«Indem wir das Firmengebäude hier bauen, nehmen wir der Natur Platz weg. Diesen möchten wir ihr so gut wie möglich zurückgeben», sagt Tobias Schmidheini, Gründer und langjähriger Geschäftsführer der Microsynth AG. Er zeigt, was das Unternehmen aus dem Bereich Molekularbiologie macht, um einen Beitrag zur Biodiversität zu leisten.Der Parkplatz ist überwuchert von Pflanzen, dahinter stehen Wasserstellen für Fledermäuse und Vögel. Das Prunkstück ist jedoch das Flachdach: Dort finden sich nicht nur Pflanzen, sondern auch Holzkonstruktionen, die Vögel und Insekten Lebensraum bieten. Dazu gibt es Nistmöglichkeiten für Vögel, hauptsächlich für Mauersegler.[caption_left: Das Dach der Microsynth bietet Tieren und Pflanzen Lebensraum.]Es sei nicht nur das Gewissen, das Schmidheini zur botanischen Tätigkeit auf dem Firmengelände verleite, sagt er, sondern auch die Neugier. «Ich bin Biologe und forsche gern», erklärt er den Rundgang-Besuchern auf dem Dach, das auch eine schöne Aussicht bietet.Es sei einfach, der Biodiversität auf die Sprünge zu helfen, zumal ein begrüntes Dach nicht teurer sei als ein Kiesdach.[caption_left: Tobias Schmidheini sagt: Ein begrüntes Dach ist nicht teurer als ein Kiesdach.]Wenige Schritte von der Microsynth entfernt ist der Hauptsitz der Heule Werkzeug AG. Hier zeigt sich ein Gegenentwurf: Das Repräsentativgebäude ist umgeben von piekfein gepflegtem Rasen. Aus dem Blickwinkel der Biodiversität sei das nicht ideal, sagt Thomas Oesch (OePlan, Altstätten, und Verein Balger Natur), der den Rundgang thematisch leitet.Ulf Heule, der das Unternehmen führt und am Rundgang teilnimmt, erklärt das mit einem Spannungsfeld zwischen Geschäft und Idealismus, das sich hier öffne: «Wir haben viele internationale Kunden, ein sehr strukturiertes Gebäude und sind im Hightech-Hochpräzisionsbereich tätig. Da achten wir auch auf das äussere Erscheinungsbild des Gebäudes.» Ökologisch gut unterwegs sei die Heule AG aber trotzdem: Sie stellt durch eine Wärmepumpe und dank des Grundwassers ihre ganze Energie selber her und verursacht so keinen CO2-Ausstoss. Das Dach des Gebäudes ist fast vollständig begrünt.Und: Heule zeigt sich gegenüber den in der lockeren Runde ausgesprochenen Vorschlägen durchaus interessiert. «Hier entstehen also bald Bäume», sagt etwa Rolf Huber, Leiter der Fachgruppe Siedlung und Landschaft des Vereins St. Galler Rheintal und Gemeindepräsident von Oberriet.[caption_left: Das "Heule"-Dach (hinten), vom "Microsynth"-Dach aus betrachtet.]Ein kleineres Unternehmen ist die Mabag AG. Auch bei ihr führt der Rundgang vorbei. Robert Schär, Geschäftsführer des Schraubsystemherstellers, ist von den Pflanzen begeistert, die sein Areal umgeben. «Uns gefällt das einfach, es lebt hier draussen», sagt er. Er habe viel Freude, Schmetterlingen, Bienen und Vögeln Lebensraum zu bieten. Er tut dies mit einer Art Pflanzenwand vor dem Unternehmen, aber auch mit hohen Wiesen rundherum sowie einem begrünten Dach.In der Nähe ebenfalls zu finden ist eine blühende Blumenwiese. Sie gehört dem Unternehmen Weder Fensterbau – und ist eine Baureserve. Dieses erfreuliche Grün werde jedoch bald verschwinden, sagt Urs Lüchinger, Gemeinderat von Balgach: «Das ist eben das Schicksal von Baureserven. Schön wäre, würde auch hier ein begrüntes Dach oder eine andere Zone der Biodiversität entstehen.»Immerhin 35 Prozent der Fläche des Industriegebiets ist grün, zudem sind 50 Prozent der Dächer begrünt. Für ein 7,5 Hektar grosses Gebiet, auf dem knapp 400 Personen arbeiten, ist dies sehr beachtlich.[caption_left: Die Pflanzenwand vor der Mabag AG: Ein kleiner, grosser Beitrag zur Biodiversität.]Eine lebendige Blumenwiese befindet sich auch vor der Fehér AG – auch dies ist eine Baureserve, die vielleicht früher oder später einem Bau weichen wird. Sicher ist das bei der letzten Bauparzelle, die nicht Baureserve per se ist. Dort wird die Emil Nüesch AG eine Weinhandlung aufbauen. Die Parzelle liegt direkt am Gleis, entlang diesem auf der Nebenparzelle hinter der WWB AG eine eher ungepflegte Hecke zu finden ist.Daneben liegt der markante Glasbau der Novaron Architektur und Baumanagement. Hier sind schnell wachsende Säulenpappeln zu sehen. Sie seien klimawirksam, sagt Thomas Oesch, es bestehe hier aber durchaus noch mehr Entwicklungspotenzial – besonders, weil es am Fuss der Bäume nur Kies- und Betonflächen gibt.[caption_left: Markant und klimafreundlich: Die Säulenpappeln bei der Novaron AG.]Ein noch strengerer Bau ist der Hauptsitz der Hemag AG. Dort sei sehr gut gearbeitet worden, lobt Thomas Oesch. Der geometrische, markante Bau werde von den Bäumen, den Wiesen und dem Schilfband entlang der Fassade erheblich aufgelockert. «Hier sehen wir, dass auch bei Industriebetrieben ein Umdenken stattfindet und sie das Anliegen der Biodiversität ernst nehmen», sagt Oesch.Er führte zuvor bei der Balgacher Badi ins Thema ein. «Vielfalt ist günstig, Nichtstun reicht meistens schon», sagte er etwa, darauf ansprechend, dass ein biodiverser Garten nicht schwierig zu errichten sei. Und: «Ein Drittel der Arten in unserer Region sind bedroht. Das rüttelt auf.» Es sei Sache der Öffentlichkeit, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, besonders Bäume seien sehr klimarelevant.[caption_left: Thomas Oesch bei der Einführung: "Das Artensterben rüttelt uns auf."]Immerhin sei der Stellenwert der Biodiversität in den letzten Jahren enorm gestiegen. Dies auch, weil der Hitze- und Klimawandel auch die Unternehmen fordere. Ein gekühlter Arbeitsplatz sei mittlerweile Standard und es gebe verschiedene Möglichkeiten, dies zu erreichen. Zentral sei jedoch die Beschattung durch Bäume und andere Pflanzen.Auf dem Rundgang gab es verschiedene Meinungen, es entstanden interessante Gespräche, in denen auch Interessenkonflikte zur Sprache kamen. Keinen Widerspruch erfuhr jedoch Rolf Huber bei seinen einleitenden Worten. Er sagte: «Wir wollen keine reinen Steingärten mehr.» Diese zentrale Botschaft scheint, das zeigte der Rundgang danach, bei allen angekommen zu sein.