06.02.2020

«Ein strategischer Kauf»

Die Gemeinde will das Postgebäude kaufen. Eine Vorstellung über die künftige Nutzung hat der Gemeinderat aber nicht.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Max Tinner Im November ging die Marbacher Post zu. Nun steht der Kauf der Liegenschaft durch die Gemeinde zur Diskussion. In den aktuellen Gemeinderatsmitteilungen wird eine Abstimmung an der Bürgerversammlung vom 3. April angekündigt. Die Gemeinde hat sich mit dem Posthalterehepaar Freund auf einen Kaufpreis von 1,4 Mio. Franken geeinigt. Dafür bekäme die Gemeinde ein 2134 Quadratmeter grosses Grundstück an zentraler Lage.Esther und Christian Freund planen, im Gehren zu bauen, wie der langjährige Posthalter sagt. Die Posthalterwohnung im Obergeschoss würde damit frei und könnte vermietet werden. Für die Posträume im Erdgeschoss seien die verschiedensten Nutzungen denkbar, sagt Gemeindepräsident Alexander Breu. Fix ist nix: Weder habe der Gemeinderat eine künftige Nutzung festgelegt, noch lägen Anfragen von Interessenten vor. Denkbar sei auf der Fläche von rund 200 Quadratmetern Verschiedenstes: «Ein Treuhandbüro, eine Anwaltskanzlei oder sonst ein Büro, ein Laden …», kommt Alexander Breu auf die Schnelle in den Sinn.Einer der wichtigsten Standorte im DorfObwohl der Gemeinderat – abgesehen von einer nicht näher definierten gewerblichen Nutzung – keine konkrete Vorstellung über die künftige Verwendung der Posträume hat, macht er für den Kauf strategische Gründe geltend. Die Liegenschaft liege zentral, an einem der wichtigsten Standorte im Dorf, hält der Gemeindepräsident fest.Mit dem Kauf der Post würde Marbach immerhin dasselbe machen, was viele Gemeinden im Rheintal taten, wenn die Post Poststellen schloss. Praktisch immer wurde der Kauf mit strategischen Gründen gerechtfertigt. In manchem Fall waren sie allerdings ein wenig konkreter als jetzt in Marbach.So hoffte der Gemeinderat von Eichberg, die Poststelle erhalten zu können. Die Strategie ging allerdings nicht lange auf. Die Post ging trotzdem zu, und die Gemeinde verkaufte das Haus wieder. Eine Zeit lang war der ehemalige Schalterraum danach noch eine Anwaltskanzlei.In Rebstein wiederum ging es nicht nur darum, die Liegenschaft zu kaufen, damit der Post ein langfristiges Mietverhältnis angeboten werden kann: Mit dem Kauf des direkt neben dem Rathaus gelegenen Hauses wollte sich die Gemeinde auch die Durchfahrt zwischen den Gebäuden sichern. Ausserdem sah der Gemeinderat die Möglichkeit, die Gestaltung des Dorfkerns selbst in die Hand nehmen zu können, sollte sich einmal eine bauliche Entwicklung aufdrängen. Deswegen hat die Gemeinde ein paar Jahre später, als sich die Gelegenheit bot, gleich noch eine weitere Liegenschaft neben der Post gekauft.Die Poststelle selbst konnte aber auch der Rebschter Gemeinderat nicht halten. Seit letztem Jahr steht den Rebsteinerinnen und Rebsteinern lediglich noch eine Postagentur im Rebster Markt zur Verfügung. Die früheren Posträume neben dem Rathaus dienen seit letztem Sommer der Finker AG als Büro und Lager für ihre Lederwaren.In Balgach und in Rüthi wiederum hatte die Post Stockwerkeigentum im jeweiligen Rathaus – dass die Gemeinden die Räume übernahmen, lag nahe. Sowohl in Balgach als auch in Rüthi sind heute Dorfläden eingemietet, in Rüthi der Volg, in Balgach Go Poschta.Auch in Berneck hat die Gemeinde 2017 die Post gekauft und sie Volg vermietet.«Hoffentlich kein Detailhändler»Sowohl in Balgach als auch in Berneck und in Rüthi sind die Läden heute auch Postagentur. Und auch in Marbach gibt es nun statt der früheren Poststelle eine Agentur, nämlich im Dorfladen Dintheer. Die Eröffnung des Lidl in Lüchingen und die Schliessung der drei Marbacher Metzgereien hatten dem Lädeli Kundschaft gekostet, weil danach mehr Einwohner auswärts einkauften. Die Postagentur brachte etwas Frequenz zurück, sagt Nadja Dintheer. «Aber nicht jeder, der einen Brief aufgeben möchte, kauft auch etwas ein», relativiert sie.Für den Dorfladen Dintheer wäre es deshalb bitter, würde die Gemeinde die ehemaligen Posträume einem Detailhändler wie Volg oder Spar vermieten. Es wäre in schwierigen Zeiten zusätzliche Konkurrenz, keine hundert Meter vom eigenen Laden entfernt. Die Posträume selbst zu mieten und den Laden dorthin zu zügeln, habe man zwar ins Auge gefasst, aber wieder verworfen, sagt Nadja Dintheer. Die zur Verfügung stehende Fläche wäre zwar grösser. Der heutige Laden gehöre aber der Familie; und vis-à-vis müsste man Miete zahlen und in Kühlelemente und andere Ladeninfrastruktur investieren. Ein Treuhänder oder eine Rechtsanwältin wäre der Familie Dintheer deswegen wohl eine angenehmere Nachfolgelösung für die ehemalige Post.

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