08.04.2020

Ein Wolf ist nicht unbedingt einer

In der Gegend des Harderwalds läuft immer wieder ein Hund frei herum, der einem Wolf verblüffend ähnlich sieht.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Max Tinner Kobelwies Sie konnten kaum fassen, was sie sahen: Als zwei Männer am Donnerstagabend letzter Woche von einem Haus in Oberkobelwies, wo sie mit Unterhaltsarbeiten beschäftigt gewesen waren, wegfahren wollten, lief ihnen beim Einbiegen in die Strasse ein Wolf in den Scheinwerferkegel des Autos! Sie fuhren ihm die Oberkobelwiesstrasse hinauf nach, um sich Gewissheit zu verschaffen, verloren ihn dann aber gleich einmal aus den Augen. Gerade einmal zwei Tage später wurde das Tier erneut beobachtet, wie es ums selbe Haus herumstreifte. Ein Foto von ihm zu machen, war in beiden Fällen nicht möglich. Ein solches hätte der Wildhut helfen können, die Sichtung zu verifizieren. Ohne Foto, Kotprobe, im Winter auch einer Spur im Schnee oder auch anhand der Art und Weise, wie ein Tier gerissen wurde, ist aber keine Bestätigung möglich.Es dürfte ein Wolfshund gewesen seinDas in Kobelwies beobachtete Verhalten wäre allerdings atypisch für einen Wolf. Einzeltiere sind in der Regel nicht ortstreu und zwei Tage später etliche Kilometer weiter. Auch dass ein Wolf in Siedlungsnähe, geschweige denn direkt an einem Haus, beobachtet werden könnte, wäre ungewöhnlich. Wildhüter Silvan Eugster hat denn auch wiederholt Meldungen aus der Gegend um den Harderwald bekommen, die er weniger auf einen Wolf, als auf einen wolfsähnlichen Hund zurückführt.Immer wieder seien sich Leute sicher, einen Wolf gesehen zu haben. Es gebe aber Hunderassen, die selbst Experten anhand lediglich eines Fotos nur schwierig von Wölfen auseinanderhalten können. Eugster nennt als Beispiel den Tschechoslowakischen Wolfhund. Die Rasse ist relativ jung und geht auf eine Kreuzung von Deutschen Schäferhunden mit Karpatenwölfen in den 1950er-Jahren zurück, mit der das Militär wintertaugliche Diensthunde züchten wollte. Auch Hunde reissen ReheSolche Hunde können leicht für Wölfe gehalten werden. Und Silvan Eugster geht davon aus, dass in der Umgebung des Harderwalds jemand eine solchen Hund hält.Selbstverständlich sollte ein Hund, egal welcher Rasse, nicht frei herumstreunen, besonders jetzt nicht, wo die Setzzeit der Rehe beginnt. Es kann jederzeit ein Wolf im Rheintal auftauchenEugster appelliert an die Pflichten der Hundehalter: «Jeder Hund stammt von einem Wolf ab – manch ein Hundebesitzer würde erschrecken, wüsste er, wozu sein Hund fähig ist, wenn er nur die Gelegenheit dazu bekommt.» Doch selbst wenn das beobachtete Tier in Kobelwies kein Wolf war: Grundsätzlich könne im ganzen Kantonsgebiet jederzeit ein Wolf auftauchen, auch im Rheintal, hält Silvan Eugster fest. Der Bestand um den Calanda habe mittlerweile eine Grösse, dass nie ausgeschlossen werden könne, dass ein Wolf die Gegend durchwandere. Und unweit der vermeintlichen Wolfssichtung von letzter Woche riss im Dezember 2018 tatsächlich ein Wolf innert weniger Tage zwei Schafe. Denkt man, einen Wolf gesehen zu haben, melde man dies dem in der Region zuständi-gen Wildhüter. Auch wenn keine Verifizierung möglich ist, wird dieser die Sichtung der Raubtiermonitoringstelle Kora weitermelden. Ist die Sichtung bestätigt, geht ein SMS-Alarm rausUnter Umständen fügt sich die Meldung in eine Reihe weiterer Meldungen ein, mit der eine Wanderroute eines Wolfs nachvollziehbar wird. Erst bei einem gesicherten Nachweis wird die Fachstelle Herdenschutz St. Gallen-Liechtenstein am Landwirtschaftlichen Zentrum in Salez informiert. Diese wiederum warnt die Viehhalter in der weiteren Region über SMS. Nicht einzeln, sondern über ein automatisiertes System, das der Kanton St. Gallen vor fünf Jahren entwickelt hat und das inzwischen von mehreren weiteren Kantonen übernommen wurde. Die Mobiltelefonnummern stammen aus den vorgeschriebenen Tiermeldungen der Bauern sowie Schaf- und Ziegenhalter. Auch im Rheintal gab es schon Alarme auf diesem Weg, unter anderem, als es zu den Schafsrissen in Oberriet kam. Natürlich sei man immer zu spät, wenn es bereits zu einem Riss gekommen sei, sagt Sven Baumgartner, der als Herdenschutzberater am Landwirtschaftlichen Zentrum Salez für das Alarmierungssystem zuständig ist. Weil der Alarm aber an die Tierhalter in der weiteren Region gehe, nütze er dennoch. Bei den Schafsrissen vor zwei Jahren bei Oberriet beispielsweise wurden die Bauern von Thal bis Trübbach sowie im Fürstentum Liechtenstein alarmiert, damit in der weiteren Region Schutzmassnahmen ergriffen werden konnten.HinweisDie im Rheintal zuständigen Wildhüter sind erreichbar über Telefon 058 229 00 51 (Mirko Calderara, Balgach abwärts) und Telefon 058 229 00 52 (Silvan Eugster, Rebstein aufwärts). Auf www.sg.ch/umwelt-natur/landwirtschaft/lzsg/Beratung/tierhaltung/Herdenschutz.html findet man Merkblätter zum Herdenschutz.

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