05.02.2021

Ein Palast, erbaut aus Grössenwahn

Immer wieder lässt der Palast Rheinburg neben der Kirche staunen. Zu verdanken ist er Pfarrer Johannes Kopp, der 1871 im Dorf zu wirken begann. Bald langweilte ihn der pfarramtliche Alltag. Er hatte mehr im Sinn und überzeugte den Gemeinderat von grössenwahnsinnigen Plänen.Der aus Romanshorn stammende Kopp realisierte auf dem Friedhof neben der Kirche, dass die Verstorbenen an Walzenhausens schönstem Ort ruhten. Dem Gemeinderat schlug Kopp die Verlegung des Friedhofs und den Bau eines Schul- und Kurpalastes auf seine Kosten vor. Die Behörde trat darauf ein. 1873 wurden die Verstorbenen auf dem heutigen Friedhof neu bestattet. Bald darauf entstand der Kopp’sche Palast.1874 wurde der Schul- und Internatsbetrieb aufgenommen. Als Belohnung erhielt die Walzenhauser Realschule ein Unterrichtszimmer. Kopp wirkte als Instituts- und Kurdirektor, was zu einer sträflichen Vernachlässigung des Pfarramtes führte.Bald zeichnete sich ein abruptes Ende von Kopps Höhenflug ab. Walter Züst in der Walzenhauser Chronik: «Störungen des Gottesdiensts durch den Rheinburg-Betrieb, im Winter frierende Schüler und von Bauarbeiten verursachte Schäden an der Kirche liessen Kopp in Ungnade fallen. Langwierige Streitigkeiten vor Gericht waren die Folge. 1875 gab Kopp das Pfarramt auf und konzentrierte sich voll auf die Leitung der Rheinburg. 1878 kam es zum Konkurs und zum Wegzug des in Ungnade gefallenen Geistlichen.»1878 wurde die Rheinburg zum Grandhotel, das zwei Generationen der Familie Stadler betrieben. Bis 1914 lief es sehr gut. Herrschaften aus dem Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen, Hoheiten aus Württemberg und der König Rumäniens gehörten zu den Rheinburg-Gästen. Dann folgten schwierige Kriegs- und Krisenjahre. 1965 erwarb der Verein für Familienherbergen den in die Jahre gekommenen Palast, um preisgünstige Ferien anzubieten.1985 kaufte die Ausserrhoder Kantonalbank die baufällige Rheinburg. Nach einer stilvollen Restaurierung und Erweiterung diente das Haus als Schmerzklinik, der der Erfolg versagt blieb. 1995 erfolgte eine Neuausrichtung. Seither steht die neurologische und muskuloskelettale Rehabilitation im Zentrum. Heute ist die zu den Kliniken Valens gehörende Burg fester Wert im Ostschweizer Gesundheitswesen. (egb)

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