16.01.2019

Ein Leuchtturm an der Peripherie

Zum 25. Mal findet am Freitag das Rheintaler Wirtschaftsforum statt. Dessen Vater Reinhard Frei hat es etabliert. Verbesserungen sind aber immer möglich, und neben einer Warteliste hat Frei auch einen Wunschzettel.

Von Thomas Griesser Kym
aktualisiert am 03.11.2022
«400 Teilnehmer à 300 Franken Teilnahmegebühr, das macht 120000 Franken Ertrag» – diese einfache Rechnung hat der vergangenes Jahr verstorbene Unternehmer Hans Huber vor einem Vierteljahrhundert aufgestellt. «Mit einem Augenzwinkern», wie Reinhard Frei sagt, der diese Anekdote erzählt. Denn auch SFS-Gründer Huber war in der Diskussion mit Frei klar, dass es nicht nur Einnahmen bringt, sondern auch Kosten verursacht, ein Wirtschaftsforum zu organisieren. Just die hohen Kosten hätten vor 25 Jahren die Verantwortlichen der Rheintalmesse Rhema, wo das Wirtschaftsforum 15 Jahre lang stattfand, abgeschreckt. «Der Verwaltungsrat wollte das Risiko einer solchen Grossveranstaltung nicht eingehen – da habe ich es halt auf eigene Faust ­gewagt», sagt Frei, Gründer und Inhaber der Kommunikationsagentur Freicom, im Rückblick.Kommenden Freitagnachmittag geht das Rheintaler Wirtschaftsforum in die 25. Runde. «Ausgebucht», kann Frei, tatkräftig unterstützt von seiner Tochter Alexandra und ihrem Team, einmal mehr verkünden. 800 Teilnehmende werden in der Sporthalle Aegeten in Widnau dabei sein. Frei führt eine Warteliste. Die Teilnahmegebühr beträgt 350 bis 390 Franken. «Eine riesige Geldmaschine ist das ­Forum aber nicht», wie Frei vorrechnet. Allein die Infrastruktur samt Technik und Verpflegung koste über 100000 Franken. Hinzu kommen Hallenmiete, Honorare für Referenten oder die Arbeitszeit für die ganze Organisation. Frei setzt in seiner Agentur 150 Stellenprozente ein, die praktisch ausschliesslich für das Rheintaler Wirtschaftsforum und dessen kleineres Thurgauer Pendant sowie den Personaltag im Einsatz sind. Damit die Rechnung aufgeht, hat das Wirtschaftsforum vier Haupt- und ­einige Co-Sponsoren, an die aber im Gegenzug etwa die Hälfte der Tickets abgegeben werden.Viel Lob, aber auch Kritik seitens des PublikumsInsgesamt hat das Budget des Forums ein Volumen von rund 350000 Franken. Den «nicht übermässigen Ertrag», den es abwirft, investiert Frei laut seinen Angaben regelmässig, um die Infrastruktur weiter zu verbessern. Zum Jubiläum ist zudem ein Kurzfilm gedreht worden. Nutzen zieht Frei weiter aus den Feedbacks, zu denen er die Teilnehmenden jeweils nach dem Forum einlädt. «Die Rückmeldungen zeigen, dass das Forum als sehr professionell organisiert eingeschätzt wird und als idealer ­Anlass zum Netzwerken gilt», sagt Frei, der seine Aufgabe als ­«extrem spannend» empfindet.Aber es wird auch Kritik geäussert: Zum Beispiel an einzelnen Referenten, am Überziehen des Programms oder an zu wenig Platz beim Essen. Frei nimmt diese Einwände ernst. Dass nicht jeder Referent allen Zuhörern passt, sei klar. Um die Geduld des Publikums nicht über Gebühr zu strapazieren und den Zeitplan einzuhalten, wurde dieses Jahr die Zahl der Hauptreferenten von vier auf drei reduziert. «Weniger ist manchmal mehr.» Das zeige sich auch am Thurgauer Wirtschaftsforum in Weinfelden, das von einem auf einen halben Tag reduziert worden ist. «Die Straffung hat sich sehr bewährt.»«Wie kommen wir aus dieser Ecke heraus?»Die Aegeten-Halle biete Platz für maximal 800 Teilnehmende – oft hätten aber schon mehr kommen wollen. Es wäre laut Frei «ideal, wenn das Mittelrheintal als wichtige Industrie- und Exportregion der Schweiz ein Tagungszentrum hätte», zumal mit den Generalversammlungen von Raiffeisen, der Alpha Rheintal Bank oder SFS jeweils noch drei weitere Grossanlässe über die Bühne gingen. Bei diesen Anlässen müsse wohl jeder Veranstalter in Technik und Infrastruktur auch eine sechs­stellige Summe investieren. Entsprechende Vorstösse sind aber bisher im Sand verlaufen. Frei war auch Mitinitiant des Schweizer KMU-Tags, der jedes Jahr in St.Gallen stattfindet. Was auffällt: Weder der KMU-Tag noch das Rheintaler Wirtschaftsforum finden in den Medien ­Resonanz über die Ostschweiz ­hinaus, trotz hochkarätiger Referenten. Frei erklärt dies mit der peripheren Lage der Ostschweiz, die anderswo zu wenig interessiere, und er wirft die Frage auf: «Wie kommen wir aus dieser Ecke heraus? Daran müssen wir arbeiten.» Frei macht hingegen geltend, auf das Publikum wirke das Wirtschaftsform durchaus wie ein Leuchtturm. Die Hälfte der Gäste komme aus dem Rheintal, die andere Hälfte dagegen aus der übrigen Deutschschweiz. Spärlich ist jedoch der Aufmarsch aus dem Vorarlberg. Gleiches gilt umgekehrt: Am Vorarlberger Wirtschaftsforum, das Frei als Vorbild für sein Forum diente, nehmen kaum Ostschweizer Unternehmer teil. «Es sind nach wie vor zwei Wirtschaftsräume», sagt Frei über die Gebiete dies- und jenseits des Rheins. Doch auch daran will er arbeiten – zum Beispiel mit dem Rheintaler Unternehmertreff FL.A.CH.Auch nach 25 Rheintaler Wirtschaftsforen sei er noch mit Elan und Herzblut dabei, sagt Frei. Für die Zukunft macht er sich Gedanken zur Weiterentwicklung, etwa wie man einen Dialog zwischen Publikum und Referenten herstellen könnte. Dann muss Frei weiter, zum nächsten Termin. Und: Die Planungen für das Wirtschaftsforum 2020 haben bereits begonnen.Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck als BürgerProgramm Referenten am diesjährigen 25. Rheintaler Wirtschaftsforum sind der frühere deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, Ems-Chemie-Chefin Magdalena Martullo und Lino Guzzella, der bis Ende 2018 Präsident der ETH Zürich war. Das Motto des Forums: «Pioniergeist – Mut – Risikobereitschaft: Mit guter Führung zu Innovationen und kreativen Veränderungen». Zudem wird der Preis der Rheintaler Wirtschaft verliehen, an die Säntis Packaging AG aus Rüthi.Was auffällt: Gaucks Referat wird im Programm angekündigt unter dem Titel «Nicht den Ängsten folgen, den Mut wählen: Denkstationen eines Bürgers». Das ist exakt der Titel eines Buchs mit Reden Gaucks, das dieser 2013 veröffentlicht hat. Reinhard Frei als Organisator des Wirtschaftsforums verspricht aber: Gauck werde keine Buchzusammenfassung präsentieren, sondern auch auf aktuelle Entwicklungen eingehen. Der Titel im Programm sei lediglich als Arbeitstitel zu verstehen.

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