs, habe liebend gern gezeichnet. In der Lehre hat mir ein Kollege gesagt: Du lernst den falschen Beruf.
Der Kollege sollte recht behalten. Heute ist Nando Lüchinger hauptberuflich Graffitikünstler mit eigener Firma, eigenem Atelier und eigener Website. Dort finden wir eine ausführliche Dokumentation seiner Werke, und unter dem Stichwort «über mich» gibt es knappe Angaben zu seiner Person und die Stichwörter «Auftragssprüher – Querdenker – Montlinger». Diese Stichwörter übernehmen wir für dieses Porträt und beginnen mit dem letzten. Dazu sagt er: «Im Dorf habe ich einen schönen Freundeskreis.»
Montlinger
Natürlich ist er von Klein auf im FC, er spielt auch in U-Teams beim FC St. Gallen und ein Jahr im Team Rheintal-Bodensee. Mit 16 kommt er zum ersten Einsatz bei den Grossen. Stammspieler wird er aber nicht sofort. FCM-Präsident Dominik Sieber erinnert sich:
Lange kam Nando nur zu Teileinsätzen. Aber er hat die Geduld nie verloren, und heute ist er eine Teamstütze und für uns ein wichtiger Ansprechpartner.
«Kämpfen ist eine Montlinger Tugend», sagt Nando Lüchinger, «wir können uns aufeinander verlassen.» So spielt er: Leichtfüssig, geschickt am Ball, mit guter Übersicht. Und er geht keinem Zweikampf aus dem Weg. «Ich will alle Zweikämpfe gewinnen.» In diesem Match gerät einer etwas zu heftig und bringt ihm die gelbe Karte ein. An beiden Toren ist er beteiligt. Die Vorlage für das 1:0 durch Fabio Wörnhard, ein gefühlvoller Pass in die Tiefe, ist perfekt.
Trainer Thomas Koller sagt:
Er ist ein gradliniger, positiver, reifer junger Mann, der weiss, was er will. Der FCM bedeutet ihm alles. Schade, wäre er nicht in meinem Team.
Auftragssprüher
Mit fünfzehn kauft Nando die erste Spraydose und gestaltet die ersten Graffiti, an Güterwagen, in einem Tunnel, in den Ferien in Frankreich. Nicht erlaubt. Diese Zeit ist vorbei. Heute entwirft er das Graffito am Grafik-Tool, ist Daheim kreativ und fährt dann mit der ganzen Ausrüstung zum Arbeitsort. Mit Vorlage, Maske, Handschuhen und Klebeband sowie einer Auswahl an Spraydosen. «Nun setze ich meine Vorarbeit präzis um.» Er hat wohl an die tausend Spraydosen im Atelier.
Auf seinen Werken findet man den Namen «ArtAlbert». Das ist sein Künstlername. «Am Anfang meiner Tätigkeit wollte ich meine Werke nicht mit meinem Namen unterzeichnen. Albert war einer meiner Schulkollegen. Er ist so verewigt.»
Querdenker
Wechselt jemand von der Wirtschaft ins Sprayermetier, ist das schon recht quer. «Ich möchte nicht einfach das Normale tun. Ich bin offen für Neues.» In der Beziehung allerdings braucht er nichts Neues.
Meine Freundin Simona hat die gleiche Ausbildung wie ich, arbeitet bei der Stadt St. Gallen und unterstützt mich. Wenn sie zum Spiel kommt, gewinnen wir.
Am Sonntag war sie dabei.