Etwas verrückt, und damit ganz dem Motto entsprechend, mutete das Spektakel gestern Vormittag auf dem Pausenplatz an. Ein Radkran hob ein Klavier an gelben Bändern befestigt durch die Luft und setzte es auf dem Vordach des Schulhauseingangs ab. Die Kinder jubelten und sangen aus voller Kehle: «Wer spinnt, kommt auf Ideen. Wer spinnt, gewinnt.»Das Klavier bleibt bis im Sommer dort oben – Wind und Wetter ausgesetzt – und steht weiteren künstlerischen Aktionen zur Verfügung. Neu ist auch ein Container neben dem Eingang platziert, der im nächsten halben Jahr die Basisstation verschiedener kultureller Workshops sein wird.Eine Baustelle und das Virus als Thema«Kunst und Kultur haben Tradition in der Wiesenau», sagt Schulleiter Michel Bawidamann. Alle zwei Jahre findet ein grösseres Projekt statt. Inspiriert von der Baustelle, wo der Um- und Erweiterungsbau des Schulhauses Form annimmt, entschied sich das Wiesenau-Team, das Thema «Verwandlungen» als künstlerisches Jahresprojekt zu wählen. Es kam das Virus hinzu, das den Alltag und die Gesellschaft ebenfalls verwandelte. Die Schüler sollen sich nun mit Verwandlungen in vielerlei Hinsicht auseinandersetzen und erfahren, wie sie mit neuen Denkprozessen kreativ wirken können. Fünf Kunstschaffende aus der Region und verschiedenen Sparten sind an der Wiesen-au präsent und unterstützen sie dabei.Der St. Galler Künstler Roman Rutishauser hat die Gesamtleitung inne und skizzierte eine Fabrik, in der die Schüler künstlerische Techniken lernen und vertiefen können.Die Ideen kommen beim ExperimentierenIn der «Spinnerei zu St. Margrethen» gibt es ein Ohratorium, eine Augenwischerei oder auch das Fass für Unfassbares. «Am Morgen weiss noch niemand, was bis am Mittag entstehen wird», sagt die Kulturbeauftragte des Schulhauses, Jessica Büchler. «Wir möchten den Kindern beibringen, wie sie selber Kreativität entwickeln können.» Alle Lehrpersonen der zehn Klassen und der vier Kindergartengruppen melden sich mit ihren Schülern zu verschiedenen Workshops mit den Kunstschaffenden an und setzen im Laufe des nächsten halben Jahres Projekte um. Das können beispielsweise Installationen drinnen und draussen sein, Theaterszenen, Musikalisches, Filmisches oder Publikumsaktivitäten. Die Inhalte zeigen die Kinder anlässlich der Eröffnung des Erweiterungsbaus Wiesen-au im September.Der Kanton St. Gallen unterstützt das Projekt mit 12500 Franken, denselben Betrag steuert die Schule bei. Hinzu kommen Stiftungsgelder. Der Kulturfahrplan Wiesenau wird nicht etwa mit dem Schulhausfest enden, sondern erstreckt sich bis zum Schuljahr 2022/ 2023. Darin enthalten sind Schulanlässe wie Fasnacht und Weihnacht, die Schulhauszeitung oder ein Gartenprojekt. Neue Arbeitsformen sollen im Regelunterricht ausprobiert werden.Der Schulkreis Wiesenau ist zudem eine der drei Kulturschulen des Kantons St. Gallen, welche durch das Projekt «Kulturagent*innen für kreative Schulen» begleitet und unterstützt wird.