29.10.2020

Ein weiterer herber Schlag

Das Leiden in Kultur, Gastronomie und Vereinsleben setzt sich mit den verschärften Pandemiemassnahmen fort.

Virus Anlässe durchführen oder absagen? Die Unsicherheiten vieler Veranstalter haben sich durch die neuen Massnahmen des Bundesrates auf einschneidende Weise geklärt. Das Diogenes- Theater Altstätten hat alle Veranstaltungen bis Ende Jahr abgesagt. Per sofort, weshalb auch das Konzert «Goran Kovacevic Collective» morgen Samstagabend ausfällt.Der Entscheid tue weh, sagt Silke Tüxsen, Presseverantwortliche. Doch habe man in letzter Zeit vermehrt Verunsicherung bei den Besuchern gespürt, trotz Schutzkonzept sowie Maskenpflicht, die im Diogenes bereits nach der Som-merpause galt. Zudem können Künstler aus dem nahen Ausland nicht einreisen oder müssen danach in Quarantäne. «Unter diesen Umständen können wir die Besucher nicht mehr zu einem freudigen Erlebnis empfangen», sagt Präsident Michel Bawidamann. Die Wahrung der Gesundheit gehe vor. «Kulturbrugg» vorzeitig beendet Pascal Zäch, Inhaber des Kinotheaters Madlen in Heerbrugg, begrüsste am Mittwochabend das zahlreich erschienene Publikum zum Auftritt des Appenzeller Kabarettisten Simon Enzler (siehe Unteres Rheintal) und präsentierte sich sichtlich ergriffen: «Das ‹Madlen› ist ein Ort der Begegnung. So wie heute Abend treffen wir uns aber vorläufig zum letzten Mal.» Denn die neuen Massnahmen des Bundesrates würden auch das vorzeitige Ende des «Kulturbrugg»-Festivals bedeuten. Geplant gewesen war ein zweiter Auftritt von Simon Enzler und die Derniere mit dem ebenfalls aus Appenzell stammenden Marius Bear, erfolgversprechender Newcomer in der Schweizer Musikszene (die heute Freitag hätte stattfinden sollen). Die Tickets aus dem Vorverkauf werden nun zurückerstattet. «Erlaubt sind nur noch Events mit 50 Besuchern. Wir hatten im Vorverkauf schon bedeutend mehr Eintritte verkauft», sagt Zäch. Ein Anlass mit 50 Menschen sei aber nicht kostendeckend und zudem empfände er es als ungerecht, den Event mit einem Teil der Besucher durchzuführen und den anderen ausladen zu müssen.Mit einem blauen Auge davongekommen Immerhin konnte er die meisten Events des Festivals noch durchführen. «Von daher bin ich noch mit einem blauen Auge davongekommen», sagt Zäch. Wie genau er nun weiterfahren will, überlegt sich der Kulturanbieter zurzeit. «Es ist einfach unbefriedigend: Im Frühling verschoben wir die Auftritte in den Herbst und Winter und nun stecken wir wieder in derselben Situation.»Auch finanziell musste er bereits einen Umsatzrückgang von 50 Prozent hinnehmen, da gleich alle drei Standbeine, also Theater, Kino und Eventgastronomie, betroffen sind. Natürlich überlege man sich auch Alternativen, bespreche sich mit den Künstlern selber, denn am Schluss gehe es nur um eines: «Das Ziel ist, zu überleben.»Auch in Restaurants und Bars spitzt sich die Lage zu. In Altstätten sahen sich die Betreiber der Soirée Bar gezwungen, eine Pause einzulegen. «Vorübergehend geschlossen», heisst es auf der Facebookseite. «Der Kanton hat wegen Covid-19 Massnahmen getroffen, unter denen wir nicht rentabel arbeiten können.» Das Restaurant Schloss Weinstein in Marbach hat entschieden, die Öffnungszeiten im November zu reduzieren und beschränkt sich auf den Betrieb am Wochenende. «Dies ist die einzige Möglichkeit, die Personalkosten zu senken und so den Betrieb aufrechtzuerhalten», steht im Newsletter. Es seien die grossen Bankette, die in den Wintermonaten die Garanten sind, einen Regelbetrieb weiterzuführen. Doch wenn nur noch vier Personen an einem Tisch Platz nehmen und sich maximal 50 Gäste im Lokal befinden dürfen, werden Bankette abgesagt. «Das bedeutet für uns, dass das Weihnachtsgeschäft wohl ins Wasser fällt», sagt Pächter Friedrich Diener. Wein Berneck öffnet die Weinbar weiterhin täglich. Doch die Veranstaltungsreihe «Beflügelter Freitag» fällt bis Ende Jahr aus. «Es ist wieder ein Schlag gegen die Kleinkunst», sagt Ralph Heule. «Und gegen Menschen, die in der Kultur- und Gastrobranche ihren Lebensunterhalt verdienen.» Als Perspektive für hoffentlich bessere Zeiten sind Konzerttermine für das nächste Jahr bei Wein Berneck angekündigt. Daniel Thür, Betreiber der Bar Breite in Altstätten, sagt, die Sperrstunde um 23 Uhr sei eine Veränderung, die er auf jeden Fall zu spüren bekomme. «Die Gäste kommen normalerweise erst zwischen 21 und 22 Uhr.» Er wünscht sich, dass sich die Gäste nicht einschüchtern lassen und weiterhin die lokalen Betriebe unterstützen.Herbst ohne UnterhaltungenIm November wäre auch die Hochsaison der Vereinsunterhaltungen. Die Mehrzweckhallen im Rheintal sollten besetzt sein von Turnern und Musikanten. Doch die Absagewelle legt alle Vorbereitungen auf Eis. Der Musikverein Diepoldsau- Schmitter plante eine abgespeckte Unterhaltung – auch diese fällt aus. «Wir müssen im Freizeitbereich unsere Vorbildfunktion wahrnehmen», sagt Präsident Ivan Nett. «Jetzt stellt sich die Frage: Was ist nötig und auf was können wir verzichten?»Dem STV Au war bereits nach den Sommerferien klar, dass die Turnerunterhaltung, das Suuserfest, im gewohnten Rahmen nicht möglich ist. «Da wir frühzeitig die Entscheidung gefällt haben, war der Aufwand überschaubar und die Programmgestaltung können wir nächstes Jahr wiederverwenden», sagt Präsident Patrick Morger. Hin- und hergerissen zwischen Zuversicht und Bedenken über die Durchführung der Kirchenkonzerte war der Akkordeon-Club Altstätten/Berneck. Die Absage fiel schwer, steckt doch unermüdlicher Einsatz in gemeinsamen Proben und Vorbereitungen. Doch wenigstens herrsche nun Klarheit und Verständnis, so die Verantwortlichen. (hb/sb/rew/kla)

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