Als das Bläserquintett der Musikgesellschaft Konkordia Widnau die Segnung der neuen Urnengrabstätte eröffnete, war es nicht allein. Mehrere Dutzend Menschen trafen sich, um danach den Ausführungen über die Entstehung und die Funktionsweise des Kubus zu lauschen. Das zeigt: Christa Köppel liegt nicht falsch, wenn sie nach einem kurz vorgetragenen Exkurs über virtuelle Gräber sagt: «Ich bin mir sicher, die materielle Abschiedskultur erhält sich.»Die Gemeindepräsidentin sagte zuvor, die Trauerkultur ändere sich, sei heute individueller als früher. Die klassische Erdbestattung sei zwar kein Auslaufmodell, doch die Nachfrage nach Gemeinschaftsgräbern sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Widnau schaffte dem Abhilfe, indem es erst einen, dann einen zweiten Monolithen auf dem Friedhof installierte. Weil die je 48 Plätze dort rasch besetzt waren, musste die Gemeinde erneut über die Bücher.Sie entschied sich dafür, erneut mit der Monolith-Gestalterin Ingrid Tekenbroek zusammenzuarbeiten. Und diesmal etwas Neues zu schaffen. Damit war auch die Künstlerin einverstanden: «Eine Fortsetzung der Monolith-Bauten wäre ein schöpferischer Stillstand gewesen», sagte sie an der Segnung. Im Austausch mit der Gemeinde, den Kirchen und Hinterbliebenen entstand der Kubus. Dieser bietet Platz für 360 Urnenbestattungen. Und ist im Erscheinungsbild von Element zu Element ein wenig verschieden, individuell eben.«In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen»Die Individualität des Kubus zeigt sich in den Zylindern, die vor jedem Viereckchen des Werks zu finden sind. Was mit ihnen geschieht, steht den Hinterbliebenen der Verstorbenen frei. Mares Bächler wird das Steinstück mit nach Hause ins Freiburgerland nehmen. Sie hat kürzlich ihre Mutter verloren und ist glücklich darüber, nun immer eine Erinnerung von ihr bei sich zu haben. «Es ist sehr schön und ich bin dankbar, dass das möglich ist», sagte sie an der Segnung und der damit verbundenen Inbetriebnahme des Kubus.Passend zum Erscheinungsbild der neuen Grabstätte zitierte die evangelische Pfarrerin Silke Dohrmann das Johannes-Evangelium 14:2. «In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen», sagte sie. Die Pfarrerin wünscht sich, dass der Kubus zu einem Ort des sich Verbindens mit der Ewigkeit wird, ganz nach Johannes’ Worten des ewigen Lebens. Der Kubus-Zylinder ist ein ganz individuelles Stück dieser Ewigkeit.Patrik Brunschwiler, der katholische Pfarrer von Widnau, gedachte schon am Gottesdienst zuvor der Verstorbenen. Er zeigte sich glücklich über die neue Grabstätte: Der Kubus soll ein Ort des Trosts, der Hoffnung und der Zuversicht für alle Trauernden werden, sagte er, bevor er das Bauwerk segnete.