06.04.2021

Ein Trio kämpft um zwei Sitze

Steuererhöhung, Zentrumsentwicklung: Diese Positionen vertreten die Bewerber für den Heidler Gemeinderat.

Von Jesko Calderara
aktualisiert am 03.11.2022
Die Stimmberechtigten in Heiden haben am nächsten Sonntag die Qual der Wahl – nicht nur bei der Besetzung des fünften Kantonsratssitzes, sondern auch bei den Wahlen in den Gemeinderat. Nach dem Rücktritt von Vizegemeindepräsidentin Susann Metzger und Martin Engler entstehen im siebenköpfigen Gremium zwei Vakanzen. Mit Corina Nef, Stefan Züst (beide Lesegesellschaft Bissau) sowie Urs Weber (SP) kämpfen drei Kandidierende um einen der frei werdenden Sitze. Egal wer den Sprung in den Gemeinderat schaffen wird, die Gemeindefinanzen werden ein dominierendes Thema der nächsten Jahre sein. Gemäss dem Aufgaben- und Finanzplan steigt die Verschuldung der Vorderländer Gemeinde stark an, auch weil Grossprojekte wie die Dreifachturnhalle Gerbe anstehen. Für alle drei Bewerber ist eine Steuererhöhung kein Tabu, wie sie kürzlich am Zoom-Podium der Mitte Vorderland bestätigten. Weber verwies in diesem Zusammenhang auf frühere Finanzplanungen des Gemeinderates. Falls grössere Investitionen anstünden, sahen diese eine Erhöhung des Steuerfusses um 0,2 auf 3,9 Einheiten vor. Auch Züst glaubt, dass Heiden nicht um diesen Schritt herumkommen wird. Für Corina Nef wiederum stellt sich die Frage, wo es überhaupt Sparpotenzial gibt. Konkrete Ideen für den Kirchplatz sind vorhanden Weniger Gemeinsamkeiten gibt es beim Thema Zentrumsentwicklung. Der Gemeinderat hat dazu einen Masterplan erarbeitet, der verschiedene Projekte enthält. Für Urs Weber ergibt sich durch die Verlegung des Busbahnhofs die Chance, als nächsten Schritt einen offenen Kirchplatz zu gestalten. Seiner Überzeugung nach sollte dieser zu einem Treffpunkt mit Bewirtung und zu einem Spielplatz mit mobilen Geräten werden, der mit wenig Aufwand in einen Marktplatz oder in ein Open-Air-Theater verwandelt werden kann. Zwingend ist für Weber eine breite Ideenfindung in Form eines offenen Gestaltungswettbewerbs.          Hier knüpft Corina Nef an. Sie hält die Umnutzung des Kirchplatzes für einen guten Anfang. «Wichtig ist, dass man nicht nur architektonisch denkt, sondern auch überlegt, wie das Ganze belebt werden kann.» Hierbei sieht Nef die Zusammenarbeit mit dem Gewerbe im Dorf als zentral an, um noch mehr Geschäfte in den Dorfkern zu holen. Baulich gibt es gemäss der jungen Kandidatin der Lesegesellschaft Bissau im Bereich Kurpark und Seeallee grosses Potenzial in der Gestaltung der Grünflächen. «Mit einer geschickten Planung und bescheidenem finanziellen Aufwand könnte hier nicht nur den flanierenden Gästen und Einwohnern etwas fürs Auge geboten werden, sondern auch ein Beitrag zur Biodiversität geleistet werden.» Einen anderen Ansatz verfolgt Stefan Züst. Dazu skizziert er seine Vision für das Jahr 2050. Demnach wäre Mitte des Jahrhunderts Heiden Arbeits-, Begegnungs- und Erholungsraum für alle heutigen Vorderländer Gemeinden und somit das Zentrum einer fusionierten Grossgemeinde. Ihm schwebt vor, dass 2050 nur noch selbstfahrende Autos verkehren, die Ziele der Energiestrategie vollends umgesetzt sind und das Vorderland eine 2000-Watt Gesellschaft ist. Nebst der Zentrumsentwicklung steht zurzeit die Ortsplanungsrevision auf der Traktandenliste des Gemeinderates. Seit ungefähr fünf Jahren stagniert die Einwohnerzahl. Für Urs Weber ist Heiden eine attraktive Wohn- und Arbeitsgemeinde, die weiterwachsen wird. Mit der Förderung neuer Modelle wie Genossenschafts- und Mehr-Generationen-Wohnen könnte das Angebot an Wohnraum