Gert BrudererCityEngine heisst das Programm, das etwa in «Blade Runner 2049» steckt, dem letztjährigen Renner mit Harrison Ford und Ryan Gosling. Las Vegas wurde für diesen Film mit der 3-D-Modellierungstechnik der Firma Procedural gebaut.Dominik Tarolli, der an der Kanti Heerbrugg die Handelsschule besuchte und in St. Gallen Betriebswirtschaft an der Fachhochschule studierte, förderte zunächst Jungunternehmen. Im Rahmen des Bundesprojekts Venture Lab arbeitete er sieben Jahre lang als Projektleiter. Schliesslich sagte er sich: «Irgendwänn sötsch äs denn glich emol selber mache.» Sprich, ein Unternehmen gründen.Gleich zu Beginn Pixar als Kunden gewonnenDas tat er zusammen mit sechs Kollegen im Jahr 2008. Der Zeitpunkt war nicht günstig, denn die Firmengründung fiel mit dem Ausbruch der Finanzkrise zusammen. Weil Investoren zu finden plötzlich viel schwerer geworden war, wurde das Businessmodell umgekrempelt und die erste Software schon verkauft, bevor sie auf den Markt kam. Aggressive Vermarktung wurde dies von startwerk.ch, der Plattform für Schweizer Start-ups, genannt.Dass man gleich zu Beginn Pixar als wichtigen Kunden gewann, war natürlich ein Glücksfall. Das Unternehmen des Disney-Konzerns, das mit den Trickfilmen «Toy Story» und «Findet Nemo» zu weltweitem Ruhm gelangt war, verwendete für «Cars» die Software aus Tarollis Haus. Das war eine hervorragende Referenz. Architekten, Städteplaner und Regisseure nutzten fortan das Programm, das ihnen völlig neue Türen aufgestossen hatte.Nach dem dritten Jahr, also 2010, war der Cashflow erstmals positiv, 2011 wurde das Start-up-Unternehmen dem US-amerikanischen Software-Hersteller Esri verkauft. Dem Konzern, der für seine Geoinformationssysteme bekannt ist, dürfte das Schweizer Jungunternehmen geschätzte 10 bis 15 Mio. Franken wert gewesen sein, wie die Handelszeitung schreibt. Das Magazin «Bilanz» hatte es als «fast unmöglich» bezeichnet, 2008 Investorengelder zu finden und meinte: «Dass Procedural trotzdem überlebt hat» und schliesslich vom Softwareriesen gekauft wurde, sei Tarolli zu verdanken. Dieser weist das Kompliment mit einem Lächeln von sich. Eine Gemeinschaftsleistung sei das gewesen, sagt er. Für Procedural waren zehn Personen tätig, inklusive das dreiköpfige Management, dem Dominik Tarolli angehörte. Nun lebt Dominik Tarolli mit seiner aus Rebstein stammenden Gattin Sandra Tarolli Lüchinger sowie den zwei Kindern (Aurel, 10, und Cecilia, 5) in Kalifornien. Dort hat der Altstätter Digital-Pionier, bei Esri Direktor des Bereichs «3D Geodesign Markets», Kontakt zu anderen Ostschweizern. Das sind etwa der Marbacher Daniel Graf, einer der wenigen Schweizer Spitzenmanager im Silicon Valley (bei Google, Twitter und zuletzt bei Uber), der aus Gommiswald stammende Dreamworks-Star Simon Otto oder der erfolgreiche St. Galler Sprachdienstleister Rinaldo Dieziger.«Ich bin Rheintaler», sagt Dominik Tarolli, der jährlich viermal die Schweiz besucht, davon zweimal auch Altstätten, wo seine Eltern Susanna und Peter daheim sind. Was er sich bei seinem Aufenthalt im Rheintal jeweils gönne, sei ein Cordon bleu im «Lindenhof». Die Erinnerungen, die ihn mit Altstätten verbinden, reichen bis tief hinab in die Juniorenabteilungen des Fussballclubs, bei dem er, bis er 16 Jahre alt war, ein Jahrzehnt lang spielte. Danach war er Handballer, Schlagzeuger in der Punkrock-Band The Pimples und Chefredaktor des einstigen lokalen Jugendmagazins «Pflasterstein». Die Wahl zum Bundesrat, meint Tarolli schmunzelnd, habe er mit jener Tätigkeit gewiss verwirkt.Dem Programm gelang weltweit der DurchbruchEin grosses Ziel sei es gewesen, die Procedural-Erfindung auf möglichst viele Rechner zu bringen, ihr weltweit zum Durchbruch zu verhelfen. Insofern habe Esri-Gründer Jack Dangermond Wort gehalten. Auch was den Esri-Standort Zürich angeht, wo die Zahl der Mitarbeitenden von 10 auf 50 erhöht worden sei.Nach dem Verkauf von Procedural hatte der Altstätter zunächst die Absicht gehegt, ein neues Start-up zu gründen. Heute ist er froh, das Esri-Angebot, in Kalifornien tätig zu sein, angenommen zu haben. Der Rheintaler, der gemäss seiner Langzeitvision im Winter gern in Kalifornien zu Hause ist und sich im Sommer in der Schweiz aufhält, ist aktuell mit einem spannenden Projekt beschäftigt. Nächstes Jahr soll ArcGIS Urban auf den Markt kommen, eine 3-D-Plattform, die es verschiedenen Anspruchsgruppen erlaubt, einen Dialog zu führen. Städte, Planer, Bürger, Investoren, Bauherren und Architekten können gemeinsam dreidimensional Entstehendes – zum Beispiel ein Gebäude oder einen ganzen Stadtteil – dank entsprechender Software beliebig entstehen lassen, beurteilen, ändern, Schritt für Schritt weitertreiben.Auch die Bürger, beispielsweise Nachbarn eines neuen Hauses, haben viel davon. Denn einen Bauplan zu lesen, fällt den meisten Laien schwer. Ein geplantes Projekt dreidimensional vor sich zu haben, eingefügt in die Umgebung, ist dagegen Anschaulichkeit, wie wohl jeder sie schätzt.