Es ist der Montagmorgen nach der Auffahrtsbrücke. Die fünfzig Sechstklässler der Primarschule Balgach mögen sich freuen, noch immer nicht in die Schule gehen zu müssen. Den Tag verbringen die Schülerinnen und Schüler nämlich nicht im Schulhaus. Sie gehen auf eine Exkursion im eigenen Dorf – dorthin, wo sie sonst einen Teil ihrer Freizeit verbringen: in den Wald und ins Riet.Eingeladen hat sie die Ortsgemeinde Balgach. Seit mehr als fünfzehn Jahren widmet sie den jeweiligen Sechstklässlern einen ganzen Tag im Frühling. «Wir möchten, dass die Schüler ihre nähere Gegend genauer kennenlernen», sagt Präsident Albert Weder. Zu ihr gehört die Ortsgemeinde sowie das Land, das sie bewirtschaftet.[caption_left: Josef Benz (Revierförster der Rheintal Forst AG) erklärt den Balgacher Sechstklässlern, dass ein Baum nur wachsen kann, wenn er genug Platz hat.]Der Schultag beginnt im Wald. Die erste Station ist der Werkhof der Rheintal Forst AG. Hier erwarten die Kinder jene Menschen, die ihren Lebensunterhalt in der Natur erwirtschaften: Forstwarte, Förster, Jäger und einige Vertreter der Ortsgemeinde. Wir begleiten die Schülergruppe, die dabei zusehen darf, wie ein Baum gefällt wird.«Jeder Wald gehört jemandem», sagt Revierförster Josef Benz. «Diesen hier besitzt die Ortsgemeinde.» Egal wie gross die Fläche ist, alle Eigentümer haben die gleichen Rechte und Pflichten. Zu schauen, dass die Regeln eingehalten werden, sei eine seiner Aufgaben. «Ich bin auch ein Waldpolizist.» Heute ist Josef Benz Waldlehrer. Auf dem Weg zu der 100 Jahre alten Weisstanne, die gefällt werden soll, zeigt er den Kindern die Umgebung. «Was ist euch aufgefallen?», fragt er. Die Antworten sind so vielfältig wie der Wald: «Der Weg ist matschig. Man kann Sport machen. Es liegen viele Blätter auf dem Boden und hier stehen verschiedene Bäume.» Die Exemplare im Mischwald sind alle zwischen 120 und 140 Jahre alt. Sie bieten mit ihrem dichten Laubdach Schatten. Darunter ist es dunkel, es wächst kein Grün. Damit junge Bäume sich entwickeln können, benötigen sie Platz. «Man muss schauen, dass sie gute Bedingungen haben», drückt es einer der Schüler aus.Nicht mehr zu retten ist die Weisstanne. Sie ist tot. Mit Efeu bewachsen ragt sie etwa 25 Meter hoch in den Himmel. Pinke Sprühfarbe zeigt an, dass Nicola Heeb sie fällen soll. Der Forstwart im ersten Lehrjahr lebt in Schachen. Mit neun Jahren bekam er die erste eigene Motorsäge. Nun zeigt er den Schülern, wie er sie anwendet. Nicola Heeb erklärt jeden seiner Handgriffe und in welcher Reihenfolge er genau vorgehen muss. Bevor er die Motorsäge anwirft, überzeugt er sich davon, dass er alle Sicherheitsregeln einhält. Sie gelten für ihn selbst, für die übrigen Mitarbeiter, für Passanten und heute auch für die Schulklasse. Diese muss vom Baum mindesten 50 Meter entfernt stehen, die doppelte Stammlänge. Sollte dieser unerwartet in eine andere Richtung stürzen, landet er auf niemandes Kopf. Die Fallrichtung legt Nicola Heeb fest. Er sägt einen Keil (eine Faltkerbe) unten in den Stamm. Eine Seilwinde zieht an der Tanne. Sie stürzt in die vorgesehene Lücke abseits des Weges und zwischen die anderen Bäume.[caption_left: Nicola Heeb ist Forstwart im ersten Lehrjahr. Er hat vor den Augen der Schülerinnen und Schüler eine tote Weisstanne mit der Motorsäge gefällt.]Der Tag beschert noch mehr Erlebnisse. Die Schüler erfahren, warum im Wald ein Trinkwasserreservoir steht und was ein Jäger über Tiere weiss.[caption_left: Der Jäger erklärt den Unterschied zwischen einem Horn und einem Geweih.][caption_left: Ohne Munition, aber mit Scharfblick an der Jägerflinte.]Im Balgacher Riet besuchen die Kinder Bauernhöfe und lernen die Ortsgemeinde kennen.