01.09.2021

Ein für Oberriet bedeutender Bau

Schon vor bald 60 Jahren gab es Bestrebungen, die «Burg» zu erhalten. Damals wurde von privater Seite die Initiative ergriffen. Das ist nach Ansicht des Gemeinderates heute aber keine Option mehr.

Von gk/red
aktualisiert am 03.11.2022
Vor gut fünfeinhalb Jahren hat die politische Gemeinde die Liegenschaft «zur Burg» an der Adlerstrasse gekauft. Am Freitag, 17. September, wird der Gemeinderat den Stimmbürge­rinnen und Stimmbürgern an einer ausserordentlichen Bürgerversammlung ein Projekt für eine Renovation und Aufwertung dieses Baudenkmals von kantonaler Bedeutung vorlegen, das nicht zuletzt zum Ziel hat, das altehrwürdige Gebäude der Nachwelt zu erhalten. Bereits vor bald 60 Jahren gab es Bemühungen dahingehend: Der Kunsthistoriker Dr. Leo Broder machte sich mit einem Aufruf im Jahrbuch  «Unser Rheintal» zum Jahr 1964 für den Erhalt der «Burg» stark. Allgemeinheit in der Pflicht, das Baudenkmal zu erhaltenDer in der Kunstgeschichte des Rheintals sehr bewanderte Wissenschaftler hält in seinem Beitrag fest: «Man sieht es dem Bau an, dass er etwas anderes ist als alle andern Häuser des Dorfes – er besitzt, wie man so sagt, ein ‹historisches Gesicht›. Es heisst in der Überlieferung, das Gebäude habe als äbtisches Zoll- und Amtshaus gedient. Auf jeden Fall gehört es zum ältesten Teil der Siedlung, die heute der weitausgedehnten politischen Gemeinde den Namen gab. Pfarrer A. Hürlimann aus Oberriet erwähnt in seiner Broschüre ‹Schulgeschichtliches aus Oberriet und aus dem ehemaligen Hof Kriessern› die Jahrzahl 1315, die er im 1. Stockwerk gefunden habe. Heute ist nur noch die zweite von ihm genannte Jahrzahl, 1539, in der Balkendecke der oberen Stube zu sehen.»Es folgt eine Aufzählung einer ganzen Reihe baulicher Besonderheiten. Abschliessend mahnt Broder: «Darum besteht die Pflicht für die Allgemeinheit, das Baudenkmal zu retten und in alter Schönheit wiederum erstehen zu lassen. … Oberriet und mit ihm die gesamte rheintalische Bevölkerung muss sich eine Ehre dreinsetzen, die ‹Burg› zu retten und zu bewahren. Die kommenden Generationen werden eine solche Tat dankbar anerkennen und die Weitsicht der Vorfahren loben.»Broders Aufruf fand Gehör: Gärtnermeister Linus Stieger erwarb die Liegenschaft und entschloss sich zur Restaurierung, unter Beizug des kantonalen Denkmalpflegers Walter Fierz. Die Mitfinanzierung erfolgte durch Bund und Kanton, die Politische und die Ortsgemeinde Oberriet und den Heimatschutz St. Gallen/Appenzell Innerrhoden.Rund 15 Jahre später fand die Burg die entsprechende Würdigung im Ortsbildinventar der Gemeinde Oberriet, verfasst von Markus Kaiser vom Staatsarchiv, eine hochinteressante Untersuchung, welche Zusammenhänge und Details über die Entwicklung der Siedlungsgeschichte enthält, wie sie bis zu diesem Zeitpunkt selbst unter Geschichtsfreunden kaum bekannt war und somit auch bei den Behörden keine grosse Beachtung fand.Viele wertvolle historische Gebäude gingen verlorenMittlerweile sind 35 Jahre vergangen und seit der Restaurierung der «Burg» hat die Gemeinde Oberriet rund zehn der markantesten historischen Gebäude verloren, meist durch Brandfälle. Umso mehr heisst es, zu den verbleibenden Objekten Sorge zu tragen.Das sieht der Oberrieter Gemeinderat genauso. Er  hat sich 2015 entschlossen, die Verantwortung zu übernehmen, wie das im Gutachten und Antrag für die ausserordentliche Bürgerversammlung vom 17. September zusammengestellt ist. Anders als 1964 könne ein solches Unterfangen heute nicht mehr von einem privaten Bauherrn gemeistert werden, findet der Gemeinderat. Folgendes spricht für ihn dagegen: Die «Burg» ist das älteste offizielle Amtsgebäude der Gemeinde.Sie ist, wie das im Ortsbildinventar deutlich festgehalten ist, von ausserordentlich grosser Qualität hinsichtlich Gesamterscheinung, architektonischer Qualität, künstlerischer Substanz, geschichtlicher Bedeutung, denkmalpflegerischem Zustand und Stellung im Ortsbild. Schade ist, dass die Einheit durch den Verlust der grossen Sust beim «Adler», den Brand des «Adlers» und der Hufschmiede beeinträchtigt ist.Die Weiterverwendung als privates Wohnhaus wäre problematisch, so in Bezug auf die Nutzung und heute besonders wegen der Wärmedämmung.Finanzierung von Restaurierung und Betrieb wären zu aufwendig.Deswegen ist der Gemeinderat der Ansicht, dass die Nutzung für kulturelle und verschiedene andere Zwecke die naheliegendste und überzeugendste Lösung ist. (gk/red)Hinweis: Vor der ausserordentlichen Bürgerversammlung führt der Gemeinderat kommende Woche zwei Informationsabende durch: am Montag, 6. September, in der Berglihalle in Montlingen und am Dienstag, 7. September, in der Mehrzweckhalle Burgwies in Oberriet. Beginn ist jeweils um 19 Uhr.

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