07.10.2020

Ein Fest mit 150'000 Besuchern

Die Rheintaler Blasmusikvereine möchten das Eidgenössische Musikfest 2031 hierher holen.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Dieses Jahr fand wegen der restriktiven Corona-Schutzmassnahmen kaum ein Anlass statt. Gerade in dieser Zeit wird nun ein Fest aufgegleist – so gross, wie es im Rheintal noch nie eines gegeben hat: Eine Projektgruppe um Rhema-Geschäftsführer Simon Büchel (der selbst Musikant ist und in der Musikgesellschaft Rüthi Waldhorn spielt) möchte das Eidgenössische Musikfest 2031 ins Rheintal holen.Eidgenössische Musikfeste gab es seit Gründung des Schweizer Blasmusikverbands im Jahr 1862 erst 34. In der Regel finden sie alle fünf Jahre statt, bislang fast nur in grossen Städten oder zumindest in Regionen mit ausgebauter touristischer Infrastruktur.Weshalb das so ist, zeigen die Zahlen des Eidgenössischen von 2011 in St. Gallen. Dort nahmen 522 Musikvereine mit 22'500 Musikantinnen und Musikanten teil. Aufgetreten sind sie in 13 Konzertlokalen. Zum Einspielen benötigten sie zudem 26 Probelokale. Die Organisatoren rechneten mit 200'000 Besuchern und benötigten 3000 Helfer. Solche Zahlen machen das Eidgenössische Musikfest, wie schon behauptet wurde, zum grössten Blasmusikfest der Welt. Was die Frage aufwirft: Ist so etwas im Rheintal überhaupt möglich?!«Ja», sind Simon Büchel und Verena Federli, die Obfrau der Rheintaler Musikvereine, überzeugt. Sie sagen das nicht einfach so daher, sondern stützen sich dabei auf ein fast finger­dickes Machbarkeitskonzept. Möglich werde es, wenn man das Fest nicht lokal, sondern regional aufziehe. Unsere Wer-, Wo- und Wie-Fragen beantworten sie wie folgt …Im St. Galler Rheintal gibt es keine Tonhalle, keine Olma-Hallen oder Ähnliches. Wo treten die Vereine also auf und wo nimmt man die gleichzeitig nötigen Probelokale her? Wir haben im Rheintal Mehrzweckhallen, die sich für ein Eidgenössisches genauso eignen wie zuvor schon für Kreismusiktage oder, im Fall von Diepoldsau, für ein Kantonalmusikfest. Auch genügend grosse für Auftritte von Höchstklassevereinen, zum Beispiel die Aegetenhalle in Widnau und die Kirchenfeldhalle in Diepoldsau. Für eine bessere Akustik kann man die Hallen temporär nachrüsten. Wir möchten mit dem Anlass aber auch etwas auslösen und hoffen, dass man sich in der einen oder anderen Gemeinde des musikalischen Schaffens des örtlichen Musikvereins bewusst wird und das Fest zum Anlass nimmt, dauerhaft in die Halleninfrastruktur zu investieren. Und die Probelokale? In jeder Gemeinde mit einer Halle für Wertungsspiele gibt es auch zwei zusätzliche genügend grosse Räume, in denen sich die Vereine einspielen können.Geht nicht das Gemeinschaftserlebnis verloren, wenn das Fest dezentral organisiert ist? Auch Eidgenössische in Städten weichen teils in die Region aus. Wie dort wollen wir aber auch im Rheintal ein Festzentrum, wo sich die Vereine treffen. Das wird voraussichtlich in Altstätten auf der Allmend sein. Wir möchten das Fest an Auffahrt und den darauf folgenden Tagen durchführen. So können wir die Infrastruktur der Rhema dafür nutzen, die dann einfach etwas länger stehen bleibt. In Altstätten sehen wir auch die Parademusikstrecken: auf der Oberrieterstrasse und auf der Bahnhofstrasse. Die müssten gesperrt und der Verkehr umgeleitet werden.Wo können über 22000 Musikanten und 200000 Besucher übernachten? Nur wenige werden vier Tage in der Region bleiben, auch wenn wir uns durchaus eine möglichst lange Aufenthaltsdauer erhoffen, was der Region Wertschöpfung bringt. Manche werden aber nur einen Tag hier sein und darum gar nicht übernachten. Die anderen werden sich auf die vier Tage verteilen, wobei viele Vereine in Zivilschutzanlagen und Turn­hallen übernachten. Es ist aber schon so: Im Rheintal allein hätten wir zu wenige Übernachtungsmöglichkeiten. Wir müssen auch auf Kapazität in umliegenden Regionen zurückgreifen, im Werdenberg, Appenzellerland, am See, bis hinauf nach St. Gallen. Zu sagen ist allerdings auch, dass uns die am Eidgenössischen 2011 in St. Gallen erwartete Besucherzahl etwas hoch gegrif­fen scheint. Wir rechnen mit 100'000 bis 150'000 Besuchern. Wo stellt man 500 Cars von Musikvereinen ab, wo Autos von so vielen Besuchern? Wir hoffen, dass viele Besucher mit dem öffentlichen Verkehr anreisen. 2031 sollte die Bahn auch im Rheintal im Halbstundentakt fahren. Für Cars und Autos möchten wir die Parkplätze der Industriebetriebe in der Region nutzen. Von den Bahnhöfen, Parkplätzen und Unterkünften aus möchten wir den Musikanten und Besuchern eine Hop-on-hop-off-Shuttlebusverbindung zum Festzentrum und zu allen Auftrittsorten anbieten, sodass man während des Aufenthalts im Rheintal auf kein eigenes Auto angewiesen ist.Wo holt man 3000 Helfer her? Der Blasmusikkreis Rheintal besteht aus 19 Vereinen von Rüthi bis Rorschacherberg mit 850 Musikantinnen und Musikanten. Bei der Durchführung eines solchen nationalen Fests darf man auch mit der Unterstützung von Armee und Zivilschutz rechnen. Wir zählen aber auch auf die Hilfe vieler weiterer Vereine. Das Rheintal hat sich bei vielen anderen Veranstaltungen immer wieder solidarisch gezeigt.Das Grobkonzept wurde im August den Präsidenten der Rheintaler Musikvereine vorgestellt. Nachdem sich die Delegiertenversammlung des Kreises Rheintal letzten Samstag einstimmig hinter das Vorhaben gestellt hat, wird eine Delegation der Projektgruppe nächstens nach Aarau fahren und bei der Geschäftsstelle des Schweizer Blasmusikverbands eine Absichtserklärung für die Durchführung des Eidgenössischen Musikfests 2031 hinterlegen. Danach wird die Machbarkeitsstudie zu einem detaillierten Dossier erweitert. Den Entscheid fürs Rheintal oder für eine allfällige Konkurrenzbewerbung fällt zu gegebener Zeit die Delegiertenversammlung des Schweizer Blasmusikverbands.

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