22.04.2022

Ein silbriger Herr knüpft ein Netz

Mit dem Online-Netzwerk silberzeit-ah.ch bringt Alex Frei aus Au Menschen seiner Generation zusammen.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 02.11.2022
Monika von der LindenIn der Sonne schimmern die Haare silbrig auf dem Haupt von Alex Frei. Er trägt sie sehr kurz geschnitten. Mit seiner Frisur will er allerdings nicht von der Farbe ablenken. Es gefällt ihm, sein Erwerbsleben hinter sich gelassen zu haben. Im Sommer 2018 trat Kantonsschullehrer Alex Frei seine Pension an. Ende des Jahres gibt er nach zehn Jahren sein Amt als Auer Gemeinderat ab. Das Präsidium des Männerchors Au Berneck hat er bereits übergeben.Sich von all den Aufgaben zu verabschieden, brachte Alex Frei nicht dazu, sich zurückzuziehen. «Ich suchte nach einer sinngebenden Beschäftigung», sagt er. Eine solche lag quasi auf der Hand. Als Mitglied des Regionalkomitees der Pro Senectute kam ihm zu Beginn des Lockdowns vor zwei Jahren eine Idee, wie er ältere Menschen miteinander verbinden könnte. Und zwar über die Zeit der Pandemie hinaus. Er wollte ein digitales Netz knüpfen, eine Art Börse für Leistungen und Zeit. Sie sollte gratis nutzbar sein.Auf der Webseite bleiben Informationen zugänglichAlex Frei organisiert seit Jahren die monatlichen Touren der Seniorenwandergruppe Au-Heerbrugg. «Von den Teilnehmern haben praktisch alle einen Zugang zu einem Computer oder Handy», sagt er. «Den haben fast alle Leute, die heute in Pension gehen.» Oft verschwindet ein Flyer mit Informationen eines Vereins oder einer Organisation zu schnell im Papierkorb. Deshalb entschied sich der Pensionär, eine Online-Plattform für Seniorinnen und Senioren aufzubauen, vielerlei Hinweise dort zugänglich zu machen und laufend zu aktualisieren. «Ich nannte die Webseite Silberzeit. Wir haben silbrige Haare und Zeit.» Die Begriffe Senior, Pensionärin oder alt sollten im Namen nicht vorkommen. Das A in der Webadresse steht für Au, das H für Heerbrugg. «Ich war ein totaler Anfänger», sagt Alex Frei. Auf den nächsten Kurs hätte er drei Monate warten müssen. Also fing er allein an, lernte aus eigenen Fehlern – und nach etwa vier Monaten schaltete er die Plattform auf. Diese gliederte er in mehrere Seiten. Unter «Gute Geister» setzte Alex Frei Links zu Dienstleistungen und Organisationen. «Freizeit und Hobby» heisst die Sparte, in der ein Klick direkt zum Onlineauftritt des jeweiligen Vereins und der Gruppierung führt. Wann zum Beispiel die nächste Seniorenwanderung geplant ist, findet man unter «Nächste Anlässe». Auf dem «Marktplatz» kann man Inserate platzieren und zum Beispiel jemanden suchen, der eine Katze hütet oder dessen Hund man hüten kann. Auch bieten Jugendliche ihre Dienste an oder finden Anfragen. Denkbar sind Tätigkeiten, wie Einkaufen gehen oder Rasen mähen gegen ein Sackgeld. Fällt es jemandem schwer, ein Inserat selbst online zu stellen, übernimmt Alex Frei auch dies. Unter «Allerlei» findet man Denksportaufgaben und Daten, an denenen man zu einem runden Geburtstag gratulieren kann.Die Pensionärinnen oder Pensionäre aus Au und Heerbrugg nutzen die Plattform rege. In den ersten fünf Monaten erfuhr sie bereit 9500 Seitenaufrufe. «Immer wenn ein Mittagstisch bevorsteht, gibt es mehr Zugriffe», sagt Alex Frei. Man kann sich nämlich direkt online anmelden.Praxisbeispiel für andere GemeindenEin Lob sprach das Kantonale Amt für Soziales aus. «Sie nannten die Silberzeit ein gutes Praxisbeispiel», sagt Alex Frei. Andere Gemeinden dürften das Konzept gut und gern übernehmen. Es freue ihn sehr, dass die «Silberzeit» genutzt werde. «Mein Ziel habe ich erreicht.» Der ehemalige Kantilehrer vertritt die Meinung, dass sich die ältere Generation selbst helfen kann und soll. Alles, was die Gemeinde unternehme, verursache Kosten. Sie trägt die Gebühren für das Hosting, alles Übrige ist Freiwilligenarbeit. «Wir haben Lebens- und Berufserfahrung und eine Lobby.»Arbeit und Zeit wird Alex Frei weiter investieren, um den Inhalt zu aktualisieren. Er könne sich vorstellen, die «Silberzeit» bei Bedarf auszuweiten. Sie soll aber schlank bleiben, damit wesentliche Informationen nicht in den Hintergrund geraten. Auch hätte er gern einen Mitstreiter oder eine Mitstreiterin zur Seite, damit Ferien und Ausfälle ausgeglichen werden. Bald wird wohl eine neue Gruppe auf der «Silberzeit» erscheinen. «Eine Frau hat sich bei mir gemeldet, die eine Seniorinnenwandergruppe etablieren möchte.»Hinweissilberzeit-ah.ch

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