seiner Meinung nach bereichert werden. Ähnliche Ideen verfolgt Corina Nef. Es gebe einige leerstehende Gebäude, die etwa für genossenschaftliches Wohnen genutzt werden könnten. Um langfristig ein Bevölkerungswachstum zu erreichen, müsse Heiden vor allem junge Familien anziehen, sagt Nef. «Hier sehe ich in meinem Freundeskreis, dass vor allem zahlbare Einfamilienhäuser gesucht sind.» Für Stefan Züst ist Heiden als Wohnort, gerade auch für Familien, attraktiv. Dies zeigten die steigenden Schülerzahlen. Dazu trage das gute Schulsystem wesentlich bei, nebst all den anderen kulturellen und kommerziellen Angeboten im Dorf, sagt Züst.          Zumindest jenes Gemeinderatsmitglied, das als Nachfolger von Martin Engler das Präsidium der Kommission Standort und Kultur übernimmt, wird sich künftig vertieft mit dem Thema Tourismus beschäftigen. Urs Weber glaubt, dass die grosse Blüte von Heiden als Kurort vorbei ist. Die herrliche Lage bleibe aber ein Privileg. «Tagestouristen sollen sich wohlfühlen und Interessantes geboten bekommen.» In der Neugestaltung des Dunant-Museums sieht Weber diesbezüglich einen vielversprechenden Ansatz. In diese Richtung liessen sich auch andere Angebote ausbauen, zeigt er sich überzeugt. «Ob es weitere Übernachtungsmöglichkeiten braucht, hänge von dieser Entwicklung ab.»Konkrete Vorstellungen dazu hat Corina Nef. Durch die Pandemie und den vermehrten Verzicht auf Flugreisen seien Ferien in der Schweiz wieder gefragter, gibt sie zu bedenken. Ihr Traum ist es, einen schweizweit bekannten Tourismusanbieter wie die Jugendherberge oder Reka mit deren Stammgästen nach Heiden zu holen. Bei der Zielgruppe jungeFamilien als Feriengäste könnten Synergien durch die bestehende Infrastruktur und das Freizeitangebot in der Region genutzt werden, sagt Nef. Von Problemen oder gar einer Stagnation in diesem Bereich will Züst nichts wissen. Der Tourismus in Heiden sei sehr wohl in Schwung. Züst unterstreicht seine These mit der Zahl der Logiernächte, welche 2020 gestiegen ist. Weber kann nicht Schulpräsident werdenFalls es im Heidler Gemeinderat keine Rochaden gibt, werden im neuen Amtsjahr 2021/22 die Präsidien der Kommission Bildung, Jugend und Sport sowie wie erwähnt der Kommission Standort und Kultur frei. Dies wird insbesondere bei einer Wahl von Urs Weber relevant.        Als administrativer Schulleiter kann er das Schulpräsidium nicht übernehmen. Nach eigenen Angaben will Weber dies auch nach seiner Pensionierung in drei Jahren nicht tun. Einen Interessenkonflikt zwischen seiner beruflichen Tätigkeit und dem Gemeinderatsamt sieht der SP-Kandidat allerdings nicht – im Gegenteil. Es ergebe Sinn, dass das teuerste Ressort fachlich besonders gut vertreten sei, sagt Weber. Als Gemeinderat müsste er jedoch bei Entscheiden, welche die Schule betreffen, in den Ausstand. Weil die Schule Heiden seit 2009 per Globalbudget geführt wird, berät der Gemeinderat aber vergleichsweise selten schulische Vorlagen. Als Logopädin wäre Cornelia Nef prädestiniert als Schulpräsidentin. «Mit meinem Sachverstand im Umgang mit Kindern und Jugendlichen und deren Systemen könnte ich mich hier gut einbringen.» Wie Weber findet auch Nef die Kommission Standort und Kultur attraktiv. Dank ihres Engagements kenne sie die Bedürfnisse der Vereine aus erster Hand, betont sie. Der dritte Bewerber hebt derweil seine Offenheit hervor. Ein bevorzugtes Ressort habe er nicht, sagt Züst. Dank seiner Tätigkeit als Architekt und als Vater von vier Kindern in allen Altersstufen bringe er für beide erwähnten Ressorts gute Voraussetzungen mit. 

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