18.07.2019

Eine Kantonsgrenze, die keine ist

Hat Eichberg klammheimlich den Kanton gewechselt? Eine neue Karte gibt das vor.

Von Meinrad Gschwend
aktualisiert am 03.11.2022
Die Frage nach Eichbergs Kantonswechsel stellt sich der aufmerksame Betrachter einer Karte, die kürzlich in alle Haushalte kam. Ein zweiter Blick auf diese Karte mit dem Titel «Gemeindeplan Altstätten-Eichberg» und auf die Legenden bestätigt klar: Zwischen Altstätten und Eichberg gibt es – zumindest auf diesem Papier – eine Kantonsgrenze.Kantonsgrenze mitten durch HinterforstEs handelt sich offenkundig um einen Fehler:  Strich-Punkt-Punkt-Strich, mit dieser Zeichenfolge ist auf der Karte gemäss Legende eine Kantonsgrenze markiert. Strich-Punkt-Strich wird für Gemeindegrenzen verwendet. Bei der Grenze, die zwischen Altstätten und Eichberg zu sehen ist, finden sich nach jedem Strich zwei Punkte. Das heisst, gemäss der Karte verliefe mitten durch Hinterforst, sogar durchs Dorfzentrum, eine Kantonsgrenze.Auch Flurnamen halten Prüfung nicht standDie Schweizer Kartografie hat weltweit einen erstklassigen Ruf. Was eine Schweizer Karte zeigt – vor allem, wenn sie von der Landestopografie stammt – ist korrekt. Exakt wie eine Schweizer Bahnhofsuhr. Wer hingegen im Ausland mit einer dort gekauften Wanderkarte unterwegs ist, muss sich unter Umständen gehörig umstellen: Nicht nur die Wegweiser, auch die Karten sind wesentlich ungenauer. Und wie sieht es mit den Karten aus, die – meistens versehen mit einer Fülle von Werbung – immer wieder breit gestreut werden und in die Haushalte verteilt werden?  Beim «Gemeindeplan Altstätten-Eichberg» werden nicht nur Grenzen, sondern auch zahlreiche Flurnamen aufgeführt.  Beim genauen Hinschauen merkt der Ortskundige rasch, dass es darunter Bezeichnungen gibt, die in Wirklichkeit nicht existieren. Beispielsweise «Hafenweid» am Gätziberg gibt es nicht. Da ist wohl der «Hafenwald» gemeint. Ein «Rormoss» besteht ebenso wenig, dafür gibt es ein «Rohrmoos».Strassennamen vertauschtFinde den Unterschied! Das könnte ja ein neuer Zeitvertreib für heisse Sommertage sein. Dabei wären auch jene Strassen zu finden, deren Bezeichnung verrutscht ist. So wird auf einem Kartenausschnitt, der Altstättens Altstadt zeigt, die Trogenerstrasse zum Gemüsemarkt, die Obergasse fälschlich zum Era-Graba und ein unbenannter Weg, der zur Gerbergasse gehört, hat irrtümlich die Bezeichnung Brendenbachweg erhalten. Karten liefern immer viele Informationen. Vergleicht man Karten aus verschiedenen Jahrzehnten, stellt man die rasante Veränderung fest. Karten bilden die jeweilige Realität ab, sie verschaffen Übersicht. Und können sich – in diesem konkreten Fall etwa mit Blick auf die angebliche Kantonsgrenze – als Aufforderung erweisen, auch gegenüber Karten kritisch zu sein. Papier nimmt ja bekanntlich alles an. Eine verrutschte Bezeichnung oder ein Punkt zu viel können aber ein völlig neues Bild vermitteln. Ein Bild, das mit der Realität nichts zu tun hat.

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