Vier spanische Touristen sind am Mittwochabend in Vättis in der Parlitobelschlucht bei einem Canyoning-Unfall verunglückt. Drei der vier Männer kamen ums Leben, der vierte konnte noch nicht gefunden werden. Die Suchaktion musste wegen des Wetters abgebrochen werden.Am Freitag teilte die Kantonspolizei St. Gallen mit, dass sich Patrouillen der Polizei regelmässig an die Unfallstelle begeben, um die Situation vor Ort zu beurteilen. Sie schätzen ein, ob ein sicheres Begehen des Suchgebiets möglich ist. Entsprechend werden neue Sucheinsätze in die Wege geleitet. Die Kantonspolizei sagte: «Leider müssen wir von vier toten spanischen Freizeitsportlern ausgehen.»Risikosport mit Adrenalin und NaturerlebnisCanyoning heisst so viel wie Schluchtenwandern. Dabei besteigt man eine Schlucht von oben nach unten. Canyoning ist eine Mischung von Berg- und Wassersport: Man klettert, seilt sich ab, springt, rutscht, schwimmt und taucht.Nebst der sportlichen Aktivität ist das Schluchtenwandern auch ein Naturerlebnis. «Dieser Sport ist hochfaszinierend. Man findet letzte unentdeckte Orte», sagt Martin Maurer, Präsident der Canyoningkommission des Schweizer Bergführerverbands.Doch es gebe genug Beispiele, die zeigten, dass der Sport auch Gefahren habe. Steinschläge, ein reissender Bach, Gewitter, Schmelzwasser und andere Naturphänomene können den Sport zu einem gefährlichen Abenteuer machen, wie Maurer sagt. Umso wichtiger sei es, seine Canyoningtour sorgfältig zu planen. Dazu gehöre, dass man sich über die Schlucht und auch über den aktuellen Wasserstand informiere. Ebenso sei der Wetterbericht elementar. Auch vor Ort gelte es, erneut den Wasserstand und die Umgebung zu prüfen. Maurer sagt: «Man muss fit und gut ausgerüstet sein.»Dies bestätigt der Outdoor-Anbieter Stefan Fischer von Fischer Adventures in Eschenbach, der unter anderem Canyoningtouren anbietet. Jedoch sagt er: «Canyoning ist nicht gefährlich, wenn man sich an die Regeln hält.» Fischer bietet als zertifiziertes Unternehmen Canyoningtouren an. Er empfiehlt, nicht privat etwas zu unternehmen, wenn man sich nicht auskenne. Spektakuläre Schluchten scheinen Geheimtipps zu sein. So sagt Maurer, dass es viele versteckte Schluchten gebe, die von der Öffentlichkeit gar nicht wahrgenommen würden.Er präzisiert: «In der Ostschweiz gibt es locker zwan-zig interessante Schluchten.» In Bad Ragaz und Flims seien einige zu finden. Fischer Adventures bietet in der Ostschweiz Canyoning in Amden am Walensee an.Hotspots liegen ausserhalb der OstschweizDie wahren Hotspots der Schweiz befinden sich im Tessin und in Graubünden, wie die Boggera- und Viamala-Schluchten. Interlaken ist laut Maurer, dem Präsidenten der Canyoningkommission, ein Zentrum für den Abenteuertourismus. Der Trend ziehe wieder etwas an, sagt Maurer, nachdem die Nachfrage nach dem schweren Unfall vor 20 Jahren, als 21 Menschen bei einem Canyoning-Unfall ums Leben kamen, einbrach. Nun besuchen Leute aus Frankreich und Italien die Schweiz. «Die Gletscherschluchten in der Schweiz sind weltweit bekannt.»Auch Fischer macht die Beobachtung, dass Touristen aus Deutschland, Holland und England für das Canyoning in die Schweiz anreisen. Seit der Coronakrise beobachtet er eine steigende Nachfrage für Canyoning. Jedoch flaue der grosse Trend bereits wieder ab. Der Höhepunkt sei vor zehn Jahren gewesen, sagt Fischer.Sabrina Manser