30.11.2021

Ein kurzes chinesisches Abenteuer

Der Skicrosser Marc Bischofberger weilte an der Olympiahauptprobe: 70 Stunden Reise – 10 Sekunden Rennen.

Von Daniel Good
aktualisiert am 02.11.2022
Da stand er nun wieder. Am Bahnhof Altstätten gestern Morgen um 1 Uhr. Jetzt war Marc Bischofberger wieder fast daheim in Marbach nach dem neuntägigen Abstecher an die olympische Hauptprobe der Skicrosser. Er hat viel erlebt in China, aber wenig Rennerfahrung sammeln können. Nach einer guten Vorstellung in der Qualifikation stürzte der Olympiazweite von 2018 im ersten K. o.-Vergleich nach rund 100 Metern. «Ich wurde eingeklemmt und konnte nichts mehr machen», sagt Bischofberger. Da lag er im Schnee. Aus und vorbei nach etwa zehn Fahrsekunden.70 Stunden hin und zurück war die Schweizer Delegation unterwegs, um im Hinblick auf die Spiele im Februar 2022 olympische Erfahrungen zu sammeln. Das hatte auch mit dem restriktiven Coronaregime der Chinesen zu tun. «Am Flughafen in Peking mussten wir sechs Stunden warten. Dann eine weitere Stunde im Bus. Es war auf jeden Fall die speziellste Reise, die ich je gemacht habe. Überall standen Überwachungskameras», sagt Bischofberger.Auch im Schnee. «Sie setzten künstliche Bäume mit installierten Kameras. Und mindestens einmal pro Tag wurden wir auf Corona getestet.» Sand aus der mongolischen Wüste in der PisteVor das Hotel durfte niemand. Da wäre umgehend die Polizei eingeschritten. «Einige von uns wollten einmal zu Fuss vom Servicecontainer ins Hotel zurück. Aber sie kamen nicht weit. Sofort waren sie von Ordnungskräften umzingelt. Und wurden gefilmt und fotografiert.» Unternehmen konnten die Athletinnen und Athleten nichts im olympischen Land von 2022.Wie sonst war es eigentlich nur auf der Piste. Obwohl: «Der Schnee ist schon anders als bei uns. Irgendwie dreckig, partikelreich, mit viel Sand versetzt, der wohl von der mongolischen Wüste kommt.» Trotz des missglückten Weltcupeinsatzes auf der Olympiapiste hat der 30-jährige Bischofberger «ein gutes Gefühl für die olympischen Rennen». Die Trainingszeiten waren in Ordnung, Skitests lieferten weitere Erkenntnisse und «ich bin mir sicher, dass ich dabei bin. Ausscheiden kann man im Skicross immer.» In Südkorea wurde 2018 aus Pech SilberDie Schweizer dominierten zwar die Qualifikation mit den Rängen eins, zwei und fünf. Aber kein Rennfahrer von Swiss-Ski überstand die erste K. o.-Runde. «So schlecht waren wir wahrscheinlich noch nie. Aber schon die Hauptprobe in Südkorea fiel weit unter den Erwartungen aus. Und dann klappte es doch», sagt der aus Oberegg stammende Bischofberger. Wenigstens für ihn, der vor knapp vier Jahren die olympische Silbermedaille gewann.Für den Appenzeller geht es bis Mitte Januar um die Olympia-Qualifikation für 2022. Da hat er in China wenigstens kein Terrain auf die verbandsinterne Konkurrenz eingebüsst. Vier Schweizer dürfen im olympischen Skicross starten, mindestens sechs haben die olympische Reife. Die Piste, auf der Mitte Februar der Kampf um die Medaillen stattfindet, wird noch verändert. «Da muss schon noch mehr Spektakel geboten werden. Da bin ich mir ganz sicher», sagt Bischofberger.Wieder einmal so richtig essenEinstweilen ist er froh, wieder zu Hause zu sein. «Ich freue mich auch darauf, wieder einmal richtig zu essen. So kann ich die verlorenen Kilos wieder zu mir nehmen. Die Verpflegung in China war eigentlich gut, aber es gab immer sehr viel Reis.» Schon am Montag geht es weiter nach Val Thorens, wo zwei weitere Weltcuprennen stattfinden.Über den nächsten Abstecher nach China hat sich Bischofberger noch keine konkreten Gedanken gemacht. «Das bringt nicht viel und ist nicht meine Art. Zuerst muss ich mich ohnehin qualifizieren.»Der Lockruf des Reiches der Mitte ist unerbittlich. Mittlerweile reicht er bis zum Bahnhof in Altstätten.

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