24.05.2021

Eine unübersehbare Botschaft

Rheintaler Bauernfamilien legen Blühstreifen aus Wild- und Kulturblumen an, um die Biodiversität zu fördern.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Acker-Hundskamille, Leindotter oder Klatschmohn, aber auch Wiesen-Flockenblume, Koriander und Waldnelke hat Stefan Eugster mitten im Getreidefeld an der Eichbergerstras-se 34 in Altstätten gesät. «Bis die ersten Blüten zu sehen sind, wird es noch zwei Monate dauern», sagt der Landwirt. Er ist einer der 400 Bauern, die im Rahmen des Projekts «Die Schweiz blüht», über 500 Blühstreifen anlegten.«Blühstreifen sind farbenfrohe Mischungen aus Wild- und Kulturblumen», sagt Meisterlandwirt Mathias Nüesch, der gemeinsam mit seinem Bruder in Widnau ebenfalls die Biodiversität fördert. Die Samen werden im späten Frühling ausgesät und die Blumen blühen vom Sommer bis in den Herbst.Nützlinge und Bestäuber fördern«Bienen und andere Insekten bestäuben im Frühling und Frühsommer unsere Pflanzen», sagt Gerry Wicki, Bereichsleiter Landwirtschaft bei Rhyboot, «im Sommer und Herbst ist ihr Nahrungsangebot aber knapp.» Dann seien Wiesen, Bäume und landwirtschaftliche Kulturen verblüht. Um genügend Vorräte zu sammeln und ihren Winterschlaf gut zu überstehen, seien sie deshalb auf unsere Unterstützung angewiesen. Mit den Blühstreifen soll einerseits die Artenvielfalt gefördert werden, andererseits seien sie eine Botschaft, mehr für die Biodiversität zu tun, die nicht übersehen werden könne.«Es ist wichtig, dass die Biodiversität von der gesamten Bevölkerung gefördert und umgesetzt wird», sagt Gerry Wicki. In jedem Garten sei es möglich, etwas zu pflanzen und damit zur Artenvielfalt beizutragen, auch wenn es nur ein Quadratmeter ist.«Blütenstreifen bieten Bienen und anderen Insekten Futter und Lebensraum», sagt Mathias Nüesch. Auf ihrem Betrieb bewirtschaftet Familie Nüesch knapp zehn Prozent der Fläche als Förderfläche. Mit den Blühstreifen können sie ein zusätzliches Ökoelement anlegen, das die Vielfalt fördert. Sie hätten bereits letztes Jahr viele positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung bekommen: «Das freut uns sehr, wenn auch unsere ökologischen Leistungen anerkannt und geschätzt werden», sagt der 39-jährige Widnauer.Schädlinge natürlich zurückdrängen«Ich habe den Blühstreifen inmitten meines Brotweizenfeldes gesät», sagt Daniel Popp, Betriebsleiter vom Aachhof in Altstätten. Ziel sei es, verschiedene Nützlinge anzulocken, um mit deren Hilfe Schädlinge im Weizenfeld auf natürliche Weise zurückzudrängen. Es gehe ihm aber auch darum zu zeigen, dass die Landwirtschaft viel für die Ökologie unternimmt, «entgegen den vielfach negativen Schlagzeilen über die Agrarwirtschaft», sagt Daniel Popp, der seinen Betrieb vor einigen Jahren von der Milchviehhaltung zur Mutterkuhhaltung und zur biologischen Bewirtschaftung umgestellt hatte. Ob es eine Naturwiese mit weidenden Kühen ist, ein Mais- und Weizenfeld oder eine Ökofläche, in jeder Kultur verbergen sich Kleinstlebewesen, die zum Artenreichtum beitragen. «Alle Haus- oder Gartenbesitzer sollten sich fragen, ob sie selbst Gutes für die biologische Vielfalt unternehmen», sagt der Altstätter und nennt die unzähligen Kurzrasen und Steingärten als negative Beispiele.Ähnlich sieht es auch Stefan Eugster, der seit 2016 einen Bio-Knospe-Betrieb leitet. Seit ein paar Jahren verzeichne er mit dem Blühstreifen in seinem Getreidefeld Erfolge. Es wird weniger von Schädlingen befallen. Er schätzt die Biodiversität im Rheintal hoch ein und ist der Meinung, dass in Bereichen der Landwirtschaft Fördermassnahmen umgesetzt werden. «In allen anderen Bereichen der Schweiz werden sie vernachlässigt», sagt der 35-Jährige, «alle nicht landwirtschaftlichen Grundeigentümer können etwas dazu beitragen.»Bessere Zusammenarbeit gefordertDas Rheintal habe genug Biodiversitätsförderfläche, ist Mathias Nüesch überzeugt. Mögliche Verbesserungen gäbe es bezüglich der Qualität der Flächen und deren Bewirtschaftung.«Die Zusammenarbeit zwischen den Amtsstellen, den Umweltverbänden und den Landwirten muss verbessert werden», sagt der Widnauer, «Biodiversität wird nicht in den Amtsstuben und Büros der Umweltverbände produziert, sondern vor Ort.»Der Artenreichtum hat in den vergangenen Jahren an Qualität und Quantität eingebüsst, stellt Gerry Wicki fest. Verschiedene Ursachen haben dazu beigetragen, dass die Natur aus dem Gleichgewicht geraten ist. Es seien jetzt alle gefordert. «Nicht nur Blühstreifen sind wertvoll für summende und schwirrende Helfer, sondern auch mit einheimischen Pflanzen gestaltete Gärten und Balkone», sagt der 58-jährige Gerry Wicki. Selbst wer nichts säen möchte, könne die Artenviel-falt fördern und statt mit dem Auto mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren.HinweisWeitere Informationen unter: www.die-schweiz-blueht.ch/de.

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