11.03.2020

Ein Leben für sexuell missbrauchte Menschen

«Wenn du härter trainiert hättest, hättest du den Match gewonnen!» Mit der Aussage nach einem verlorenen Squash-Meisterschaftsspiel löste der Vater von Roy Gerber in ihm den Drang aus, das Leben anzupacken. Vor rund 130 Anwesenden erzählte Gerber am Freitag in der Freien Evangelischen Gemeinde Rheineck zunächst in kurzen Zügen seine Story: Ausgewandert in die USA, «um reich und berühmt zu werden», führte er ein Leben auf der Überholspur und wurde zum erfolgreichen Firmengründer. In Freiwilligeneinsätzen seiner Kirchgemeinde traf er auf Obdachlose, Missbrauchsopfer und Randständige. In einem Ferienlager für missbrauchte Kinder begegnete er und sein Therapiehund der kleinen Faith. Sie nahm Roy Gerber beim Abschied unter Tränen ein Versprechen ab, sein Leben künftig für missbrauchte Menschen einzusetzen. Nach der Begegnung verkaufte und verschenkte Gerber seine Firmen, studierte Theologie und arbeitete als Pfarrer. Dann kehrte er zurück in die Schweiz. Nach drei Jahren als Betriebsleiter und in der Geschäftsleitung der Sozialwerke Ernst Sieber gründete er 2011 den Verein Be Unlimited, der Einzelpersonen, Firmen und Athleten in schwierigen Situationen begleitet, ein Jahr später die «Kummernummer». Ihm öffneten sich Abgründe: Gemäss seinen Quellen macht jedes vierte Mädchen und jeder siebte Bub in der Schweiz mindestens einmal Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch. Bei drei von vier Opfern geschieht der Missbrauch im engen Umfeld. Die Kummernummer ist Anlaufstelle für Betroffene. Einige rufen nur einmal an, andere lassen sich über Jahre bei der Verarbeitung persönlich begleiten, neun Personen stehen für die Beantwortung der Anrufe immer zur Verfügung. «Allein heute Abend werden rund 45000 Kinder sexuell missbraucht», sagte Gerber am Ende seines Vortrags. «Ich bin überzeugt davon, dass es irgendwann keinen sexuellen Missbrauch mehr gibt.» Bis dahin will er weiterkämpfen. (pd)

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