23.12.2019

Eine Legende zur Heiligen Nacht

Die Pfarrei Widnau pflegt in der Heiligen Nacht um 22 Uhr einen alten Brauch: «Es lüütet am Steakaborawibli».

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Seit Jahrhunderten ist das Glockenläuten eine leicht verständliche und weitherum hörbare Form der Kommunikation. Erklingen irgendwo Kirchenglocken, werden die Menschen zum Gebet eingeladen, vor einer Gefahr gewarnt oder an ein historisches Ereignis erinnert.Läutet es in Widnau in der Heiligen Nacht um 22 Uhr, ist dies noch nicht der Ruf zur Christmette. Diese feiert die Pfarrei um 23 Uhr. Es ertönt allein die kleinste Glocke im Turm der Josefskirche. Das Ritual erinnert an den hellen Klang der ersten Glocke im Rheintal.Sie rief vor vielen hundert Jahren die Gläubigen im Gebiet des Reichshofs Lustenau zur Christmette. Der Glockenklang in der Heiligen Nacht erinnert an eine Legende. Sie besagt, dass nun das «Steakaborawibli» auf einem Hirsch, begleitet von lichttragenden Engeln, von Hohenems durchs Riet gegen Lustenau herunter reite. Vor der Zeit der Jakobuspfarrei gehörten die Widnauer, Auer und Schmitter Katholiken zum Reichshof Lustenau und mussten zu jedem Gottesdienst in die Pfarrkirche nach Lustenau.Ein frommes Edelfräulein ritt auf einem Hirsch vom Schloss Gloppen ob Hohenems durch Riet und Sumpf. Das Volk nannte sie «Steakaborawibli». Der Weg war mit Stecken ausgelegt. In jener Zeit gossen die Mönche im Kloster St. Gallen Glocken. Das Edelfräulein vom Schloss Glopper liess für ihre Untertanen in die Kirche von Lustenau eine Glocke mit silberhellem Klang giessen. Bald rief das feine Glöcklein die Gläubigen diesseits und jenseits des Rheins erstmals zur Sonntagsmesse. Auch nachdem in Hohenems eine Kirche gebaut worden war und in der Pfarrkriche Lustenau mehrere Glocken hingen, läutete in der Heiligen Nacht einzig die erste und kleine Glocke.Als der Weg für das «Stea-kaborawibli» beschwerlicher wurde, besuchte es nur noch zur Christmette die Pfarrkirche. In einer Heiligen Nacht läutete das Glöcklein während der Mette, ohne dass jemand am Seil gezogen hätte. In selben Moment erhielt die Gemeinde die Nachricht, das «Steakaborawibli» sei unterwegs gestorben.Den Brauch «Es lüütet am Steakaborawibli» pflegt die Pfarrei St. Jakobus als einzige bis heute. Sie hält sich damit an ein Versprechen, das die Bewohner des Reichshofes seinerzeit gaben. Sie wollten auf ewig jeweils eine Stunde vor Beginn der Christmette mit der kleinsten ihrer Glocken läuten.

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