Mit vier Szenarien muss sich Jörg Köhler aktuell befassen: Pandemie, Hitzewelle, Flüchtlingswelle und Strommangel. Über Letzteres sprach der Chef des Kantonalen Führungsstabs am 14. Grenzgemeindetag am ausführlichsten.
Als einer von mehreren Referenten trat er vor Unternehmenden, Politisierenden und Behördenmitgliedern auf. Sie kamen aus dem St. Galler Rheintal, dem Fürstentum Liechtenstein und Vorarlberg. Am Anlass treffen sie sich jeweils für einen grenzübergreifenden Austausch. Die Hauptthemen der diesjährigen Edition: Energiemangel und Krisenbewältigung.
Der Chef des Kantonalen Führungsstabs wählte unmissverständliche Worte, um den potenziellen Schaden eines Energiemangels aufzuzeigen: «Das Rheintal befindet sich zwischen Salzburg, München und Lyon in einer der innovativsten Zonen weltweit.
Wenn wir hier einen Strommangel haben, sind wir, auf Deutsch gesagt, am Arsch.» Denn: Der finanzielle Schaden eines Strommangels wäre für Wirtschaft und Staat noch höher als derjenige der Pandemie. Und Köhler sagte: «Eine zweite Pandemie könnten wir uns nicht leisten.»
Es gelte, einen Energiemangel unbedingt zu verhindern. Der Kanton hat im August darum den Fachstab Energiemangel ins Leben gerufen, der das Szenario eines Energiemangels vorbereitet. Auch wenn ein Energiemangel gemäss Köhler nach wie vor unwahrscheinlich ist. Aber:
Das ist kein Grund, sich nicht vorzubereiten
Im Fall von Stromabschaltungen müssten die Behörden eine Vielzahl an praktischen Problemen lösen. Etwa: Wie kommt die Bevölkerung an Bargeld, wenn die Bankomaten nicht funktionieren? Köhlers Antwort: «Wenn die Banken keinen Strom mehr haben, funktioniert nur noch: Bargeld verteilen und ein Milchbüchli führen.»
Ebenfalls als tief schätzt er die Wahrscheinlichkeit eines Atomwaffeneinsatzes durch Russland ein. Zu klein sei der militärische Nutzen, als dass es sich für Wladimir Putin lohne, eine totale und jahrelange Ächtung Russlands in Kauf zu nehmen.
Mit erneuerbaren Energien gegen Stromknappheit
Gastgeberin am Grenzgemeindetag war die SFS Heerbrugg. So sprachen auch SFS-CEO Jens Breu und Peter Mayer, der «Head of Technical Services» des Unternehmens. Mayer stellte das Windenergieprojekt der SFS näher vor.
Mit dem Bau eines Windrads in Heerbrugg will die SFS einerseits der Energiekrise begegnen, und andererseits die erneuerbaren Energien ausbauen. Und die wird SFS brauchen, um die eigenen Ziele zu erreichen: «Bis ins Jahr 2030 wollen wir unseren CO2-Ausstoss um 90 Prozent verringern», sagte CEO Breu.
Das Windradprojekt hatte die SFS bereits im Sommer bekannt gemacht. Schon in zwei Jahren soll der Bau des ersten Windrads im Kanton beginnen. Peter Mayer zeigte sich zuversichtlich, dass dieser Fahrplan auch eingehalten wird. Wohl auch, weil Vorgespräche mit potenziellen Gegnern des Projekts – den Umweltverbänden und dem Landschaftsschutz – positiv verlaufen seien, wie er sagt: «Wir haben rausgespürt, dass sich die Umweltverbände an anderen Projekten mehr stören, als an unserem.» Wenn es in Heerbrugg nicht klappe, dann wahrscheinlich nirgends.
Ein Projekt weckt Wünsche im Vorarlberg
Zwischen den einzelnen Referaten konnten die Besucherinnen und Besucher Fragen stellen. Ein Herr wollte von Mayer wissen, warum sich die SFS denn nicht um den Bau eines Wasserkraftwerks im Rhein bemühe. Mayer antwortete:
Ich hätte nicht den Mut, ein solches Projekt unserem Chef vorzuschlagen.
Alleine aus Hochwasserschutzgründen wäre ein solches Projekt kompliziert.
Hoffnungen in das Windradprojekt der SFS setzt Daniel Zadra. Der Vorarlberger Landesrat glaubt, dass durch dieses auch österreichische Energieprojekte Rückenwind erhalten und sagt: «Spätestens wenn die Vorarlberger über den Rhein blicken und ein neues, glänzendes Windrad sehen, wollen sie auch eines.» Bisher herrschte in Teilen Österreichs eine Abneigung gegenüber der Windenergie.
Wie in St. Gallen steht auch in Vorarlberg, Tirol und in Salzburg noch keine Windkraftanlage. Dennoch sind die Ziele in Vorarlberg ambitioniert. Bis 2030 sollen dort 100 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen.